Bayreuth: Castorf soll Ring-Regisseur 2013 werden

Entspannte Atmosphäre auf der Pressekonferenz zur Eröffnung der 100. Bayreuther Festpiele mit „Tannhäuser“. Eine „experimentelle Erfahrung“ soll es laut Regisseur Sebastian Baumgarten werden. Aber dafür ist Bayreuth ja schon berühmt.
Titelbild
Die Wartburg. Szenenbild aus dem ersten Akt von Richard Wagners "Tannhäuser". Premiere heute in Bayreuth.Foto: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath
Von 25. Juli 2011

Auf durchsichtigen Stühlen prangt das elegant geschwungene Autogramm Richard Wagners, darunter in stylischem Magenta der Schriftzug „Bayreuther Festspiele“. Im dritten Jahr ihrer Festspielleitung und der Neuerfindung der „Marke Bayreuth“ beantworteten Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier die Fragen der Presse beim entspanntem Pressefrühstück und vor einer Tafel, auf der Sponsorennamen prangten.

Gleich zu Beginn griff Katharina Wagner der Frage nach dem Ring-Regisseur für 2013 auf. Man stehe mit Frank Castorf in Verhandlungen, sagte sie und betonte, dass es keine feste Zusage gebe und das Team noch nicht gefunden sei. Als Bühnenbildner soll der Serbe Aleksandar Denic verpflichtet werden.

Der deutsche Schauspielregisseur ist seit 1992 Intendant der Volksbühne Berlin, die unter ihm eine Art Kultstatus erlangte. Gegner seiner unkonventionellen Herangehensweise haben ihn immer wieder als „Stückezertrümmerer“ beschimpft. Die Frage nach dem Ring-Regisseur 2013 ist nach der Absage des Filmemachers Wim Wenders, die brennendste auf der Bayreuther Agenda, schließlich geht es um einen würdigen „Ring“ zu Richard Wagners 200. Geburtstag.

2011 – das doppelte Jubiläumsjahr

Doch auch das Jahr 2011 ist für Bayreuth in zweierlei Hinsicht ein Jubiläumsjahr. Die 100. Festspiele werden am 13. August als internes Fest gefeiert. Die 60. Festspiele nach dem Krieg (1951 begann mit Wieland und Wolfgang Wagner die Ära von Neu-Bayreuth) feiere man jedoch nicht gesondert. “Wir wissen das, wir werden immer gefragt warum wir da nichts machen, aber wir müssen uns auf das konzentrieren, was heute Abend passiert“, erklärte Eva Wagner-Pasquier. An mehreren Stellen wurden Bayreuths Probleme hinter den Kulissen erwähnt: Immer kürzer werdende Probezeiten, Auflagen von Gewerkschaften und der viel zu kühle Sommer – denn das Haus ist praktisch nicht heizbar.

Regisseur Sebastian Baumgarten sagte, dass das Team versucht habe, die Zeit möglichst intensiv zu nutzen. Seine Inszenierung hofft er im nächsten Jahr weiter auszuarbeiten und zu verfeinern. Baumgarten beschrieb sein Konzept, 50 Zuschauer erstmals auf der Bühne des Festspielhauses Platz nehmen zu lassen, als Bruch mit der Grundintention des Raumes, der als reines Illusionstheater gebaut wurde. Für die Zuschauer werde es eine „experimentelle Erfahrung“. Er selbst bewege sich in der Tradition des epischen Theaters von Bertolt Brecht. Es werde auch erstmals eine Bespielung in den Pausen geben.

Neuentdeckungen in der Partitur

Der „Tannhäuser“ der Festspieleröffnung wird in der Dresdner Fassung gespielt.

Dirigent Thomas Hengelbrock, seit den 90ern eine der führenden Persönlichkeiten der historisch-informierten Aufführungspraxis, wird laut Eva Wagner-Pasquier aus einem Faksimile der Partitur dirigieren mit eigens verbreitertem Dirigentenpult. „Die ganze Art der Probengestaltung von Herrn Hengelbrock war auch für unser Orchester etwas neu, aber wurde mit Begeisterung aufgenommen“, sagte Wagner-Pasquier und fügte hinzu, dass viele künstlerische Anweisungen, die Richard Wagner damals genau gemacht habe, von vielen Künstlern bis heute noch nicht gelesen werden.

Es werden jedoch keine alten Instrumente oder gar Holztrompeten und Naturhörner zu hören sein. Zwei Striche seien vorgenommen worden, doch an welchen Stellen, wollte Katharina Wagner der Spannung halber nicht verraten.

Die experimentelle Bühnenmaschinerie

Joep van Lieshout erklärte kurz die Intention hinter seinem Bühnenbild, das eine dominante Rolle in der Inszenierung spielen wird. Der Niederländer bewegt sich bewusst zwischen Kunst, Design und Architektur und wurde mit provokativen Plastikobjekten und dem politischen Kunstprojekt „AVL-Ville“ einer autarken Stadt berühmt.

Seine Bühne für Tannhäuser sei seiner Praxis als Bildender Künstler sehr nahe, sagte Lieshout. „Den Kontrast zwischen Gut und Böse, dem Rationalen und dem Irrationalen, das habe ich versucht in das Bühnenbild zu übersetzen. Das ganze Bühnenbild sei eine Maschine, die einen geschlossenen Kreislauf darstelle, sagte der Künstler. Es gehe darum, aus der Wiederaufbereitung von Exkrementen einen geschlossen Kreislauf von Essen und Trinken herzustellen.

Erschwerte Arbeitsbedingungen

Große Medienaufmerksamkeit bekam in letzter Zeit immer wieder die Frage, wie sich die neue Macht der Gewerkschaften auf die Arbeitsbedingungen in Bayreuth auswirken würde. Darauf angesprochen nannte Katharina Wagner die ganze Situation „sehr schwierig“: „Wir werden nächstes Jahr die eine oder andere Lösung finden müssen, um eine ordentliche Qualität halten zu können.“

Regisseur Sebastian Baumgarten fügte hinzu: „Es gibt immer einen Punkt von zuviel Ordnung und das hat dann irgendwann nichts mehr mit Kunst zu tun … Wir machen ja hier etwas extrem Tolles. Wir dürfen Theater machen und das ist keine Selbstverständlichkeit.”

Die Wartburg. Szenenbild aus dem ersten Akt von Richard Wagners "Tannhäuser". Premiere heute in Bayreuth.Die Wartburg. Szenenbild aus dem ersten Akt von Richard Wagners "Tannhäuser". Premiere heute in Bayreuth.Foto: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath


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