„Es gibt viele Gespenster“ in Paradise

An die Stunden, in denen die Flammen sein Haus im kalifornischen Paradise zerstörten, will Kevin Lundy nicht zurückdenken. "Ich schaue jetzt nach vorne", sagt er.
Titelbild
Ein "Willkommen"-Schild in einer zerstörten Wohngegend im Ort Paradise.Foto: Noah Berger/AP/dpa
Epoch Times26. Oktober 2019

An die Stunden, in denen die Flammen sein Haus zerstörten, will Kevin Lundy nicht zurückdenken. „Ich schaue jetzt nach vorne“, sagt der 35-jährige Landvermesser im kalifornischen Paradise, dann treibt er gemeinsam mit seinem achtjährigen Sohn einen Metallpfosten in die Erde. „Ich werde mein Haus wieder aufbauen, ich gebe nicht auf.“ Wie er denken auch andere ehemalige Einwohner ein Jahr nach dem verheerendsten Brand in der Geschichte des US-Westküstenstaats.

Bei dem Feuer am 8. November 2018 war Paradise fast völlig abgebrannt. 86 Menschen starben, 19.000 Gebäude wurden zerstört, darunter 14.000 Häuser. Viele Bewohner des Städtchens im Vorgebirge der Sierra Nevada, die dem Inferno entkommen konnten, wollen nicht mehr zurückkehren. Sie haben sich inzwischen in Nachbarorten oder anderen Bundesstaaten ein neues Leben aufgebaut.

Doch immerhin 4.000 von ihnen kamen in den vergangenen Monaten zurück – nachdem der giftige Schutt weggeräumt war. „Ich habe gesehen, wie es am Tag nach dem Brand aussah“, erinnert sich Lundy und zeigt Bilder von den Überresten seines Hauses. „Und ich sehe, wie es jetzt aussieht. Ich sehe eine Menge Fortschritte.“

Nach dem Brand lebte er mit seinem Sohn Levi im Wohnwagen auf einem Parkplatz im nahegelegenen Chico. Vor ein paar Wochen kamen sie mit ihrem Wohnwagen zurück. Noch gibt es in ihrem Viertel keinen Strom und kein Trinkwasser – auch die Wasserversorgung war nach dem Brand kontaminiert.

Lange habe er gezögert, sich wieder hier niederzulassen, sagt Lundy. Zunächst wollte er das Ende von Paradise nicht wahrhaben. „Ich musste mich mehrmals mit eigenen Augen überzeugen, dass die ganze Stadt weg ist“. Nach dem Inferno litt er unter Depressionen, sein Sohn hatte Albträume von ausgebrannten Autos. Der Wiederaufbau soll nun einen Schlussstrich unter diese Zeit setzen.

Lundys 67-jähriger Vaters Hollis ist skeptisch, obwohl sein Haus außerhalb der Stadt von den Flammen verschont blieb: „Es ist kein normales Leben, es gibt viele Gespenster“, sagt er. „Es wird nie wieder das Gleiche sein, die Geschichte der Stadt ist weg. Es wird eine neue Generation sein, eine neue Stadt.“

Kyla Awalt war unter den ersten, die zurückkehrten – ihr Haus hatte den Brand überstanden. Doch ihre Heimatstadt fühlt sich seither nicht mehr an wie ein Zuhause. „Wir konnten uns glücklich schätzen, weil wir unseren Besitz noch hatten, aber wir haben unsere Gemeinschaft verloren“, klagt die zweifache Mutter.

„Die Häuser, in denen ich aufgewachsen bin, sind weg, auch die Schule, in die ich gegangen bin“, erzählt Awalt. „Es ist sehr ruhig und einsam. Wir vermissen unsere Nachbarn und Freunde, und nach 19.00 Uhr hat nichts mehr offen. Es ist wie in einer anderen Welt.“

Bürgermeisterin Jody Jones steht vor einer gewaltigen Aufgabe. „Wir bauen eine ganze Stadt von Grund wieder neu auf“, sagt sie bei einer Bürgerversammlung.

90 Prozent des Stadtgebietes mit ehemals 26.000 Einwohnern wurden ausgelöscht. Um Plünderer abzuhalten, gilt in Paradise noch immer eine Ausgangssperre von 23 bis 5 Uhr, die aber angesichts des Mangels an Polizei kaum umgesetzt wird. Auch bei der Rekrutierung von Mitarbeitern hat die Stadt Probleme. Überall warten leere Parzellen auf Käufer, einige wenige Bauunternehmer errichten neue Häuser.

Lundy hofft, sein neues Haus in gut einem Jahr fertig zu haben: „Nicht diesen Dezember, sondern nächsten“, sagt er. „Das wäre mein Ziel – im Jahr 2020 den Weihnachtsmorgen in unserem Haus zu verbringen.“ (afp)



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