Hobellied – Von Ferdinand Raimund

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Da ist der allerärmste Mann dem Andern viel zu reich, das Schicksal setzt den Hobel an und hobelt alle gleich.Foto: iStock

Hobellied

Da streiten sich die Leut‘ herum

oft um den Wert des Glücks;
der Eine heißt den Andern dumm,
am End‘ weiß keiner nix.
Da ist der allerärmste Mann
dem Andern viel zu reich,
das Schicksal setzt den Hobel an
und hobelt alle gleich.

Die Jugend will halt stets mit G’walt
in allem glücklich sein;
doch wird man nur ein bisserl alt,
dann find’t man sich schon drein.
Oft zankt mein Weib mit mir, oh Graus,
das bringt mich nicht in Wut.
Da klopf‘ ich meinen Hobel aus
und denk‘: Du brummst mir gut!

Zeigt sich der Tod einst mit Verlaub
und zupft mich: »Brüderl, kumm!«,
da stell‘ ich mich am Anfang taub
und schau mich gar nicht um.
Doch sagt er: »Lieber Valentin,
mach‘ keine Umständ‘, geh!«,
dann leg‘ ich meinen Hobel hin
und sag‘ der Welt ade.

Repetition:
Ein Tischler, wenn sein War‘ gefällt,
hat manche frohe Stund‘,
das Glück ist doch nicht in der Welt
mit Reichtum bloß im Bund.
Seh‘ ich soviel zufried’nen Sinn,
da flieht mich alles Weh.
Da leg ich nicht den Hobel hin,
sag nicht der Kunst Adje!

Ferdinand Raimund   (1790 –  1836)
(eigentlich Ferdinand Jakob Raimann)

Aus dem Zaubermärchen „Der Verschwender“ (1834)

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