Musik bringt Hoffnung nach Mittelamerika

Titelbild
(Mit freundlischer Genehmigung von Eric Shumsky)
Von 10. März 2009

Nicaragua – Die Kinder in einem nicaraguanischen Waisenhaus haben wenig zu essen und wenn es regnet, sind sie froh, dass sie ein Dach über dem Kopf haben.  Dennoch bin ich hierher gekommen, um für sie die Viola zu spielen – ich spielte Bach für sie.

Dieser Tage bin ich zu einer Art Vorarbeiter für den musikalischen Frieden geworden, ob beim Managua-Konservatorium als ehrenamtlicher Professor oder privat bei interessierten Musikern. Es ist eine andere Bedeutung, die ich für die klassische Musik in diesen Ländern gefunden habe, in denen die westliche Musik keine tieferen Wurzeln hat.

Durch großzügige amerikanische Unterstützer ist das Leben im Waisenhaus besser geworden. Und an diesem Abend gab es für die Kinder eine wunderbare Party, insgesamt waren es etwa 40 Kinder. Sie alle reagierten begeistert auf die Geschenke, die ihnen gegeben wurden – das Essen und die Getränke. Ihr Lächeln strahlte heller als die Realität ihrer armseligen Leben es zu erwarten hatte.

Doch nun sollten sie sich setzen für ein besonderes Konzert. Eine Viola! Was ist eine Viola? Viele haben noch nie eine Geige gesehen, daher konnte ich keine Vergleiche mit anderen Saiteninstrumenten hervorbringen; noch konnte ich die typischen Scherze machen, die sich auf die Saiteninstrumentenspieler im Westen beziehen.

Mit meinem gebrochenen Spanisch wandte ich mich an sie – so wie sie alle gesessen sind, einige auf dem Fußboden und andere auf der Fensterbank – und erzählte ihnen, dass sie nun ein Stück von Johann Sebastian Bach hören würden – vermutlich dem großartigsten Komponisten, der je gelebt hatte!

Doch ich konnte mich kaum selbst reden hören. Es war schrecklich laut – sie waren immer noch am Feiern. Ich wollte nicht wie ein Angeber wirken und ihren Spaß verderben, doch wenn jemand Aufmerksamkeit verdiente, so ist es der alte Herr Bach. So gab ich der jungen Gruppe eine kleine Geschichtsstunde über Bach, und mein Übersetzer half mir, ihnen zu sagen, dass Bach 13 Kinder gehabt hat. Sie haben sich darüber sehr amüsiert! Ich hatte nie gedacht, wie verrückt sich das anhören könnte.

Schließlich beruhigten sie sich etwas, und ich stimmte mit meinem Instrument endlich das Prelude der Suite in G-Dur an. Dieses Stück wurde ursprünglich für das Cello komponiert, es ist jedoch viel besser auf der Viola zu spielen, das wissen alle Bratschisten. Als ich den ersten Satz gespielt hatte, war das Gerede und das Geschrei kaum leiser geworden. Ich machte weiter mit dem zweiten Satz und fragte mich, ob ich überhaupt weiterspielen sollte. Vielleicht mochten sie es ja nicht.

Ein weiteres Mal bat ich sie, sich zu beruhigen, trotz der Versuchung, zu denken: „Sie haben so wenig. Warum sollte ich ihre Freude nun stoppen – lass sie einfach ausgelassen sein!“ Stattdessen sagte ich ihnen aber, wirklich ruhig zu sein und zumindest 20 Minuten lang zuzuhören. Eine nach der anderen Stimme verstummte schließlich. Aus meinem Augenwinkel bemerkte ich, wie die Kinder sich auf die Musik einstimmten und Spaß daran fanden.

Als ich beim sechsten Satz angekommen war, dem letzten der Suite – ein lebhafter Tanz aus dem Barock, wie das nur Bach zu spielen vermochte – waren die Kinder ganz ruhig, und ich konnte mich bis zum Schluss richtig konzentrieren. Als ich den Bogen von den Saiten nach dem letzten Ton hob, hörte ich eine jubelnde Menge – ein Publikum, das vor 15 Minuten nicht einmal zugehört hatte. Sie waren so begeistert und sprangen rundherum.

Da sie diesen großen Kerl den Bogen auf recht schöne Weise auf- und abziehen gesehen hatten, dachte ich, dass einige interessiert sein könnten, zu fühlen, wie dieses Streichinstrument gespielt wird. Ich fragte ins Publikum, ob jemand eine oder zwei Leersaiten spielen wolle. Sofort wurde ich fast überwältigt vom Enthusiasmus von mehr als Dreiviertel der Kinder. Sie waren begeistert und jubelten ihren Freunden zu, als jeder von ihnen auftrat, um das viersaitige Ungetüm des großen Kerls mit einem Grinsen auf dem Gesicht zu bezwingen.

Ich ließ jedes einzelne Kind, sie waren zwischen sieben und 20 Jahre alt, die Viola in die Hand nehmen. Wenn sie das Instrument nicht halten konnten, half ich ihnen und spielte die Viola mit ihren Händen auf meinen, sodass sie das Gefühlt hatten, selbst den Ton zu spielen. Sie wollten wirklich lernen und sich an diesem Instrument ausprobieren.

Was für eine bewegende Erfahrung! Was für eine wundervolle Art, der Musik, die in ihrem Blut steckt, ihren Ausdruck zu verleihen. Ich habe ihnen versprochen, zurückzukehren mit Geigen, Saiten und Bögen. Trotz der Schwierigkeiten, die durch die Politik auferlegt werden und trotz des Fehlens an Schulbildung, trotz Mangelernährung und Krankheiten hat vielleicht jeder eine natürliche Fähigkeit, Kunst zu erschaffen. Diese Gabe ist bereits klar zu sehen in ihrer Folklore, Bildhauerei und Poesie, die in erster Linie von Ergriffenheit geprägt sind. Vielleicht kann die klassische Musik auch eine weitere Brücke öffnen, um auszudrücken, was man selten mit Worten sagen kann.

Ich denke, dass ich mehr von dem Bachkonzert auf der Viola gelernt habe als das Publikum. Ich spielte nicht in der Carnegie Hall vor sachkundigem Publikum, für Kritiker mit bis zum Grillen aufgeheizten Kugelschreibern. Doch vielleicht war dieses Konzert wichtiger, vielleicht wird eines der Kinder mir in zehn Jahren vorspielen und mich zu Tränen rühren.

 

Hilfe für die Waisenkinder

Wenn Sie als Leser gerne einen Beitrag zum Kauf der Instrumente, Noten, Bögen und Saiten leisten wollen, um weitere Reisen zum Waisenhaus zu unterstützen, treten Sie bitte mit Eric Shumsky in Kontakt: www. Shumskymusic.com


Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 10/09

(Mit freundlischer Genehmigung von Eric Shumsky)
(Mit freundlischer Genehmigung von Eric Shumsky)


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