Der Wagen rollt – Von Rudolf Baumbach

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Vorwärts die Rosse jagen, lustig schmettert das Horn.Foto: iStock

Der Wagen rollt

Hoch auf dem gelben Wagen

Sitz‘ ich bei’m Schwager vorn.
Vorwärts die Rosse jagen,
Lustig schmettert das Horn.
Berge und Wälder und Matten,
Wogendes Aehrengold. –
Möchte wohl ruhen im Schatten,
Aber der Wagen rollt.

Flöten hör‘ ich und Geigen,
Kräftiges Baßgebrumm;
Lustiges Volk im Reigen
Tanzt um die Linde herum,
Wirbelt wie Laub im Winde,
Jubelt und lacht und tollt. –
Bliebe so gern bei der Linde,
Aber der Wagen rollt.

Postillon an der Schenke
Füttert die Rosse im Flug;
Schäumendes Gerstengetränke
Bringt uns der Wirth im Krug.
Hinter den Fensterscheiben
Lacht ein Gesichtchen hold. –
Möchte so gern noch bleiben,
Aber der Wagen rollt.

Sitzt einmal ein Gerippe
Hoch auf dem Wagen vorn,
Trägt statt Peitsche die Hippe,
Stundenglas statt Horn –
Ruf‘ ich: „Ade ihr Lieben,
Die ihr noch bleiben wollt;
Gern wär‘ ich selbst noch geblieben,
Aber der Wagen rollt.“

Rudolf Baumbach (1840 – 1905)

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