Verfassungsrechtler kritisieren Schröders Vertrauensfrage-Begründung

Erklärung laut Juristen formal zwar korrekt aber «zu dünn»
Epoch Times2. Juli 2005

Berlin/Mainz – Nach der Abstimmung über die Vertrauensfrage im Bundestag haben Verfassungsrechtler die Begründung von Bundeskanzler Gerhard Schröder für seinen Schritt bemängelt. «Mir erschien die Erklärung ein bisschen dünn als Begründung dafür, dass der Kanzler nicht mehr dauerhaft auf eine Mehrheit im Bundestag verweisen kann», sagte der frühere Bundesverfassungsrichter Hans Hugo Klein der «Berliner Zeitung» (Wochenendausgabe).

Formal habe Gerhard Schröder zwar eine völlig korrekte Erklärung abgegeben, betonte er. Doch das fehlende Vertrauen müsse sich auch sachpolitisch manifestieren. «Das hätte er begründen müssen», zitierte ihn das Blatt. Nach Ansicht des Juristen hätte Schröder sich dazu äußern müssen, welche Politik er künftig zu betreiben beabsichtige und dass er für diese Politik keine nachhaltige und keine verlässliche Unterstützung seiner Koalition habe.

Dennoch geht der frühere Verfassungsrichter dem Blatt zufolge davon aus, dass der Bundespräsident den Bundestag auflösen und das Bundesverfassungsgericht diese Entscheidung bestätigen wird. «Wenn es stimmt, was kolportiert wird, dass der Kanzler den jetzigen Treueschwüren der SPD-Linken misstraut und glaubt, dass sie ihn bei der nächsten Abstimmung, bei der es Spitz auf Knopf steht, nicht unterstützen, ist das nachvollziehbar», erklärte Klein. «Würde das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Bundespräsidenten aufheben, wäre dies eine wesentliche Beschädigung unseres demokratischen Systems. Das wäre ein gewaltiger Kraftakt. Den müsste sich das Gericht gut überlegen.»

Der Verfassungsrechtler Hans-Peter Schneider von der Universität Hannover übte ebenfalls Kritik an der Begründung Schröders und äußerte Zweifel, ob diese vor der Verfassung Bestand haben werde. Er könne sich gut vorstellen, dass Bundespräsident Horst Köhler dem Ansinnen Schröders zwar entsprechen werde – allerdings unter Nahelegung einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht, wie es beispielsweise auch sein Vorgänger Johannes Rau in Sachen Zuwanderung getan habe, sagte Schneider am Freitagabend im ZDF. Für seine Überprüfung hat Köhler bis zum 22. Juli Zeit.

AP



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