1. Europäischer Fankongress fand in London statt

Titelbild
Blick auf den Tagungsraum des 1. europäischen Fankongresses. (Steffen Andritzke/ETD)
Von 14. Juli 2008

Vom 5. bis zum 7. Juli fand in London der erste europäische Fankongress statt. Gastgeber dieser Veranstaltung war die Football Supporters Federation (FSF) und mehr als 270 Fanvertreter aus 28 verschiedenen Ländern Europas sowie aus Israel undAserbaijan kamen zu den Tagungen in das Stadion von Arsenal London.

Tagungspunkte waren in dem von der UEFA finanziell unterstützten Kongress unter anderem Themen wie: Polizeiarbeit und Repression gegenüber Fußballfans, Ticketing und Anti-Diskriminierung. Ein weiteres engagiert diskutiertes Thema war die Mitbestimmung von Fans in ihren Clubs, in deren Verlauf die Fanvertreter die nicht immer nur positiv gesehenen Übernahmen von Fußballvereinen durch Millionäre und Großindustrielle erörterten.

Die Epoch Times Deutschland sprach mit der Hauptorganisatorin des Kongresses, Daniela Wurbs.

ETD: Frau Wurbs, was war primär das Ziel dieses Kongresses?

Daniela Wurbs: Es gibt zwei Hauptzielsetzungen: zum einen basisorientierte Fußballfans aus so vielen Ländern wie möglich zusammen zu bringen, um einen gemeinsamen Austausch zu wichtigen Themen zu starten. Zum zweiten soll dieser Austausch die Initialzündung zur Gründung eines Netzwerkes für Fußballfans aus ganz Europa sein, oder eventuell sogar noch darüber hinaus gehen. Für mich hat sich der Kongress schon allein durch die Teilnehmerzahl und aufgrund der geographischen Vielfalt gelohnt. Eigentlich waren wir auch über unsere Erwartungen hinaus erfolgreich, denn mit 28 repräsentierten Nationen und 270 angemeldeten Teilnehmern können wir auf den ersten europäischen Kongress doch schon ganz stolz sein.

ETD: … Fans, die sich zu einem Netzwerk zusammenschließen um … ?

Daniela Wurbs: Unsere Überzeugung ist, und das zeigt ja auch die Erfahrung in den verschiedenen Ländern , dass überall dort, wo sich Fußballfans auf lokaler oder nationaler Ebene zusammenschließen, sie eine stärkere Stimme gegenüber den Fußballinstitutionen und allen anderen behördlichen oder organisatorischen Einrichtungen haben.

ETD: Stichwort Ticketing: Es scheint ja Probleme zu geben, dass die Fußballfans, die vor 20 Jahren ins Stadion gegangen sind und den Fußball groß gemacht haben, jetzt kaum noch Karten bekommen oder bezahlen können.

Daniela Wurbs: Es gibt tatsächlich Fußballfans, die nur noch selten ins Stadion gehen können, weil sie die Karten kaum noch bezahlen können, oder weil die Tickets von einem „Konsumpublikum”, das meistens finanzkräftiger ist als sie selbst, gekauft werden. Dazu kommt auch noch, dass ein Teil der Karten von Sponsoren aufgekauft werden. Eine andere Gruppe von Fans sind die Jugendlichen, die jetzt nachkommen und die auch keine Karten kaufen können, eben weil sie für die Jugend viel zu teuer sind. Das führt dann zum Beispiel in England dazu, dass das Durchschnittsalter der Fans in den englischen Stadien immer weiter nach oben steigt. Nach den letzten mir bekannten Studien liegt das Durchschnittsalter der Fans in England derzeit bei 43 Jahren und die Generation von 18 – 28 existiert nach meinen Beobachtungen in den Stadien Englands nahezu nicht mehr. Ein weiteres Problem ist, dass fast alles „versitzplatzt” wurde. Die Jüngeren halten sich aber lieber in den Stehplatzbereichen auf und das nicht nur wegen der Ticketpreise, sondern vor allem auch wegen der Atmosphäre. Diese Stehplatzbereiche machen ja auch viel von der Atmosphäre und der Fankultur in den Stadien aus, was letztendlich auch die Identifikation der Fans mit dem Verein prägt.

ETD: In Deutschland hat DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger davon gesprochen, dass der Fußball eine verbindende, integrierende Wirkung hat und auch einen nicht zu unterschätzenden sozialen Aspekt beinhaltet – das wäre dann ja nicht mehr gegeben, wenn die junge Generation aufgrund der hohen Preise ausgeschlossen ist.

Daniela Wurbs: Im Englischen heißt das so schön „inclusivness” – das bedeutet, dass so viele Schichten der Gesellschaft wie möglich mit eingeschlossen werden – und in den englischen Stadien, in den oberen Ligen, ist derzeit eine „inclusivness” definitiv kaum noch gegeben.

Es ist auch so, dass die Vereine, und da meine ich jetzt auch fast alle Vereine länderübergreifend, ganz klar durch Ticketpreise und Versitzplatzung signalisieren, dass sie die Fankultur, die die Fußballfans bisher gelebt haben, eigentlich gar nicht mehr haben wollen. Natürlich wollen diese Vereine auch ein bisschen Stimmung – aber das muss eben nicht notwendigerweise die Stimmung sein, die die Fans gerne hätten. Aber Fankultur ist ja nun auch einmal eine Jugendbewegung – vielleicht sogar auch ein Stück weit eine Protestbewegung.

ETD: Wie steht denn die UEFA der Gründung eines solchen Netzwerkes gegenüber, denn das könnte ja eines Tages eine ziemlich mächtige und einflussreiche Fanvertretung werden, die dann einige hunderttausend Fans vertritt?

Daniela Wurbs: Was die UEFA mit der Finanzierung dieses Kongresses hier zum Ausdruck gebracht hat – und das völlig ohne Bedingungen – ist, dass sie schon ganz gerne einen Ansprechpartner auf europäischer Ebene haben wollen. Ich glaube, dass die UEFA – und da haben wir auch schon klare Signale bekommen – ein großes Interesse daran hat sich auch mehr mit den Fans auseinander zu setzen. Das ist eine sehr interessante Entwicklung, die wir mit Staunen beobachten, die aber in Anbetracht der Entwicklung in den verschiedenen Ländern auf nationaler Ebene wiederum auch nicht verwunderlich ist. Auf nationalen Ebenen gibt es viele mächtige Verbände, wie z.B. den Deutschen Fußball Bund, die sich mehr und mehr den Fans annähern und die Fans mehr wertschätzen. Und gerade auch der deutsche Fußball ist in Europa für seine lebendige Fankultur und hohe Popularität bekannt.

ETD: Wie kam es dazu, den Kongress beim FC Arsenal in London zu machen?

Daniela Wurbs: Einer meiner Kollegen ist Mitglied beim „Supporters-Trust” von Arsenal London. Der hat beim Club angefragt und Arsenal hat die Räumlichkeiten dann kostenlos zur Verfügung gestellt. Ich nehme einmal an, dass Arsenal es auch nicht als das Allerschlechteste empfindet, sich als Veranstalter den ersten europäischen Fankongress auf die Fahnen schreiben zu können.

ETD: Wie sind Ihre Planungen mittel und langfristig – wird es solche Kongresse jetzt häufiger geben?

Daniela Wurbs: Das hängt von verschiedenen Faktoren ab: Einerseits von dem Willen der Fans und dem nachhaltigen Interesse zu einem Zusammenschluss europäischer Fans. Der zweite Faktor ist die Finanzierung von solchen Kongressen. Falls wir aus irgendwelchen Quellen Geld beziehen würden, müssen wir uns auch sehr genau anschauen, an welche Bedingungen das geknüpft ist, denn was uns am wichtigsten ist, ist nun einmal unsere Unabhängigkeit. Der dritte Faktor ist die Basisorientierung und die Kongresse sollen außerdem repräsentativ und demokratisch sein. Das alles stützt sich dann auf Werte wie Antirassismus und Ablehnung von allen anderen Diskriminierungsformen; die Förderung von positiven Fankulturen und der Ablehnung von Gewalt. Das ist für uns essentiell, dass alle Netzwerkteilnehmer diesen Prinzipien zustimmen und dann werden wir mal schauen, wohin sich das alles entwickelt.

ETD: Vielen Dank Frau Wurbs



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