Das Stift, in dem alles Gold ist, was glänzt

Die österreichischen Mönche aus Heiligenkreuz bekamen für die CD „Chant“ Gold und Platin
Titelbild
(Florian Godovits/The Epoch Times)
Von 15. August 2008

„Pater Karl, hallo?“ – Der für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Pater Karl Wallner holt im Innenhof des Stifts Heiligenkreuz geflissentlich ein Handy unter der Kutte hervor. Nun, man passt sich nolens volens den Gegebenheiten der Zeit an, auch wenn zumindest der Klingelton standesgemäß ist: Direkt von der CD „Chant“, einer der auf den Tonträger gebannten „Songs“, die in Wahrheit Gebetsteile des Gregorianischen Chorals darstellen.

Dabei handelt es sich beim Gesang der Zisterziensermönche „nicht in erster Linie um Musik, sondern um unser Gebet“, wie Abt Gregor Henckel von Donnersmarck erklärte. Die Form im gregorianischen Choral stelle die älteste abendländische musikalische Bibelmeditation dar. „Es ist das Streben nach dem Paradies.“

Mit der Überreichung von Doppel-Platin für Österreich und Gold in England und Deutschland und Chart-Platzierungen unter den Top-10 von den USA bis Neuseeland haben die Mönche von Stift Heiligenkreuz das erreicht, was für viele Sänger der „Himmel auf Erden wäre“. Die Mönche sind, nicht ganz freiwillig, aber ein bisschen genießen sie´s schon, wie man den fröhlichen Gesichtern ansieht – zu Popstar-Status aufgestiegen. Sie haben mehr CDs bei Universal Music verkauft als Anna Netrebko, und das will in diesen Tagen der Omnipräsenz der schönen Anna etwas heißen. Doch auch sie hat offensichtlich keine Chance gegen die Omnipotenz des Herrn, die in den gesungenen Gebeten der Mönche ihren Ausdruck findet.

Doch das Streben nach dem Paradies bleibt. Zum einen traditions- und ritualbewusst, werden die Mönche trotz ihres Erfolges nicht zu traurigen Seelenverkäufern, die im Matsch der Beliebigkeit herumschippern und ihr gestrenges Klosterleben durcheinanderbringen lassen. Nein, sie gehen nicht auf Tour, und das mit den Groupies, naja, man nimmt´s so gelassen, wie es geht. Anständig gekleidet sind die jungen Damen bei der Übergabe von Doppel-Platin und Gold ja, bleiben dezent im Hintergrund, und das Gekreische verkneifen sie sich auch. Und wegen der Besucher und der Übernachtungsmöglichkeiten im Stift natürlich nicht im Koster) sind die Ordensbrüder den Anblick holder Weiblichkeit durchaus gewöhnt, also alles kein so großes Problem.

„Das ist eine ganz besondere Veranstaltung fürs uns. Eigentlich hatten wir zu Beginn gar keine besonderen Erwartungen“, überschlägt sich Universal England Classic&Jazz-Chef Dickon Stainer bei der Gold-Übergabe. Er bringt die wirtschaftlich harten Zeiten mit dem Wunsch der Menschen nach harmonisierender Musik in Verbindung. Das sei schon 1992 zu beobachten gewesen, als schon einmal ein Gregorianischer Choral in den Charts zu finden war.

Gottes Wort in unseren Gehörgängen

„Chant“: Von den USA bis Neuseeland in den Top-10. (Universal Music)„Chant“: Von den USA bis Neuseeland in den Top-10. (Universal Music)

Sein Wort in Gottes Gehörgang, ist man versucht zu sagen, doch in Wirklichkeit ist es Gottes Wort in unseren Gehörgängen, das hier so massenhaften Zuspruch findet. Die Lieder der Totenmesse, um genau zu sein, stellen zwei der vier Teile der CD dar. Darum auch der zweite Titel „Music for Paradise“. Die Hymnen sollen gestorbene Mitbrüder ins Paradies begleiten. Wieviele Seelen mag der an die tausend Jahre alte Choral schon ins Jenseits begleitet haben?

Doch der Erfolg von „Chant“ ist durchaus ein diesseitiger. 55 Cent gehen pro verkaufter CD an das Stift, was nach Adam Riese und summa summarum einen „kleinen Obulus“ (siehe Interview mit Abt Gregor Henckel von Donnersmarck https://www.epochtimes.de/feuilleton/meinungen/der-abt-mit-den-goldenen-haenden-a327078.html) ausmacht. Nun, im Vergleich zu den Instandhaltungskosten des Stifts und der Lebenshaltungskosten der knapp 80 Mönche, die derzeit im Kloster wohnen, wohl doch nur ein Tropfen. Doch der, wie man weiß, höhlt stet ja auch den Stein. Bei den zwei Meter dicken Klostermauern hat er da noch einiges zu tun.

Was den Erfolg von „Chant“ ausmacht? „Werden wir ,Nummer eins‘, werde ich einen Zusatz-Rosenkranz beten“, hatte Pater Karl noch Ende Mai 2008 gesagt. Da war die CD gerade veröffentlicht worden. Eigentlich – sagt er uns vor dem Interview ein halbes Jahr später, am Tag der Überreichung von Gold und Platein – eigentlich sei er ja schon müde. Weil er immer wieder das Gleiche erzähle, meint er.

Doch als er dann zum Interview kommt, ist er „wie neu“, spontan, geistreich, witzig – ein Pressemann, der jedem säkulären Musikunternehmen zur Ehre gereichen würde. „Die Lieder sind ein Anti-Aggresivum und ein Anti-Depressivum zugleich“, erklärt der Mönch den Erfolg. Und – spätestens jetzt ist kein Widerspruch mehr möglich – „das sind Töne des Himmels.“ Der Zahn der Zeit mag zwar an der katholischen Kirche nagen, doch in diesem Stift, so hat man das Gefühl, beißt er sich dabei die Zähne aus. Den Seinen gibt´s der Herr – im Singen, wie es scheint …

Text erschienen in Epoch Times Deutschland N.r. 33/08

(Florian Godovits/The Epoch Times)
(Florian Godovits/The Epoch Times)


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