Geh aus mein Herz – Von Paul Gerhardt

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen.Foto: iStock
Epoch Times7. August 2018

Sommergesang

Geh aus, mein Herz, und suche Freud

In dieser lieben Sommerzeit

An deines Gottes Gaben;

Schau an der schönen Gärten Zier

Und siehe, wie sie mir und dir

Sich ausgeschmücket haben.

Die Bäume stehen voller Laub,

Das Erdreich decket seinen Staub

Mit einem grünen Kleide;

Narcissus und die Tulipan,

Die ziehen sich viel schöner an

Als Salomonis Seide.

Die Lerche schwingt sich in die Luft,

Das Täublein fleugt aus seiner Kluft

Und macht sich in die Wälder;

Die hochbegabte Nachtigall

Ergetzt und füllt mit ihrem Schall

Berg, Hügel, Tal und Felder.

Die Glucke führt ihr Völklein aus,

Der Storch baut und bewohnt sein Haus,

Das Schwälblein speist die Jungen;

Der schnelle Hirsch, das leichte Reh

Ist froh und kömmt aus seiner Höh

Ins tiefe Gras gesprungen.

Die Bächlein rauschen in dem Sand

Und malen sich und ihren Rand

Mit schattenreichen Myrten;

Die Wiesen liegen hart dabei

Und klingen ganz vom Lustgeschrei

Der Schaf und ihrer Hirten.

Die unverdroßne Bienenschar

Fleucht hin und her, sucht hie und dar

Ihr edle Honigspeise.

Des süßen Weinstocks starker Saft

Bringt täglich neue Stärk und Kraft

In seinem schwachen Reise.

Der Weizen wächset mit Gewalt,

Darüber jauchzet jung und alt

Und rühmt die große Güte

Des, der so überflüssig labt

Und mit so manchem Gut begabt

Das menschliche Gemüte.

Ich selbsten kann und mag nicht ruhn;

Des großen Gottes großes Tun

Erweckt mir alle Sinnen;

Ich singe mit, wenn alles singt,

Und lasse, was dem Höchsten klingt,

Aus meinem Herzen rinnen.

Paul Gerhardt  (1607  –  1676 )

https://www.youtube.com/watch?v=_o9AVbgqkgE



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