Dirk von Lowtzow: Liebe geht nicht ohne Kollateralschaden

Berlin (dpa) - Ein Album über Liebe: Die neuen Songs von Tocotronic drehen sich um ein Gefühl, das wahrscheinlich jeder schon mal hatte - und jeder anders definieren würde. Sänger Dirk von Lowtzow (44) erklärt im Interview der Deutschen…
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Ein Album über die Liebe - da musste das Cover natürlich rot sein.Foto: Britta Pedersen/dpa
Epoch Times1. Mai 2015
Ein Album über Liebe: Die neuen Songs von Tocotronic drehen sich um ein Gefühl, das wahrscheinlich jeder schon mal hatte – und jeder anders definieren würde.

Sänger Dirk von Lowtzow (44) erklärt im Interview der Deutschen Presse-Agentur, warum es schwer war, „Das rote Album“ zu machen und was er interessant am Thema Liebe findet.

Frage: Eigentlich kann man gar nicht über Liebe singen ohne über sich selbst zu sprechen, oder? Antwort: Ganz genau. Beim Thema Liebe kommt man immer wieder bei sich selbst raus. Man kann da nicht so leicht um den heißen Brei herumreden, man kann auch nicht so leicht, collagenhaft, zitathaft oder referenziell arbeiten, wie wir das sonst bei Alben gerne getan haben. Insofern war das auch gar keine ganz leichte Sache, weil man ziemlich viel von sich preisgeben muss.

Frage: Was ihr eigentlich gar nicht so gern macht.

Antwort: Ja, was wir eigentlich nicht so machen. Man macht das nicht nicht, weil man ein Geheimnis aus sich machen will, sondern weil man die Leute auch oft nicht mit seinem persönlichen Kram belästigen will. Frage: In einem Song beschreibt ihr das Heilsversprechen, das eine neue Liebe auslöst – warum glauben wir, dass Liebe alles verändern kann? Antwort: Das ist ja das Interessante an dem Album, dass es uns auch untereinander zum Diskutieren gebracht hat. Woran liegt das eigentlich, woher kommt dieses Versprechen? Aber uns als Band widerstrebt es immer so ein bisschen, da eine Realdefinition zu geben. Wir können nur die Hörer an unseren Forschungen teilhaben lassen anstatt zu sagen ‚Liebe ist das oder das‘. Da wären wir auch wieder in dem Bereich Belästigung, das wäre mir zu autoritär. Man kann darüber auch nur Mutmaßungen anstellen oder verschiedene Aspekte beleuchten. Frage: So singt ihr zum Beispiel von „verwohnter Liebe“ oder Paaren in Haft. Antwort: Bei dem Song ‚Haft‘ war die Idee, ein Stück über Liebe und Zusammenhalt zu schreiben, ohne das Wort Liebe zu benutzen. Vielleicht kann man das Wort Liebe, was ja auch ein bisschen abgenudelt ist vor allem im Popbereich, ersetzen durch einen viel profaneren Begriff, der vielleicht auch ehrlicher ist. Frage: Und wen hattet ihr da im Sinn? Langzeitpaare, die sich nicht trennen können? Menschen, die nicht alleine sein wollen? Eure Eltern? Antwort: Eigentlich war das gar nicht in dem Sinn gemeint. Eher, dass man versucht, zu sagen, Liebe ist eben nicht das Heilige, sondern es ist vielleicht etwas ganz Profanes und das reicht vielleicht schon – dieses Gefühl, dass man sagt, ich kann jemanden nicht so einfach eintauschen. Vielleicht ist Haft nicht unbedingt Liebe, aber vielleicht reicht es schon. Natürlich hat Haft auch die Doppelbedeutung, aber ein Gefängnis kann auch schön sein. Frage: Gibt es überhaupt Liebe ohne Schmerz? Antwort: Das Interessante an Liebe ist ja, dass es nicht nur was Schönes ist, sondern was sehr Gefährliches an sich hat. Das ist ja vielleicht auch das Revolutionäre an Liebe. Hier gibt es auch die Verbindung zum roten Album und dem Erscheinungsdatum 1. Mai, dass man sagen kann, von der Liebe getroffen werden, das hat durchaus ein revolutionäres Moment – und es geht vielleicht auch nicht ohne Kollateralschaden.

ZUR PERSON: Dirk von Lowtzow stammt aus Offenburg und ist Sänger und Gitarrist bei der Band Tocotronic, die er Mitte der Neunziger Jahre mit Bassist Jan Müller und Schlagzeuger Arne Zank in Hamburg gründete. Der 44-Jährige schreibt außerdem Beiträge für das Magazin „Texte zur Kunst“ und hat musikalische Nebenprojekte wie Phantom/Ghost.

(dpa)


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