Goya-Ausstellung in Berlin für Nachtschwärmer: Modernität oder Zeitlosigkeit

Noch bis 3. Oktober GOYA in der Berliner Nationalgalerie
Von 14. September 2005

Auf vieles ist  man gefasst bei der Gemälde-Ausstellung des spanischen Künstlers Francisco de Goya in der Alten Nationalgalerie in Berlin, nur eher nicht auf Humor, wenn man nicht schon als profunder Goya-Kenner das Museum betritt. Zwar sucht man vergeblich die ‚Nackte Maya’ oder die ‚Bekleidete Maya’, jene Huldigung an die weibliche Schönheit aus einer Zeit, als Goya sich auf dem Höhepunkt seines Schaffens befand, aber was man stattdessen an Sichtweisen eines Malergenies und Menschenkenners entdecken kann, entlässt einen nach dem Rundgang reich beschenkt.

So findet man in einem kleinen Kabinett dieser großartigen Ausstellung eben jenen humorvollen Blick auf die Menschen, der ein Gegengewicht bildet zu den Bildern der Dämonie und des Irreseins, die zuvor zu besichtigen sind. Fein mit chinesischer Tusche, laviert, hat der Maler eine tanzende alte Frau skizzenhaft aufs Papier gebannt unter dem Titel: „Mit ihrem Los zufrieden“. Ihre sichtbare Selbstgenügsamkeit ebenso wie Altersgebrechlichkeit und der kleine Triumph, doch noch tanzen zu können, zaubern durch des Malers Hand hindurch Lebendigkeit auf ein Stück Papier von 24 x 17 cm. Eine ähnlich kleine Zeichnung zeigt den rückwärtigen Treppensturz einer Alten unter dem Titel: „Wagnisse? Denk an dein Alter.“ Weiteres zu diesem humorvollen Blick auf den Menschen kann man in der Ausstellung finden, aber nicht nur das.    

Bahnbrechende Vorreiterrolle Goyas

Ermöglicht wurde die Vielfalt der Ausstellung durch eine Kooperation des Museo Nacional del Prado mit der Nationalgalerie Staatliche Museen zu Berlin und dem Kunsthistorischen Museum Wien. Die erste umfassende Gemäldeausstellung des deutschsprachigen Raumes zum Werk des spanischen Künstlers Francisco de Goya wurde zusätzlich durch Leihgaben privater Sammler und auch des Kupferstichkabinetts Preußischer Kulturbesitz ergänzt. Der Maler, Zeichner, Radierer und Lithograph gilt als einer der größten Künstler Spaniens.

Vom Werk des schon früh Ruhm und offizielle Aufträgen erhaltenden Malers Francisco José de Goya y Lucientes (1746 – 1828), über den Höhepunkt seiner Laufbahn als erster Hofmaler bis hin zur Zeit, als der Künstler krank und taub zurückgezogen in der Quinta del Sordo lebte, über die Flucht ins französische Exil bis zu den letzten Jahren, sind alle Schaffensphasen des Meisters in der Ausstellung reich vertreten. Das weit gefasste Spektrum der ausgestellten Werke umfasst mit Historiengemälden, Genremalerei, Portraits und Stillleben nahezu alle Gattungen seines Schaffens.

Der Kontrast zwischen den offiziellen Auftragsarbeiten, die in der Frühphase seines Schaffens noch ganz der höfischen Tradition des Rokoko folgen, und den Kabinettbildern oder Werken auf Papier, in denen Goyas Modernität ins Auge sticht, steht im Vordergrund der Schau. Die Ausstellung setzt sich zum Ziel, die bahnbrechende Vorreiterrolle Goyas zu verdeutlichen. Das gelingt in einer Weise, die man eher nicht als modern, sondern als sehr menschlich bezeichnen möchte. Menschlich, weil das ganze Spektrum des Menschseins erfasst, betrachtet, in Bildern, Skizzen, Ölgemälden, ja sogar in Tapisserien festgehalten ist.

Die Wachheit und die Einsamkeit des Sehenden

Schon im ersten Raum des Rundgangs schaut man in einem Selbstporträt von 1815 dem Maler ins Auge, dessen Blick und Gesicht die Erkenntnisse eines gelebten Lebens spiegeln, die Wachheit, aber auch die Einsamkeit des Sehenden. Er malte ebenso die Schrecken der spanischen Inquisition wie die Granden des spanischen Adels im höfischen Gewand, er malte die Pesthäuser, die Irrenhäuser und die Würdenträger der Kirche im vollen Ornat. Er malte schöne Frauen und posierende Generäle, er malte Engel, Teufel und Ungeheuer einer Phantasie- und Traumwelt. Er ging mit dem Zeitalter der Aufklärung in die hoffnungsvollen Weiten der Vernunft, die doch auch das Drama des Menschseins bis heute nicht bändigen konnte. Der Reichtum der Ausstellung liegt gerade in dieser anregenden Vielfalt, nicht im Beweis einer Modernität, sondern im Beweis einer Zeitlosigkeit von Mensch und Kunst.   

Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Oktober 2005 in der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel in Berlin zu sehen; anschließend wird sie in Wien gezeigt.

http://www.goyainberlin.org

Alte Nationalgalerie

Museumsinsel Berlin

Eintrittspreise

10 Euro/5 Euro (ermäßigt)

Katalog: Alle ausgestellten Werke farbig abgebildet, 355 Seiten

20 Euro im Museum

Adresse

Alte Nationalgalerie
Museumsinsel
Bodestrasse 1 – 3
10178 Berlin

Öffnungszeiten

Empfohlene Besuchszeiten, um Wartezeiten zu vermeiden sind 8 – 10 Uhr und die späten Abendzeiten: Hotline Tel. 030 266 36 69

Die, Mi 8 – 18 Uhr; Do 8 – 22 Uhr ;Fr 8 – 3 Uhr; Sa 10 – 3 Uhr; So 10 – 20 Uhr



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