Die Basisdemokratie, in den USA als „Grassroots-Movements“ bekannt, verdient mehr Beachtung

Titelbild
Das Eugene O'Neil Theater zeigte die Premiere von "Fela!" am Broadway am 23. November 2009 in New York City.Foto: Cory Schwartz/Getty Images
Von 6. April 2010

Eine der bekanntesten Zeilen über New York ist: „Wenn du es hier schaffen kannst, dann kannst du es überall schaffen.” Man stelle sich die Überraschung der Besucher aus Afrika vor, wenn sie entdecken, dass eine der bekanntesten Shows am Broadway eine Anerkennung der Rebellenmusik aus Nigeria ist, für die viele Regierungen auf dem Kontinent eine Hassliebe empfanden.

Die Show Fela! ist eine mit unglaublich viel Musik versehene und unterhaltsame Würdigung der Musiklegende und des politischen Dissidenten Fela Anikulapo Kuti, der dafür bekannt war, dass er Nigerias Militärdiktatoren verspottete und einen Lebenswandel hatte, über den sich viele empörten.

Er wurde mit Ganjarauch und über 27 Frauen, die er die Königinnen nannte berühmt. (Später hatte er nur 12, ließ sich dann aber von allen scheiden). Sie waren alle schöne Tänzerinnen, die nachts in einem Club auftraten, den er als ein Heiligtum bezeichnete. Er stellte ihn sich auch als die Hauptstadt – die eigentlich ein Aufnahmestudio war – seines eigenen Landes vor, der Republik Kalakuta. (John Lennon und Yoko stellten sich auch ihr eigenes Land vor. Sie nannten es Nutopia).

Politikern fällt es meistens leichter zu folgen als zu führen

Felas „Schrein“ wurde jetzt auch als Theaterstück Realität, das die Kritiker lieben und dem das Publikum zuströmt. Es zieht die ethnisch unterschiedlichsten Zuschauer in die Stadt. Die Musik und der Tanz sind ebenso inspirierend wie endlos sind. Wenn man es nicht gesehen hat, worauf wartet man dann noch?

Fela glaubte, „Musik ist eine Waffe” und schrieb tanzbare „Afro-beat”-Lieder, zu denen auch solche zählten, in denen einige Gesellschaften wie ITT – International Telephone and Telegraph –, die er „international teef teef” (thief, thief – Dieb, Dieb) genannt, verspottet und auseinander genommen wurden. Weitere politische Lieder forderten die Lehrer auf, die Wahrheit über das Land und seine korrupte Regierung zu lehren. Ihr denkwürdiger Text war: „Teacher, Don’t Teach Me Nonsense“ („Lehrer, lehre mich keinen Unsinn.“)

Diese Show ist kein Periodenstück, sondern weist wirklich darauf hin, dass der gesellschaftliche Wandel nicht vollzogen werden kann, wenn im Weißen Haus oder im Kongress einfach nur viel darüber geredet wird. Er wird statt dessen oft von kulturprägenden Personen wie Fela und den jungen Menschen vorangetrieben, die seine Musik und seinen Mut als Kämpfer für Menschenrechte bewunderten. Fela bewarb sich tatsächlich als Präsident, aber das Militär ließ ihn nicht weitermachen, denn es fürchtete seine Popularität.

Teenager-Gipfel

Die Presse versteht es noch nicht. Wie wir in der US-Gesundheitsdebatte gesehen haben, schauen die Medien nach oben, konzentrieren sich auf die Menschen, die an der Macht sind, und gehen davon aus, dass sie die Architekten des Wandels sind, wobei sie dann aber die Menschen übersehen, die da unten an der Basis tatsächlich etwas verändern und erneuern. Fela zum Beispiel hätte einer weiteren Show am letzten Wochenende am Broadway, nicht am Times Square, sondern unten in Soho, zugestimmt, wo viele Teenager

zum Gebäude der Scholastic Publications (akademischen Veröffentlichungen) kamen, um eine Teenager-Version der berühmten TED-Konferenzen zu besuchen. TED (Ted.com) ist bekannt für innovative Erwachsenenbildung und stellt einige der provokantesten Sprecher der ganzen Welt vor.

Dies war das erste Mal, dass man so vorging, damit Teenager an allen Arten von Basisprojekten für Aktivisten aus etwa 30 Ländern, zu denen auch Nigeria, Afrikas bevölkerungsreichste Nation, zählte, teilnehmen konnten. Ihre Gespräche waren leidenschaftlich und auf die Notwendigkeit konzentriert, einen grundlegenden Wandel herbeizuführen, der aus den Lebenserfahrungen abgeleitet wurde, die Kindersoldaten machen mussten, behinderte Kinder einbezog und auch die weltweite Förderung des Selbstwertgefühls der Mädchen zum Thema hatte.

Als ob sie auf Felas Hinweis, Lehrer würden Unsinn lehren, antworteten, trugen manche Kinder ein T-Shirt der eindrucksvollen, in Kanada gegründeten Think Global School. Vorne steht „Don’t Teach Me What To Think” („Lehre mich nicht, was ich denken soll”) und hinten „Teach Me How To Think” („Lehre mich, wie man denkt”).

Die We Are Family Foundation spielte eine wesentliche Rolle bei der Organisation des Teenager-TED-Ereignisses. Diese Gruppe wurde von einem weiteren bekannten Musiker, Nile Rodgers, gegründet, der tatsächlich schon einmal bei Fela spielte und Co-Autor des Lieds „We Are Family” ist, das auch Jahrzehnte später noch weltweit als eine erhebende Hymne angesehen wird. Nach November 2009 überarbeitete Nile sein Lied mit 200 Stars und Berühmtheiten, um Toleranz zu fördern und Volksverhetzung zu beenden (eine Anmerkung in eigener Sache: Ich arbeitete mit Spike Lee an einem Video und an einem Film, worin man sich dafür einsetzt).

Die von Nancy Hunt geleitete Stiftung, die aufgrund dieses Ereignisses gegründet wurde, hält Global Just Peace Summits und Teenager-Trainingsprogramme im Rahmen ihres einzigartigen Three Dot Dash-Programms ab – der Name stammt vom Morse-Code für V, besser bekannt als das Friedenszeichen –, wobei Kinder aus der ganzen Welt Organisations- und Medienkenntnisse erwerben können. Das Programm wurde von friedenstiftenden Schriften und der Poesie eines weiteren Jugendlichen, Matti J.P. Stepanek, der bei Larry King und Oprah gesehen wurde, angeregt. Matti starb später an seiner Behinderung, aber sein Vorbild inspiriert immer noch junge Menschen dazu, ihren Traum zu erfüllen.

Pastoren sind entzückt von Fela!

Eine Woche früher hörte das Global Team Summit (GTL) von zwei nigerianischen religiösen Führern, dem islamischen Iman Ashafar, und seinem christlichen Konterpart, Pastor James Murye, die zusammen ermitteln und daran arbeiten, die blutigen Gewaltausbrüche zwischen Christen und Moslems im Norden von Nigeria zu beenden. Diese beiden Männer sind bemerkenswerte Sendboten des Friedens, die in solchen Konfliktzonen wie Kaduna und Jos wirklich etwas bewirken konnten, auch wenn die amerikanischen Medien nicht viel über ihre tapferen Durchbrüche berichteten oder die Arbeit der meisten jugendlichen Aktivisten hier eigentlich noch nicht anerkennen.

Man denke daran, wie sehr ACORN und seinen jungen Organisatoren von unverantwortlichen Medienveröffentlichungen geschadet wurde, die von Politikern unterstützt und angestiftet wurden, einschließlich vieler Demokraten, die aus Angst überreagierten und falsche Anschuldigungen erhoben. Die Gruppe, die so viel tat, um die Wählerregistrierung zu fördern und Rechtsausschließungen zu bekämpfen, wurde gezwungen sich aufzulösen.

Nachdem die Pastoren sprachen, redete ich mit ihnen über die Fela!-Show am Broadway sowie über meine eigene Erfahrung, als ich Mitte der 80er-Jahre dabei half, Fela aus dem Gefängnis in Nigeria herauszubringen. Sie fragten mich sofort, ob sie es sich ansehen könnten, auch wenn sie zugaben, dass sie Schlechtes über Fela gehört hatten.

Sie konnten nur eine Nacht lang in New York bleiben und ich war mir nicht sicher, ob ich so kurzfristig Eintrittskarten für eine oft ausverkaufte Top-Produktion bekommen könnte.

Ich rief den Show-Produzenten Steve Hendel an, erzählte ihm von ihrer gefährlichen Arbeit und fragte, ob er sie hereinlassen könnte. Er sagte sofort ja und ließ sie auch von der Bühne aus grüßen, weil er wollte, dass die Show selbst zum Frieden in Felas Land beiträgt. Die Darsteller waren von dem Interesse an ihrem Stück geschmeichelt.

Die Pastoren verließen das Theater mit einer anderen Einstellung, obwohl sie früher kulturell bedingte Bedenken hatten. Beide sagten: „Es war phantastisch, entzückend!” Später sagten sie mir, dass sie jetzt versuchen würden, junge Menschen und Musiker in Nigeria zu erreichen, um sich ihren Kampagnen zur Konfliktlösung und gegenseitigen Akzeptanz von Moslems und Christen anzuschließen.

Wenn eine Broadway-Show eine Veränderung in der realen Welt einleiten, wenn Felas Beispiel noch diese Auswirkung haben kann, dann kann man die Kraft der Kultur im Prozess der Veränderung sehen.

Wir können auch einige Lektionen lernen, wenn wir erkennen, dass es Politikern meistens leichter fällt zu folgen als zu leiten und dass die großen Medien vielleicht die letzten sind, an die man sich wenden kann, wenn man wissen möchte, was geschieht.

Wenn man in der Welt etwas verändern will, dann sollte man die Kinder unterstützen, die entschlossen sind, das auch zu tun.

Danny Schechter ist der Herausgeber von Mediachannel.org. Sein neuerFilm, Plunder, behandelt die Finanzkrise als einen Kriminalroman (www.plunderthecrimeofourtime.com/)

 

Originalartikel auf Englisch: Press Should Look to the Grassroots for Change Makers



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