Der Abt mit den goldenen Händen

Interview mit dem Abt von Stift Heiligenkreuz
Titelbild
Abt Gregor Henckel von Donnersmarck hat dem Stift Heiligenkreuz zu einer neuen Hochblüte verholfen... (Milene Wirth-Fernandez/ETD)
Von 16. August 2008

Was er angreift, wird zu Gold. Und damit ist nicht nur die CD „Chant-Music for Paradise“ gemeint, die in der vergangenen Woche Gold in Deutschland und England und Doppel-Platin in Österreich bekommen hat. Nein, da gibt es noch mehr bei Abt Gregor Henckel von Donnersmarck, der eine neue Blütezeit in dem bereits 800 Jahr existierenden Stift Heiligenkreuz eingeläutet hat.

Das Stift, idyllisch gelegen südwestlich von Wien im lauschigen Wienerwald, wo es viele Besucher hinzieht, um dem Stadtlärm zu entfliehen, und andere, die sich dort kreativ entfalten wollen in den Klostermauern, die mittlerweile als buchbare Bleibe für Stille-Suchende angeboten werden. Zu ihnen gehörte auch der Neffe des Abts, ein gewisser Florian Henckel von Donnersmarck. Na, klingelt´s? Genau. „Das Leben der Anderen“ stammt von ihm. Und genau im Stift Heiligenkreuz schrieb er dieses Drehbuch, zurückgezogen und abgeschirmt, reduziert auf das Wesentliche. Nicht wissend, dass ihm der Film einen Oskar und viele weitere wichtige Filmpreise bringen würde.

Doch die größte Freude – das darf man getrost annehmen, denn die Papsttreue des Abts ist in vielen seiner Sätze greifbar – dürfte Abt Gregor der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Heiligenkreuz bereitet haben.

Dass er ein armer Sünder sei, bekennt er freimütig. Doch einer mit vielen Fähigkeiten – „Charismen“, wie es der wortgewandte Abt ausdrückt. Manche davon stammen wohl noch aus seiner Zeit abseits der Klostermauern, denn der Ruf seines Gottes ereilte ihn erst jenseits der Dreißig, als er bereits erfolgreicher Manager bei einem internationalen Logistikunternehmen war. Mit uns sprach er über Wahrheiten, die unter Zwang zur Lüge werden, Gefahren und Chancen von Olympia in Peking und unsere Kommunikationsarmut in Zeiten des Mobilfunks.

ETD:
Heute ist ein stolzer Tag für das Stift Heiligenkreuz und Sie als Abt – die CD „Chant“ mit Chorälen der Mönche Ihres Stifts hat gerade Gold und Platin bekommen.

Abt Gregor: Ein Tipp: Wenn Sie von dem Meditationsgebet, das wir hier tun, sprechen, verwenden Sie bitte das Wort Choral im Singular und nicht im Plural. Wir sprechen von dem Gregorianischen Choral, das ist die Gesamtheit dieser musikalischen Bibelmeditation, der ältesten abendländischen Bibelmeditation überhaupt, und das mit Musik und Gesang. Da verwendet man den Begriff Choral im Singular, während man dann unterteilt nach zum Beispiel Messliturgie und Chorgebet. Beim Chorgebet dann in Antiphonen, Hymnen, Psalmen, Responsorien und beim Messgebet eben Kyrie, Credo, Gloria, Sanctus, das sind die unterschiedlichen Gesangsteile, aber nicht Choräle.

ETD: Danke für die Aufklärung! Und wie kam es nun zu dieser Aufnahme des Chorals?

Abt Gregor:
Also, wenn wir diese Platte, diesen Tonträger, diese CD sehen – dass wir das überhaupt zugelassen haben, war eigentlich ermuntert durch das Wort des Heiligen Vaters am 9. September 2007 hier in Heiligenkreuz. Er wusste, dass hier der Gregorianische Choral gesungen wird. Durch die Worte des Papstes waren wir ermuntert und bestärkt darin, dass wir gesagt haben, ja, wir lassen uns auf das Projekt mit Universal Music ein, wir riskieren ein bisschen Medienrummel. Wir machen es nicht des Geldes wegen, aber wir freuen uns, wenn auch ein kleiner Obolus hereinkommt. Aber wir tun es nicht aus diesem Grund, sondern um Menschen an unserem Gebet teilhaben zu lassen und ihnen dadurch einen religiösen Impuls zu geben oder zu ermöglichen. Das ist die Absicht, und die vielen vielen Emails, die wir seitdem erhalten haben, seit diese CD verkauft wird, lassen uns hoffen, dass es zumindest eine große Anzahl von Menschen gibt, die das so aufnehmen, wie wir es uns gewünscht haben. Also nicht nur als esoterische Entspannungsmusik und als Trip zur Selbstfindung, sondern durchaus als religiösen Impuls.

Sein Neffe schrieb im Stift ein Oskar-Drehbuch, der Papst kam 2007... (Milene Wirth-Fernandez/ETD)
Sein Neffe schrieb im Stift ein Oskar-Drehbuch, der Papst kam 2007… (Milene Wirth-Fernandez/ETD)

ETD: Wo würden Sie sich innerhalb der katholischen Kirche positionieren?

Abt Gregor: Ich stehe weiterhin zu den Aussagen, die Paul VI. gemacht hat. Ich habe damals manchmal gesagt, ich bin so links wie der Papst im Populorum progressio und so rechts wie der Papst in Humanae Vitae. Er hat mit Populorum progressio einen Gongschlag gesetzt, im Jahr 1967 war das glaube ich, in der Entwicklungspolitik. Er wurde damals sehr kritisiert und ich hab gefunden, ich bin nicht ein linker Befreiungstheologe, aber ich stehe zur sozialen Botschaft der Kirche, ihrer Soziallehre, die sich seit 1891 in vielen Enzykliken entfaltet. Gerade Paul VI. hat damals einen Gongschlag gesetzt in der Entwicklungsfrage. Der andere Fall natürlich war der vielleicht noch kritischere, der ihm, und vielleicht auch der Kirche – aber das gereicht der Kirche zur Ehre – noch mehr geschadet hat, das war seine Stellungnahme in Humanae vitae zur Frage der chemischen Geburtenregelung. Er hat damals eine Stellungnahmen abgegeben, die ihm ungeheure Schelte eingetragen hat, gerade in Europa – und jetzt stirbt dieser Kontinent! Das ist eine Frage von einigen Generationen, dass dieser Kontinent mausetot ist. Er hat Genozid, Selbstmord im völkischen Bereich betrieben. In all den Fragen, Ehe, Homosexualität, Geburtenregelung, Abtreibung, alles genau in die verkehrte Richtung gedreht und jetzt geht das große Gezetere los, dass die Europäer aussterben und hier in ein paar Generationen zwar Menschen leben werden, aber nicht unsere Nachkommen.

ETD: Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit.

Abt Gregor: Ich erinnere mich an die Worte von Johannes Paul II., das muss so 1984 gewesen sein. Durch einen priesterlichen Freund war mir die Möglichkeit gegeben, an einer Konferenz, die der Papst mit Priestern der Erzdiözese Rom in einem mittelgroßen Saal des Vatikans hielt, teilzunehmen. Er sagte damals, es ist erschütternd zu sehen, was Humanae vitae für ein prophetisches Wort war.

ETD: Wenn wir von Prophetentum sprechen: Ist das Christentum mit seinen Werten und seinem Moralbegriff eher ein Auslauf- oder ein Zukunftsmodell?

Abt Gregor: Mich hat neulich eine Ihrer Kolleginnen, eine Journalistin, die ein Buch präsentieren will, gefragt: Dieser Mangel an Moral, liegt das nicht daran, dass die Kirche mit ihren Werten sehr verstaubt daher kommt? Da habe ich gesagt, wissen Sie, der Staub liegt in den Augen der Betrachter, oder, der Schlamm liegt im Hörgang der Zuhörer. Denn die Tatsache, dass diese Werte alt sind, macht sie nicht schlecht. Sie sind in manchen Dingen – weil der Mensch ja doch noch immer in seiner Grundsubtanz dieselbe Kombination aus Geist, Seele und Körper ist, die wir seit ein paar Jahrtausenden beobachten – deshalb gibt es Werte, die beständig sind. Und die Wandel in unserer Gesellschaft, die ich nicht deuten will, berechtigen uns nicht dazu, zu sagen, dass diese Werte jetzt verstaubt und überholt seien. Ich glaube, es ehrt die Kirche, dass sie alte echte Werte gegen den Strom der Zeit aufrecht zu erhalten versucht. Dann sollen mir Leute nicht kommen und sagen, das sei verstaubt.

ETD: Zum Gebet würde mich noch interessieren: Ein Pater hat mir erzählt, die Klausur, da herrscht dann wirklich Totenstille.

Abt Gregor:
Also „Totenstille“…

ETD: Das klingt negativ, positiv formuliert, wirklich die beste Stille.

Abt Gregor: Wir bemühen uns dort um Stille, damit man umso besser hört.

ETD:
Welche Form des Gebets wird dann dort ausgeübt?

... und 2008 gab´s Gold und Platin für die CD „Chant“ seiner Mönche... (Milene Wirth-Fernandez/ETD)
… und 2008 gab´s Gold und Platin für die CD „Chant“ seiner Mönche… (Milene Wirth-Fernandez/ETD)

Abt Gregor: Also, die Klausur ist der Bereich, in dem wir wohnen oder auch, wenn Sie wollen, wo wir essen. Beim Mittagessen reden wir bei der einen Hälfte, die andere Hälfte und während des gesamten Abendessens wird gelesen. Es herrscht keine Totenstille, sondern man hört etwas, das wichtig sein kann. Dann ist in der Klausur auch unser Rekreationsraum, wo wir uns jeden Abend und manchmal auch noch nach dem Mittagessen hinsetzen und einen Kaffee trinken und uns auch unterhalten.

ETD: Es gibt also kein Schweigegelübde bei Ihnen.

Abt Gregor: Die Klausur ist der innere Lebensbereich, und da ist es sehr gut, wenn man die Ruhe pflegt und dort Schweigen kultiviert. Wissen Sie, jedes Wort ist ja wie eine Sprechblase, füllt Raum und sie engt eigentlich den Raum des Nächsten ein. Indem Sie mich befragen, erlauben Sie mir ständig, dass ich Sprechblasen auf Sie loslasse. Aber im Leben einer Gemeinschaft, wo wir viel miteinander kommunizieren, ist es dann aber auch gut, wenn zwischen den Zimmern und auf den Gängen das Schweigen gepflegt wird. Das entlastet, schafft Freiheit. Das schafft eine große Freiheit.

ETD: Wir gehen mit Worten heute recht sorglos um. Der Inhalt der Kommunikation hat sich nicht unbedingt verbessert in Zeiten des Handys. Wir hätten jetzt zwar viel mehr Möglichkeiten, aber der wirkliche Inhalt hat sich nicht vertieft, die Oberflächlichkeit nimmt zu.

Abt Gregor: Die Vielfalt der Möglichkeiten strebt auf den Menschen zurück. Das ist ganz interessant, wie also alle Geräte, das Automobil, der Fernseher, der Computer, der Fotokopierer, das Mobiltelefon, Fotoapparat, alles soll dem Menschen neue Möglichkeiten eröffnen. Aber der Mensch selber hat nur eine beschränkte Kapazität an Möglichkeiten. Diese Vielfalt an technischen Möglichkeiten schlägt auf ihn zurück, indem man am Schluss überhaupt keine Zeit mehr hat. Und nur mehr von Geräten gehetzt ist.

ETD: Die Epoch Times hat indirekt eine Verbindung mit dem Stift. Das Drehbuch zum Film „Das Leben der Anderen“ wurde hier von Ihrem Neffen Florian Henckel von Donnersmarck geschrieben. Ein sehr bekannter chinesischer Bürgerrechtler, Hu Jia, hat in einem Interview mit der Epoch Times gesagt, die Chinesen leben heute wie die Deutschen im Film „Das Leben der Anderen“.

Erker mit päpstlicher Vergangenheit: „Von diesem Erker aus grüßte und segnete Papst Benedikt XVI. am 9. September 2007 die große Schar der Pilger“ – die Inschrift deutet darauf hin, welche Bedeutung der Papstbesuch für die Geschichte des Stifts und die darin lebenden Mönche haben muss. (Florian Godovits/ETD)
Erker mit päpstlicher Vergangenheit: „Von diesem Erker aus grüßte und segnete Papst Benedikt XVI. am 9. September 2007 die große Schar der Pilger“ – die Inschrift deutet darauf hin, welche Bedeutung der Papstbesuch für die Geschichte des Stifts und die darin lebenden Mönche haben muss. (Florian Godovits/ETD)

Abt Gregor: Es gibt auch eine andere Verbindung, die man nicht vergessen sollte. Heiligenkreuz war wie der ganz östliche Teil Österreichs von 1945 bis 1955 russische Besatzungszone und davor acht Jahre im nationalsozialistischen Regime. Also Erfahrungen mit Totalitarismus und Abhörstaat und Belauschung von Menschen und so weiter gibt es spätestens seit 1938. Angeblich seit der Metternich-Ära in Österreich, weil damals die Polizei sehr intensiv versucht hat , in das Leben der Menschen hineinzudrängen. Ich kann´s nicht beurteilen, aber das ist eine vitale Beziehung, wie sie hier in Heiligenkreuz besteht. Mein Neffe hat sich lediglich hier zurückgezogen, um Ruhe zu finden, seine Familie begann damals bereits zu entstehen. Er sagte, zu Hause hat er keine Ruhe. Er brauche ein paar Wochen, um das, was in seinem Kopf schon fix und fertig war – er hatte alles fertig in seinem Kopf -einmal in einem Arbeitspensum in den Computer zu hämmern. Danach entstand weitgehend das Drehbuch.

ETD: Scheint ein gutes Pflaster zu sein: Ein Oskar, die Gold-CD …

Abt Gregor:
Also niemand, auch mein Neffe nicht, haben damals geahnt, was daraus noch werden wird. Er war schon von Anfang an davon überzeugt, dass er diesen Film drehen will und möchte, weil er ihn für richtig und gut hielt. Man ja nicht von Anfang an, dass man dann vom bayrischen über den deutschen bis zum europäischen Filmpreis, dazu die Quadriga und schließlich den Oskar. Das hat er später ganz witzig geschildert: Wenn er mit seinen Selbstzweifeln, ob das denn auch je was werden wird, vom Mittagessen aufgestanden ist, da hat ihm ein anderer Gast immer wieder gesagt :„Na, dann wünsch ich mal ein schönes Dichten.“ Und mein Neffe hat gesagt, das war immer ein Schlag in die Magengrube für ihn, weil dieses „dann mal schönes Dichten“ ironisch gemeint war. Als ob es völlig nutzlos wäre, so etwas zu tun. Er hat das natürlich nicht so gemeint, es löste bei meinem Neffen aber immer wieder eine neue Stöhnphase aus. Ich bin sehr froh über diesen Film, weil dieser Film eine wirklich sehr ernsthafte Aussage hat, sich dabei menschlich überzeugend und im besten Sinne dieses Wortes spannend, unterhaltend darstellt, so dass man dem Vorgang menschlich auch wirklich folgen kann. Es spricht sehr für den Oskar, dass er diesen Film auszeichnet, denn der Film ist wirklich ausgezeichnet. Und ich weiß, dass der Oskar aus kommerziellen und verschiedenen Gründen auch Soap Operas verliehen werden muss und irgendwelchen Monsterfilmen und Horror und Schock. Dass sie diesen Film ausgezeichnet haben, spricht sehr für den Oskar.

ETD:
„Das Leben der Anderen“, da wird Kommunismus, das Leben in einem Spitzelstaat gezeigt. Wie sehen Sie die Aufgabe der katholischen Kirche in Ländern, in denen der Kommunismus herrscht oder, vielleicht in abgewandelter Form, noch immer Spitzelwesen besteht?

Abt Gregor:
Ich glaube, die Kirche hat nicht die Aufgabe, aktiv in die Politik einzugreifen. Von daher ist es sicherlich verständlich, dass sie überall dort, wo Priester als Präsident gewählt werden in Lateinamerika, dass die Kirche sagt, das wollen wir nicht. Dass diese Priester sofort aus dem Amt suspendiert werden und man ihnen sagt, das ist nicht eure Aufgabe als Priester. Das sollten katholische Laien, Männer und Frauen aus dem Laienstand mit ihren Charismen tun. Der Priester hat ein anderes Charisma. Das heißt, die politische Wirksamkeit der Kirche beruht nicht in erster Linie auf Priestern und Bischöfen, sondern in erster Linie auf engagierten Christen und Christinnen, die sich dort einbringen. Manchmal allerdings wird es schwierig, weil man feststellt, dass die Christen und Christinnen es nicht so leicht begreifen, was eigentlich christliche Politik wäre.

Priester sollten nicht aktiv in die Politik gehen, das politische Engagement der Laien wäre wichtig, da wünsch ich mir mehr Christen. Aber, die Botschaft der Kirchen mit ihrem Anspruch an den Menschen oder sagen wir in ihrem Anspruch, wie wertvoll der Mensch ist, dass man so viel für ihn tun muss, hat indirekt natürlich eine enorme politische Sprengkraft. Indem das christliche Menschenbild rezipiert wird, wird die Politik verändert. Leider zu wenig, aber in der Hinsicht ist die Kirche und der christliche Glaube sicherlich politisch indirekt wirksam. Die christliche Botschaft ist politisch von Belang, weil der christliche Glaube in seiner Sicht vom Menschen als Gottes Geschöpf, Ebenbild Gottes mit höchster Würde, daher mit allen Menschenrechten ausgestattet, solidarisch veranlagt, für den anderen immer da sein predigt. Also kein Egoismus und kein Egotrip im christlichen Glauben. Selbstverwirklichung ja, aber in Verbindung mit Dialog und Solidarität. Und dieses Menschenbild war meiner Ansicht nach zum Beispiel in Polen und einer Reihe von anderen Staaten des ehemaligen kommunistischen Machtbereichs von solcher Sprengkraft, dass es schließlich auch nicht allein, aber doch nicht unwesentlich mitgewirkt hat zum Untergang des grauen Sozialismus.

ETD: Wie sehen Sie das hinsichtlich Chinas Entwicklung? Im Epoch Times Verlag ist ein Buch erschienen. Es heißt „Neun Kommentare über die Kommunistische Partei“ und behandelt die Geschichte Chinas bis zur Neuzeit, die auch vielen Chinesen die Augen geöffnet haben, die ja ihre eigene Geschichte oft nur durch die Brille des Parteiapparats kennen.

In seinem Element: Bei einem Interview mit dem ORF. (Florian Godovits/ETD)
<div id="ad21-rect-6" class="etd-ad lazy" data-loader="_ad21_rect_2"></div>

In seinem Element: Bei einem Interview mit dem ORF. (Florian Godovits/ETD)

Abt Gregor: Hier möchte ich auf die aktuelle Situation mit den Olympischen Spielen eingehen. Diese Olympischen Spiele in Beijing sind einerseits eine Chance, sie können natürlich auch wieder in verheerender Weise missbraucht werden. Da fallen mir die Moabiter Sonette von Alfred Haushofer ein – das war ein Mann des Widerstandes im Zweiten Weltkrieg, der dann im Jahr 1945 hingerichtet wurde auf den Straßen Berlins, als die Russen schon einmarschiert waren. Aus seinen todesverkrampften Händen hat man ein Manuskript herausgeholt mit diesen später als Moabiter Sonette bekannt gewordenen Gedichten. Und dort schildert er die Situation der Olympischen Spielen in Berlin 1936, wo man Lichtdome baut, die ganzen Jungen mit Begeisterung. Das Sonett schließt sehr kunstvoll, aber doch sehr erschütternd formuliert mit dem Satz ab: „Die ganze Jugend ist dem Tod geweiht.“ Das heißt, er hat diese Aufwallung von Begeisterung in den Olympischen Spielen, Jugend, Sport, Körperkultur, logischerweise gedeutet als absoluten Weg in den Krieg und die Vernichtung der Jugend. „Die ganze Jugend ist dem Tod geweiht“, zack.

Ich hoffe, dass China momentan auf einem Weg ist, der China nicht in einen Weltkrieg hineintreibt oder es ihn vom Zaun bricht. Ich glaube, es deutet vieles darauf hin. Trotzdem muss man wissen, dass die Olympischen Spiele eine Chance sein können, aber sie können auch eine Gelegenheit sein für das Regime, sich fein herauszuputzen und über die Wirklichkeit hinwegzutäuschen. Ich glaube, dass Ihre Zeitung, Ihr Medium ein wichtiges Instrument ist, um Chancen wahrzunehmen, aber auch auf Missbrauch und Gefahr hinzuweisen.

ETD:
Sie wissen, Amnesty International hat es jetzt erst gebracht, dass sich wegen der Olympischen Spiele die Menschenrechtslage in China verschlechtert hat. Kann man Vergleiche ziehen zwischen den Spielen 1936 und 2008?

Abt Gregor:
Man kann, das heißt nicht, dass automatisch alles so ist und so sein muss, identisch parallel zu damals. Aber man muss wissen, was damals war und worin heute die Gefahren bestehen oder welche Chancen gegeben wären.

ETD: Das Böse zu tolerieren, ist keine Toleranz?

Abt Gregor: Nein.

ETD: Wie ist Ihr Toleranzbegriff?

Abt Gregor:
Der Mensch muss die Möglichkeit haben, sich mit seinem Gewissen frei zu entscheiden. Leider sogar gegen die Wahrheit. Weil die Entscheidung für die Wahrheit nur dann positiv ist, wenn sie in Freiheit erfolgt und nicht, wenn sie erzwungen ist. Denn Wahrheit unter Zwang wird perverser Weise zur Lüge.

ETD:
Können Sie ein Beispiel dazu anführen?

Abt Gregor:
Wenn sie einen Menschen gegen sein Gewissen zwingen, die Wahrheit zu bekennen, wird in seinem Mund die unter Zwang bekannte Wahrheit zur Lüge. Ein ganz merkwürdiger Vorgang, aber man muss ihn mal durchdenken. Da darf niemand gezwungen werden, weder zur Wahrheit, noch zur Lüge. Er muss in seiner freien Entscheidung, in seinem Gewissen die Entscheidung selber fällen.

ETD: Diese Wahrheit, auch wenn sie wahr ist, aber man sie nicht vom Herzen ausspricht, wird sie zur Lüge. Ich habe manchmal das Gefühl, ein Kirchgang, der nicht von Herzen passiert, wo Menschen nicht den christlichen Glauben von Herzen leben, bleibt eigentlich eine oberflächliche Handlung und wird dadurch, wenn man es scharf formuliert, zur Lüge.

Abt Gregor:
Da haben Sie sicher recht.

ETD:
Ich danke für das Gespräch.

Das Interview führte
Florian Godovits

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 33/08



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion