Gebete in die Sonne – Von Elisabeth Janstein

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Sehend und wissend. Voll Offenbarung, Durchströmt von aller Kräfte Wirken.Foto: Stefan Sauer/dpa/dpa

Gebete in die Sonne

O daß ich plötzlich Stimme bekäme,

Die vor Kraft anschwillt, wie die Traube vor Wein.
Daß eine Macht das Eingeengtsein,
Die Grenzen aus meinem Blute nähme,
Daß alle wüßten: Ich bin groß
Und schleudere meinen Willen in Speichen
Zermalmenden Rades, daß alle bleichen
Gesichter noch tiefer erbleichten
Und fühlten: O Kraft ist grenzenlos . . .

Daß ich plötzlich alle Weisheit bekäme,
Weisheit der Blume, der Tiere, des Windes,
Daß ich unverbaut, mit eines Kindes
Augen die Dinge in mich nähme,
Nicht mehr umgürtet von harten Bezirken
In Dünsten schwelender, dunkler Erfahrung,
Sehend und wissend. Voll Offenbarung,
Durchströmt von aller Kräfte Wirken.

O daß ich plötzlich Worte fände
Von weinender Süße alter Geigen,
Worte, die sich voll Zartheit neigen,
Worte, die wie Fackeln und Brände
Dunkel zerreißen, Abend zerspalten,
Seelen aufstaunend verwandeln lassen,
Alle Geliebtheit, Trauer und Hassen
Durchscheinend wie Glas gegen Sonne halten –

O daß ich plötzlich Sinn bekäme . . .

Elisabeth Janstein  (1893 – 1944)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion