Richtig aus der Reihe tanzen

Wie aus Enrico Adler „Rick Eagle“ wurde
Titelbild
Enrico Adler, vierfacher Linedance Weltmeister in Berlin.Foto: Rosemarie Frühauf/The Epoch Times
Von 14. Dezember 2009

Ein flotter Typ, dieser „Rick Eagle“ – und man könnte fast meinen, er wäre bereits in diesem Western-Outfit geboren. Dabei hätte es sich Enrico Adler, vierfacher Linedance-Weltmeister, noch vor 10 Jahren nicht träumen lassen, dass er mal „so rumlaufen“ würde wie letzten Freitag, wo er für einige dutzend  Linedance-Fans Workshops in den Berliner Messehallen am Funkturm gab.

Zusammen mit der Reitsport-Messe Hippologica fand vom 10. bis 13. Dezember das Berliner Linedance Festival statt, bei dem sich Tanzgruppen aus ganz Deutschland präsentierten.

Erklärtes Ziel der Veranstaltung: Linedance noch populärer machen!

Zwischen zwei Workshops erzählte uns Enrico Adler etwas verschwitzt aber gut gelaunt über Linedance, und wie er, als ganz normaler Berliner Familienvater, ungeplant zu einer Institution der Szene wurde.

„Linedance ist für alle da“

Die Wurzeln des Linedance liegen bei den irischen Einwanderern und in der Westernkultur.

Er entwickelte sich aus der Countryszene und ist eine Tanzart, die alleine oder auch mit Partner getanzt werden kann. Der Name Linedance erklärt bereits, dass die Tänzer auf einer Linie aufgereiht als Formation tanzen und nicht als Paare. „Das ist der große Vorteil beim Linedance, und das macht ihn eben auch so erfoglreich“, meint Enrico Adler. „Das heißt, dass 80-jährige genauso mitmachen können wie 5-jährige, weil es  unterschiedlichste Schwierigkeitsgrade gibt und man beim Erlernen sein eigenes Tempo bestimmen kann. Die Oma mit dem Enkel, der Mann ohne Frau, die Frau meistens ohne Mann. Es gibt bei den Workshops meistens einen Frauenüberschuss.“

„Der größte Vorteil liegt darin, dass man innerhalb kürzester Zeit eine Choreographie lernt und sie sofort anwenden kann. Man muss nicht tänzerisch vorgebildet sein und auch nicht wochenlang Kurse in der Tanzschule besuchen.“ – Einer der Gründe, warum viele Leute das Tanzen schnell wieder aufgeben, meint Adler. „Oder Frauen gehen ungern alleine zum Tanzkurs, weil sie sich sagen, wer weiß was ich da für einen Partner bekomme…“ All diese Probleme gibt’s beim Linedance nicht.

Nicht nur für den Countryfreund…

Durch die Jugendlichen, die dazukommen, hat sich der Linedance auch moderneren Musikstilen geöffnet. „Die Grundidee, eine Choreographie, die auf 24, 32 oder 48 Schritten basiert zu einem Lied zu tanzen, funktioniert natürlich zu jeder anderen Musik, auch wenn es mit der Taktzahl manchmal holpert“, erklärt Adler, der eigentlich selbst kein Country-Fan war und sein Talent zufällig entdeckte:

„Verwandtschaft aus den USA war zu Besuch und wir sind zum deutsch-amerikanischen Volksfest gegangen. Als ein Countrylied gespielt wurde, stand meine Cousine auf und tanzte mit. Exakt dieselben Schritte wie die anderen. Sie war zum allerersten Mal in Deutschland, sie hat die Leute noch nie gesehen – ich dachte, was macht die denn da?“ fasst Adler seine anfängliche Verblüffung zusammen. Danach hat sie ihm dann erklärt: „Das ist Linedance!“

Später am Abend kam es dann zu folgender Wette: „Nächstes Jahr wenn Du nach Amerika kommst, musst du fünfzehn Linedances können, und ich muss mich mit Dir fünfzehn Minuten auf Deutsch unterhalten können“, soll seine Cousine gesagt haben.

Die Wette hat Enrico Adler dann natürlich gewonnen, aber vorher musste er zuerst einen Tanzkurs rein mit Countrymusik überstehen, erzählt er.

Als er dort eines Abends etwas länger blieb,  lernte er die Fortgeschrittenen-Gruppe kennen, die zu Jennifer Lopez, Michael Jackson und Co tanzte. Das war genau sein Geschmack und brachte ihn dazu, über den Wett-Einsatz hinaus weiter zu trainieren.

Von dort war es für ihn, der sichtbar mit Bewegungstalent und Ausdauer begabt ist, dann nur noch ein kleiner Schritt bis zur ersten Meisterschaft. Nach nur zwei Jahren Linedance gewann er  2002 überraschend die Weltmeisterschaft in Eindhoven

Enrico Adler mit Anfängern und Fans, die sich in Berlin versammelt hatten.Enrico Adler mit Anfängern und Fans, die sich in Berlin versammelt hatten.Foto: Rosemarie Frühauf/The Epoch Times

Die Linedance-WM

„Dazu muss man sagen, dass beim Linedance die Weltmeisterschaft in verschiedenen Schwierigkeitsgraden ausgetragen wird. Sobald man in einer Klasse den Titel geholt hat, muss man  in die nächst höhere aufrücken“, erklärt Adler. Zweimal wurde er in Nashville Weltmeister, was auch die Amerikaner stark beeindruckte. 2007 holte er seinen vierten WM-Titel in der höchsten Klasse in Irland und hätte nur noch ins Profi-Lager wechseln können. Da er aber seit zwanzig Jahren für Siemens arbeitet, blieb er auf dem sichereren beruflichen Weg – seiner Familie zuliebe.

Seitdem hat er jede Menge Workshops für Gruppen oder auch Einzelunterricht gegeben und ist, ohne dass er es besonders darauf angelegt hätte, zur deutschen Linedance-Institution geworden. „Wenn man sich sowas vornimmt, klappt es meistens nicht, man muss da einfach immer weiter reinstolpern“, meint Adler dazu. Schicksal eben. Er hatte zwar immer gern getanzt, wäre aber nie auf die Idee gekommen in eine Tanzschule zu gehen: „Ich hatte immer den Gedanken, wenn ich Musik höre, möchte ich mich dazu bewegen wie ich möchte“ Deshalb hatte er eigentlich auch Linedance anfänglich abgelehnt. Dann bemerkte er allmählich die Freiheit: „Vorgeschrieben ist, dass ich nach rechts gehe – aber nicht, ob ich drei Schritte nach rechts gehe oder mich dabei mehrmals drehe in derselben Taktzeit“.“

„Variations“ nennt man dass, und genau auf diesen kreativen Part kommt es bei den Linedance-Meisterschaften an. Die Grundchoreographie bildet das Regelwerk, auf dem der kreative Teil aufgebaut wird. Und es gibt schließlich viele Musikstile.

In sechs Standard-Bewegungen tanzt man bei einer Meisterschaft mit mehreren Kandidaten der gleichen Könnensstufe zusammen. Man kennt die Choreographie, aber noch nicht die Musik. Nach den vier ersten Runden darf man dann Variationen zeigen. Beim Kürteil ist dagegen die Musik für alle vorgegeben, und man muss seine eigene Choreographie päsentieren. Hier geht es neben der Technik auch darum, wie Musik und Textpassagen eines Liedes schauspielerisch umzusetzen sind.

Dann gibt es noch einen extra Choreographie-Wettbewerb, in dem ein Lied mit passender Choreographie mit anderen Liedern und Präsentationen verglichen wird.

Mittlerweile gibt es drei Linedance-Weltverbände, deren ältester der UCWDC, United Country Western Dance Council ist.

Beim europäischen Verband WCDF ist Adler Gründungsmitglied, und auch der MIL (Masters in Line) ist ein sehr junger Verein. Ähnlich wie beim Boxen, wo in verschiedenen Weltverbänden im Prinzip nach den gleichen, nur minimal verschiedenen Regeln gekämpft wird, tragen alle drei Verbände Weltmeisterschaften aus.

Durchs Internet noch beliebter

Linedance ist also in den letzten Jahren immer populärer geworden. Es ist belegt, dass das Musikvideo Achy Breaky Heart von Billy Ray Cyrus  vor fünfzehn Jahren der Auslöser war, um Linedance über die USA hinaus bekannt zu machen. Es führte dazu, dass sich in England und Holland eine Linedance-Szene formierte. Das Lied hat eine eigene Choreographie, die heute ein Klassiker des Repertoires ist.

Durch die modernen Medien und das Internet verbreitete sich die Begeisterung für den neuen Tanzsport noch schneller. Youtube wurde eine wichtige Plattform, um neue Choreographien als Videos zu verbreiten. „Also, wenn ein Tanz in Amerika online gestellt wird, kann er am nächsten Tag schon in Japan bekannt sein“, erklärt Adler das Phänomen.

Die Verbände haben durch ihre internationalen und lokalen Aktivitäten natürlich auch dazu beigetragen, die Erfolgsgeschichte zu globalisieren:

„In Singapur gibt es Workshops mit 3000 Tänzern in einer Halle und dort wurde sogar ein Guinness-Rekord mit einem Linedance von über 10 000 Leuten aufgestellt. Grade im asiatischen Bereich ist es eine Riesensache.“

 



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