In Verbundenheit mit allem Sein

Interview mit der Musikerin und Liedermacherin Gila Antara
Titelbild
(Gila Antara)
Epoch Times4. Juli 2008

Der Abend klingt leise aus. Nach dem gemeinsam Tönen und Singen herrscht Ruhe im Publikum. So verabschiedet sich Gila Antara auf ihre persönliche Weise von einem fröhlichen, aber auch nachdenklich stimmenden Musikabend und ihren Liedern.

Schon mit 17 Jahren ist Gila Antara in Folksclubs aufgetreten. Anfang der Neunziger Jahre spielte sie noch als ganz unbekannte Musikerin auf einem Sommercamp in Deutschland, wo sie große Resonanz auf ihre indianischen Lieder bekam. In Deutschland geboren und aufgewachsen, lebt sie heute in Südengland auf der Isle of Wight. Mit Epoch Times sprach sie über ihre Musik, die Seele und das Leben.

ETD: Ich habe Sie beim Offenen Abend in Heidelberg erlebt. Es ist schon zu spüren, dass die Verbindung zwischen Ihnen und dem Publikum sehr stark ist. Was denken Sie, woran liegt das?

Gila Antara: Ich denke, die Menschen fühlen sich von den Themen der Lieder angesprochen.

ETD: Ihre neue CD heißt Ruf meiner Seele. Was ist für Sie der Ruf der Seele?

Gila Antara: Ich denke, auf der Ebene der Seele gibt es so etwas wie ein kollektives Wissen. Und die Erde mit ihren Tieren und Pflanzen, die Sonne, das Meer, die Steine, sie alle sind beseelt. Wenn wir Menschen uns auf die Ebene unserer Seele einstimmen, dann können wir diese Beseeltheit wahrnehmen und unsere Verbundenheit mit allem Sein spüren. Diese Wahrnehmung geht uns in unserem „normalen“ Alltag meist verloren. Wir sind dann so beschäftigt mit unserem Tun, dass wir unser Da-Sein in einem immensen Universum fast gar nicht bemerken.

ETD: Sie versuchen also mit Hilfe der Musik Ihre Lebenseinstellung zum Ausdruck zu bringen?

Gila Antara: Ich erzähle in meinen Liedern vom Weg meiner Seele und von der Verbundenheit mit allem Sein, mit der Erde. Ich bringe das, was mir auf diesem Weg begegnet, auf eine ganz persönliche Art in meinen Liedern zum Ausdruck. Das findet glaube ich deshalb so eine starke Resonanz, weil es immer mehr Menschen gibt, die diese Seelenebene in ihrem Leben vermissen und sich danach sehnen, diesen Ort des „Seins“ in sich und in ihrer Umwelt spüren und leben zu können. Die Stimme, die Musik, das sind Medien, die auf so einfache Weise in die Räume der feineren Schwingungen der Seele hineintragen können.

ETD: Sie machen nicht nur offene Abende sondern geben auch Kurse, worum geht es da?

Gila Antara: Ich gebe Seminare, in denen ich eigentlich immer etwas davon vermittle, von diesem anwesend werden mit der Seele, mit dem Fühlen, mit dem Verbundensein. Über die Musik und über das Tönen – ich arbeite auch mit Tönen – ist einfach das Thema Schwingung angesprochen. Mit dem Singen kommt man an seine Seele ganz anders ran. Das kennen Sie bestimmt auch, wenn man manchmal eine bestimmte Art Musik hört, wie das einen erreichen kann, ohne dass man manchmal weiß, wieso eigentlich. Und auf der Ebene der Schwingung, da können wir ganz anders kommunizieren, als wenn wir nur mit Worten und mit dem rationalem Verstand gehen. Und viele Menschen suchen nach Wegen, wie sie das, was sie Innen fühlen, Außen zeigen, teilen, kommunizieren können.

ETD: Was suchen die Menschen?

„All mein Tun wirkt auf das große Ganze.“ (Gila Antara)
„All mein Tun wirkt auf das große Ganze.“ (Gila Antara)

Gila Antara: Ich meine, dass wir mit dem rationalen, gewinnorientierten und zielgerichteten Streben an einem Punkt angelangt sind, wo es so nicht weiter geht. Viel haben wollen, viel verdienen wollen – mit dieser Einseitigkeit haben wir diese Erde ziemlich zu Grunde gerichtet. Und die eher fühlende und sich verbindende Seite in uns sucht ihren Platz, um die Balance wieder herzustellen, die wir verloren haben.

Wenn ich mit der Wahrnehmung der Verbundenheit aller Seelen gehe, dann geht es nicht allein mehr darum, ob ich viel Geld verdiene in dem, was ich tue, oder ob ich mein Ego befriedige, wenn ich tolle Leistungen bringe, sondern dann geht es vor allem darum, dass ich mir bewusst werde, dass all mein Tun immer auf das große Ganze wirkt, und dass ich mich mehr für den Nutzen und Gewinn für alle Wesen interessiere als nur für mein eigenes Fortkommen. Die Frage des Gebens rückt in den Vordergrund, ebenso wie die Frage nach dem „wie“ ich das tue. Mit welcher Haltung gebe ich mich in dieses große Beziehungsgeflecht Leben?

Die Natur zeigt uns, wie unser Nehmen ohne Achtsamkeit und ohne beseeltes Hinspüren, was sie braucht, uns zunehmend verarmen lässt. Auch wenn wir uns im ersten Moment reich fühlen, so sind wir langfristig doch bedroht von der Auswirkung unseres ausbeuterischen Seins mit Mutter Erde.Ich denke, dass diese Art nicht verbundenen Lebens zu einem Ende kommt: So wie wir bisher gegangen sind, so geht es nicht mehr weiter. Da muss eine andere Qualität her. Ich glaube, dass es diese Qualität der Seele ist, die uns fehlt und die wir entwickeln müssen.

ETD: War diese Erkenntnis ein Grund, dass Sie vor 20 Jahren auf die Insel Wight ausgewandert sind?

Gila Antara: Ich war in Deutschland Lehrerin, habe Sport und Englisch unterrichtet. War aber immer schon mit Musik unterwegs als Hobby. Ich habe gerne mit Menschen zu tun gehabt, aber ich habe eigentlich gemerkt, dass es nicht meine Berufung ist, in so einem System zu arbeiten wie dem Gymnasium, das darauf abzielt, viel Wissen von Außen in die jungen Menschen reinzustopfen, das man dann hinterher wieder abfragt und bewertet. Für mich war es viel spannender, danach zu suchen, wie ich das Potenzial, das in uns Menschen steckt, das wir mitgebracht haben, erreichen und hervorlocken kann. Ich habe damals nach Wegen gesucht, wie ich so eine Arbeit tun kann, die eher den Weg von Innen nach Außen sucht. Also wieder eben dieser Weg der Seele, dieser Ruf, der von Innen kommt. Wie ihn hören, wie ihm folgen? Ich habe mich damals führen lassen zu der Arbeit hin, die ich heute tue, zu den Liedern hin, die ich singe. Sie waren wie Antworten, die aus meinem tiefen Inneren kamen und zugleich wie Antworten, die aus einem größeren Wissen kamen als meinem kleinen Denken und Planen.

Die Insel kannte ich aus meinen Studienzeiten. Als ich Studentin war, habe ich hier ein Austauschjahr gemacht, und meine Seele hat sich gleich Zuhause gefühlt auf diesem sehr weiblich geformten und vom weiten Meer umgebenen wunderschönen Stück Land. Und es ist ja auch ein Stück weit symbolisch für meine Arbeit, dass ich Menschen, die den Weg zu sich selbst, zu ihrer Seele suchen, auf eine Insel einlade, das, um zu ihr zu gelangen, einiges an Reisen und Hintersichlassen der Äußeren Welt erfordert.

Gila Antara zieht ihr Publikum mit in die Welt der Klänge und Töne. (Gila Antara)
Gila Antara zieht ihr Publikum mit in die Welt der Klänge und Töne. (Gila Antara)

ETD: Was waren Ihre ersten Lieder?

Gila Antara: Es waren hauptsächlich indianische Lieder, die von der Natur erzählen, von der Seele, von der Sehnsucht nach Verbundenheit. Das hat die Menschen in Deutschland vielleicht auch deshalb erreicht, weil da so eine große Sehnsucht ist und war, das eigene Land wieder lieben und besingen zu dürfen mit Liedern, die nicht so politisch missbraucht wurden wie so viele der deutschen Heimatlieder.

EDT: In dem Lied „Ich will Leben“ singen Sie vom Loslassen der Wolken, die dann vorbei ziehen. Ist das Leben für Sie ein Loslassen oder ein Festhalten?

Gila Antara: Wenn man diesen Seelenweg geht, dann geht es natürlich darum, dass man einiges loslassen muss, das kleine, haben-wollende Ich zum Beispiel oder die Angst vor dem Unbekannten oder die finanzielle und emotionale Sicherheit. Wenn ich daran denke, wie ich gelebt habe, dann war das ohne Netz und doppelten Boden. Ein Loslassen von der Sicherheit, von meinem gewohnten Rahmen der mich hält und trägt. Wenn ich in den weiten Raum meiner Seele gehen will, dann muss ich einiges loslassen, mich von mancher lieb gewordenen Gewohnheit verabschieden und das Wagnis der Unsicherheit riskieren. Dies ist nicht so einfach. vertrauen, sich einlassen, wirklich glauben, dass es da einen Weg gibt, das muss erst wachsen und wächst nur Schritt für Schritt.

ETD: Ist es so, dass Sie mit Ihrer Musik vermitteln möchten, ein Stück weit mehr an den Anderen zu denken?

Gila Antara: An das Ganze würde ich sagen. Ich denke schon, dass dies meine Arbeit ist: Bewusstseinsarbeit. Wie wir gehen, was wir hier machen und auch lernen, dass wir auch was anders machen können. Ich empfinde die Erde als ein lebendes und fühlendes und wissendes Wesen. Im Moment bin ich sehr daran interessiert, eine Musik für die Erde zu schreiben, die der Erde gewidmet ist und die viele Menschen singen. Dieser Gedanke inspiriert mich sehr, nachdem bisher meine Lieder eher mit den Menschen und der Bestärkung ihrer Seelen zu tun hatten, finde ich die Idee spannend, für die Seele der Erde zu singen.

Ich denke, dass unser Singen nicht nur ein Selbstzweck ist, sondern wir damit eine Schwingung erzeugen, mit den Worten, den Klängen und mit unserem Sein. Die Töne tun etwas, bewirken etwas und geben mehr, als dass sie uns eben mal nur ein gutes Gefühl bringen.

ETD: Ihre Musik erinnert etwas an Joan Baez. Wie würden Sie selbst Ihre Musik beschreiben?

Gila Antara: Ich empfinde Musik als eine Botschaft und einen Träger der Seele. John Baez, Joni Mitchell, die Beatles sind für mich alles Menschen, die das auch spüren und vertreten. Im Grunde genommen fühle ich mich denen sehr verwandt. In der ersten Zeit, in der ich Musik gemacht habe, habe ich auch ganz viele Lieder von ihnen gesungen. Ich bin also im Ursprung schon so eine Folk-Sängerin. Die Musik von damals stand ja völlig unter diesem Thema, aus der ganzen Enge unseres kleinen bürgerlichen Daseins raus zu kommen und etwas Größeres wahrzunehmen. Also all diese Musiker aus der Zeit der 60er, 70er Jahre, die haben diese Bewegung des Aufbruchs ganz stark getragen.

ETD: Vielen Dank für das Gespräch!

Gila Antara: Ich danke auch!

Das Interview führte Caroline Chen

(Gila Antara)
(Gila Antara)


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