Kolumne vom Freischwimmer: Mut

Wenn man etwas macht und es dann in die Öffentlichkeit bringt, muss man mit Kritik leben können. Das ist eine ganz normale Sache.
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Was wäre, wenn Sie schon seit Langem davon träumen einen Text zu schreiben, ein Bild zu malen oder im fortgeschrittenen Alter noch ein Instrument zu lernen – es aber nicht wagen, weil sie Bedenken haben, dass Ihnen die Neider einen fiesen Kommentar „reindrücken“ würden?Foto: iStock
Von 24. Mai 2020

Wenn man, so wie ich, Bücher geschrieben hat, oder Zeitungsartikel schreibt, sollte man mit Menschen, die eine andere Meinung vertreten, umgehen können. Das ist eine Mindestanforderung, die ich an mich stelle.

Dies betrifft auch – oder gerade – die Kritik, die bei mir voll ins Schwarze trifft. Und das ist auch gut so, denn nur durch konstruktive Kritik können sich Menschen in ihrem Tun weiter verbessern.

Aber seit längerem gibt es eine Art von Kritik, die genau betrachtet gar keine wirkliche Kritik ist. Sie bezieht sich überhaupt nicht auf den Inhalt des Geschriebenen, sondern zielt schlicht und ergreifend nur darauf ab, andere Menschen zu beleidigen.

Zu diffamieren. Sie persönlich zu treffen und zu verletzen. Unlängst wünschte mir sogar jemand den Tod. Nur weil irgend etwas – was es war, hatte er nicht geschrieben – nicht seinen Vorstellungen entsprach, sollte ich seiner Meinung nach sterben.

Es ging nur um persönliche Beleidigung. Erniedrigung. Unter die Gürtellinie treffen. Ohne Inhalt – einfach nur Diffamieren. Dies geschieht regelmäßig.

Nicht nur unter meinen Artikeln, sondern in fast allen veröffentlichten Artikeln, auf fast allen Plattformen und bei fast allen Medien und in fast allen Ländern. Dies ist kein Phänomen, welches nur einen Einzelnen betrifft. Auch bei meinen bisher veröffentlichten Büchern ist dies nicht anders.

Unter einem von mir erschienen Buch stand: „Dieser Dreck ist das Papier nicht würdig, auf dem es geschrieben wurde.“ Zum Inhalt sagte der Verfasser dieser „Kritik“ nichts. Auch nicht warum es seiner Meinung nach Dreck ist. Es ging ihm lediglich um seinen Frustabbau.

Soweit – so gut.

Oder eben auch nicht, denn jeder, der nur über ein geringes Grundwissen in Psychologie verfügt, weiß, welchen Charakter ein Verfasser derartiger Kommentare hat. Es ist nämlich jene Art von Menschen, die leider nur über ein sehr geringes Selbstwertgefühl verfügen.

Oder die, die ihren Selbsthass auf andere projizieren und die ihre eigene Wut bei andern abladen wollen. Sie haben bei sich die Anschauung gebildet, dass jeder, der eine Arbeit macht die, irgendwie „öffentlich“ ist, nur dafür da ist, dass sie ihren (Selbst-) Hass dort loswerden können.

Doch eigentlich sind sie bedauernswerte Menschen. Ja, sie sind es – auch wenn sie manchmal nerven. Dabei sind ihre gehässigen Kommentare wie eine Art Hilfeschrei: „Bitte, bitte höre mich – auch wenn ich inhaltlich nichts zum Thema beitragen kann.“

Wie schon gesagt: bedauernswert. Aber was hat das nun für uns für Konsequenzen?

Sollten dann diejenigen, die kreativ sind, die Arbeiten ausführen, welche in der Öffentlichkeit gezeigt, ausgestellt oder irgendwie anders präsentiert werden, damit aufhören?

Was für eine Welt würden wir dann haben? Sollten sich alle Kreativen von den hasserfüllten, von Neid und Missgunst Zerfressenen, aus der Arena des Lebens vertreiben lassen?

Theodore Roosevelt hat in „Der Mann in der Arena“ geschrieben:

„Es ist nicht der Kritiker, der zählt,
nicht derjenige, der aufzeigt, wie der Starke gestolpert ist
oder wo der, der Taten vollbracht hat, sie hätte besser machen können.
Die Anerkennung gebührt dem, der wirklich in der Arena ist;
dessen Gesicht verschmiert ist von Staub und Schweiß und Blut;
der tapfer strebt;
der irrt und wieder und wieder scheitert,
denn es gibt keine Anstrengung ohne Irrtum und Fehler;
der jedoch wirklich danach strebt, die Taten zu vollbringen;
der die große Begeisterung kennt, die große Hingabe,
und sich an einer würdigen Sache verausgabt;
der, im besten Fall, am Ende den Triumph der großen Leistung erfährt;
und der, im schlechtesten Fall, wenn er scheitert,
zumindest dabei scheitert, dass er etwas Großes gewagt hat,
so dass sein Platz niemals bei den kalten und furchtsamen Seelen sein wird,
die weder Sieg noch Niederlage kennen.“

Nun, die aufmerksamen Leser und Leserinnen werden wohl schon bemerkt haben, dass ich in dieser Kolumne eigentlich nicht nur über mich schreibe. Ich kann mittlerweile – schon aus beruflichen Gründen – mit Hasskommentaren umgehen. Ich kann erkennen, was dahinter steckt und was für einen Charakter der jeweilige „Kommentar-Schreiber“ hat.

Eigentlich geht es mehr um Sie. Sie, die da draußen zaghaft darüber nachdenken, ob sie ihre Kreativität nähren sollten. Sie, die Angst davor haben, etwas, was sie geschaffen haben, zu veröffentlichen.

Sie, die Sie auch diese „Kommentare“ lesen und sich dadurch abgeschreckt fühlen. Sie, die Sie auch gern einmal etwas schaffen würden und es – wem auch immer – präsentieren wollen.

Ich kann Ihnen den – manchmal schmerzhaften – Schritt in die Öffentlichkeit nicht abnehmen. Aber ich kann Ihnen versichern, dass man sich verletzlich macht, wenn man jemandem etwas selbst Erschaffenes zeigt. Und sei es nur innerhalb der eigenen Familie. Dafür braucht man Mut!

Es ist die Angst und die Verletzlichkeit, die überwunden werden müssen, um sich selbst oder seine Kunst jemandem zu zeigen. Diese Mauer müssen Sie selbst durchbrechen und es gibt vorher keine Garantie dafür, dass Ihnen alle zujubeln werden.

Aber was wäre, wenn Sie es nicht wagen würden? Was wäre, wenn Sie schon seit Langem davon träumen einen Text zu schreiben, ein Bild zu malen oder im fortgeschrittenen Alter noch ein Instrument zu lernen – es aber nicht wagen, weil sie Bedenken haben, dass Ihnen die Neider einen fiesen Kommentar „reindrücken“ würden?

Was wollen Sie tun? Und was wollen Sie nicht tun? Streben Sie wirklich nach dem Gefühl, am Ende sagen zu müssen „ach, ich hätte so gerne meine kreative Seite ausgelebt, aber ich hatte Angst vor Kritik“? Das wäre dann wohl einer der traurigsten Momente im Leben.

Die „Hasser“ werden es sowieso nicht zu mehr bringen als zu Hass. Aber was ist mit Ihnen? Wollen Sie Ihre verborgenen Talente nicht einmal ans Tageslicht bringen? Etwas ausprobieren? Etwas riskieren? Oder wollen Sie schon im Vorfeld aus Angst vor Verletzungen und Scham, nicht zu genügen, kapitulieren?

Das wäre schade. In vielen Menschen schlummern verborgene Talente. Die, die vielleicht in der Jugend nicht gefördert wurden; oder die, die aus finanziellen oder familiären Gründen bisher nicht ausgelebt werden konnten.

Aber das muss nicht für immer so bleiben. Versuchen Sie es.

Stehen Sie vom Sofa auf und schalten Sie den doofen Fernseher aus. Probieren Sie das aus, wovon Sie als Kind einmal geträumt haben. Suchen Sie im Internet, ob es jemanden gibt, der Sie anleiten könnte, wenn Sie Ihre eigene Kreativität rauslassen wollen. Und dann fangen Sie an. Haben Sie Mut!

So, wie einer meiner besten Freunde, der von seiner Frau zum Geburtstag einen Gutschein für einen Malkurs bekam. Ein Mann, der sein ganzes Leben auf dem Bau gearbeitet hat und seine Freizeit bisher damit verbrachte, Thai-Boxen zu trainieren, hat nun mit Mitte Vierzig damit angefangen, zu malen. Und er ist glücklich, dass er jetzt endlich damit begonnen hat. Glücklich.

Verstehen Sie: GLÜCKLICH !

Seien Sie mutig. Lassen Sie sich nicht schon vorher von denjenigen abschrecken, die sowieso nichts anderes können als kreative Menschen zu beleidigen. Probieren Sie es. Vielleicht zuerst im Verborgenen. Und dann, wenn Sie etwas sicherer sind, zeigen Sie es jemandem, dem Sie vertrauen.

Falls Sie irgendwann in Ihrem Leben einmal den Gedanken hatten, „ach, das würde ich auch gern einmal versuchen“, dann ist dies ein richtiger Gedanke. Versuchen Sie es! Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, ist, dass Sie auch damit glücklich und zufrieden werden. Wäre das nicht wunderbar?

Möglicherweise werden Sie kein Goethe, Rembrandt oder Beethoven mehr. Aber vielleicht könnten Sie Ihr eigener Goethe, Rembrandt oder Beethoven werden.

In den Verein, in dem ich Kampfsport betreibe, kam eines Tages ein neuer Schüler. Nach dem Training sagte er erschöpft, aber sichtlich glücklich: „Ich bin jetzt Mitte dreißig – schade, dass ich erst jetzt zu dieser schönen Sportart gefunden habe.“ Darauf antwortete ein 15-Jähriger: „Sei doch froh, dass du jetzt schon hier hergekommen bist und nicht erst in 10 Jahren!“

Wagen Sie es – was immer „es“ auch sein mag! Lassen Sie Ihre Seele nicht in Angst vor Verletzungen erstarren. Bitte bereichern Sie die Welt mit Ihrer Kreativität und mit Ihrem Talent. Versuchen Sie es. Das schulden Sie sich selbst.

„Aus kleinem Anfang entspringen alle Dinge.“ (Marcus Tullius Cicero)

UND

„Mut steht am Anfang des Handeln; Glück am Ende.“ (Demokrit)

Ahoi

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