„Im Zeichen des Buchdrucks“

Titelbild
Foto: Veronika Müller
Von 22. Januar 2011

Im Zeichen Chinas stand die Ausstellung rund um das Thema Buchdruckkunst im Museum der Arbeit in Hamburg. Am 15. und 16. Januar konnte man von alt-chinesischer Kalligrafie über den „Chinesischen Zirkel“ bis zur Art der Papiergewinnung viel über Schwarzes auf weißem Untergrund erfahren. Einige Künstler der 7. Norddeutschen Handpressenmesse präsentierten ihre einzigartigen Werke, mit Vorführungen, von Siebdruck, Schriftguß, und dem Fräsen von Holzbuchstaben.

Man greift den Pinsel auf der Hälfte des Schaftes und setzt ihn auf die Schreibunterlage. „Aufsetzen ziehen, aufsetzen ziehen und zurück…“ und schon ist das Zeichen (mit drei Strichen) für „Erde“ fertig. Doch statt Tinte befindet sich Wasser an einem Schreibgerät, das etwas mit einem Besen zu tun haben könnte. Das Papier wird durch eine Unterlage aus Gummi, die an Bodenturnen erinnert, ersetzt. Einen Schreibtisch benötigt man nicht,  statt dessen steht man mit beiden Beinen auf dem Fußboden auf dem sich die Gummi-Unterlage befindet. Ein Bein wird leicht nach vorn gesetzt und etwas gebeugt, den Körper bewegt man mit einem Hauch von Taiji. Das ganze nennt man „Wasserkalligrafie“.

Diese individuelle Art des Schreibens, präsentiert uns Wang Ning aus Nanjing am 15. und 16. Januar im Eingangsbereich des „Museums der Arbeit“. Doch er ist auch der traditionellen Kalligrafie mächtig. Wenn die Präsentation der „Wasserkalligrafie“ beendet ist, findet man ihn vom Publikum umringt und kaum sichtbar an seinem Schreibtisch. Er schreibt die Namen, inklusive der Bedeutung im Chinesischen, auf einen Streifen von handgeschöpftem Papier. Dieses Mal ist Tinte am Pinsel und das Gezeichnete ist auch nach dem Trocknen noch sichtbar. Der Kalligraf und Sprachwissenschaftler lernte bereits in seiner frühen Kindheit die „Schönschreibkunst“, der eine Philosophie und die Lebensart des alten China zugrunde liegt. Bei einem unbekannten Meister erlernte er das chinesische „Schattenboxen“ (Taijiquan), das sein Interesse an der Kalligrafie wesentlich verstärken sollte. Er befasste sich mit den alten chinesischen Langzeichen und erlernte die Kunst des Siegelschnitzens. All dies begleitete ihn nach Frankfurt am Main, wo er sich seit Ende 1989 zu Hause fühlt. Auf die Frage, ob er sich eher als Chinese oder als Deutscher fühle, antwortet er, dass er sich in erster Linie als Mensch fühle. Ob als Chinese oder Deutscher, das sei nicht wichtig.

Warum sich der Setzer- Lehrling, Jimmy Ernst (Sohn von Max Ernst) im „Hiltlerdeutschland“nicht zu Hause fühlte und was er mit chinesischen „Zwiebelfischen“* gemeinsam hat, erfährt man im zweiten Stock des Museums. Bis zum 6. März ist die Ausstellung rund um die Druckerei J.J. Augustin aus Glückstadt dort noch zu erleben. Einer der fünf noch vorhandenen und in ihrer Art weltweit einzigartigen kreisförmigen Setzkästen für chinesische Lettern (aus Ton hergestellte Zeichen im Hochdruck) ist hier erstmalig ausgestellt. Unglaubliche 12.000 Schriftzeichen beinhaltet er und der Setzer befand sich in der Mitte. Interessant ist, dass die Setzer kein Wort Chinesisch sprachen, aber wussten, welche Zeichen sie wohin setzen mussten, um einen Sinn ergebenden Text zu erhalten. Das lag daran, dass Augustin ein komplexes und wohl durchdachtes System entwickelte, das die Schriftzeichen ihrer Gestalt nach in einer nummerierten Liste anordnete.

Sogar Aufträge aus Shanghai sollen in der kleinen Druckerei an der Elbe eingegangen sein. Diese Druckerei konnte aber noch viel mehr. Insgesamt wurde in ca. zwei- bis dreitausend Sprachen übersetzt und gesetzt. Darunter wurde auch in „Alt-Mongolisch“ (Uigurisch), Tibetisch, Äthiopisch, Koptisch, Tamilisch und in den sogenannten „toten Sprachen“, wie die alt ägyptische Hieroglyphen-Schrift, gesetzt und gedruckt. Zu dieser Zeit (Anfang des 20. Jahrhunderts) einzigartig in der Welt. Dies ist wohl ein Grund dafür, dass die Intellektuellen jener Tage aus allen Teilen der Welt dort ihre Bücher und Schriften drucken ließen. (* Zwiebelfische sind in der Druckersprache Bleilettern, die in ein falsches Fach des Setzkastens geraten sind.)

Gedruckt und gesetzt wie Johannes Gutenberg es tat, wird eine Etage tiefer in der Druckabteilung von Wolfgang Stenzel („82+“) erklärt. „Ich entwickelte eine Nachbildung einer originalen Buchdruck-Presse aus dem Jahr 1786, die ihnen hier gegenübersteht.“ Diese und einige andere Antiquitäten der früheren Zunft funktionieren auch heute noch. Die älteste heute noch vorhandene originale Buchdruckpresse von Gutenberg könne man heute nur noch in Brixen (Südtirol) bestaunen, so Stenzel. Doch das Gießen von Bleilettern und viele andere Handgriffe mehr, die man zur Fertigstellung eines Buches benötigt, werden hier jeden Montag in der „Offenen Werkstatt“ von 18:00 bis 21:00 angeboten.

Doch die Kunst der Papiergewinnung, die ist in Hamburg leider nicht mehr zu erlernen. Dieses Geheimnis nimmt Johannes Follmer (39) wieder mit in den kleinen Winzerort Homburg am Main. Doch bevor der Papiermacher ging, verriet er noch, dass das Papierschöpfen einen langen und beschwerlichen Weg aus China über die Seidenstraße und über das Mittelmeer bis nach Deutschland gegangen ist. Das Ganze soll von 105 nach Christus bis ins 14. Jahrhundert gedauert haben. Die Fachwelt rätselt noch, aber Fakt ist, die erste urkundlich erwähnte Papiermühle gibt es seit 1390 im fränkischen Raum.

In der 200 Jahre alten Papiermühle Homburg, die sich von 1853 bis 1975 im Familienbesitz der Follmers befand, kann man heute noch viele handwerkliche Kostbarkeiten betrachten und in das Geheimwissen um die Herstellung des Weißen Goldes der Buchmacher eingeweiht werden. Denn nach umfangreichen öffentlich geförderten Restaurierungsmaßnahmen wurde sie 1997 zum Museum.

 

„Zwiebelfische“, Jimmy Ernst x der chinesische Zirkel, Glückstadt – New York, vom 11.01.2011 bis 06.03.2011 im Museum der Arbeit, Hamburg

http://www.papiermuehle-homburg.de/sehen.html

http://www.museum-der-arbeit.de/home.php

Foto: Veronika Müller

 



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