Verkehrte Welt: Dunkel war’s der Mond schien helle, schneebedeckt die grüne Flur …

Kaum ein deutsches Gedicht ist so widersprüchlich wie "Verkehrte Welt". In dieser Welt ist nichts, wie es scheint und auch der Autor ist unklar. Es stammt vermutlich weder von Christian Morgenstern, noch von Joachim Ringelnatz, James Krüss, Lewis Carroll oder Johann Wolfgang von Goethe - obwohl Letzterer explizit in einer Strophe erwähnt wird.
Titelbild
Verkehrte Welt - nicht von Morgenstern, nicht von Ringelnatz und auch nicht von Goethe.Foto: iStock
Epoch Times27. November 2019

Verkehrte Welt

Fünf Minuten vor Erschaffung der Welt, als das Wasser der Elbe an der Ostsee brannte, zog man einen Toten lebendig aus dem Unterholz, der war stumm und sprach:

Dunkel war’s der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur
als ein Wagen blitzeschnelle,
langsam durch die Elbe fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschoss’ner Hase,
auf der Sandbank Schlittschuh lief.

Auf einer grünen Bank,
die blau angestrichen war,
saß ein blondgelockter Jüngling
mit kohlrabenschwarzem Haar.

Neben ihm ’ne alte Schrulle,
zählte kaum erst 17 Jahr,
In der Hand ’ne Butterstulle,
die mit Schmalz bestrichen war.

Und der Wagen fuhr im Trabe,
rückwärts einen Berg hinauf.
Droben zog ein alter Rabe
grade eine Turmuhr auf.

Daneb’n auf dem Apfelbaume,
der sehr süße Birnen trug,
hing des Frühlings letzte Pflaume
und an Nüssen noch genug.

Ringsumher herrscht tiefes Schweigen
und mit fürchterlichem Krach,
spielen in des Grases Zweigen
zwei Kamele lautlos Schach.

Und zwei Fische liefen munter,
durch das Blaue Kornfeld hin.
Endlich ging die Sonne unter
und der graue Tag erschien.

Von der regennassen Straße
wirbelte der Staub empor
und der Junge bei der Hitze
mächtig an den Ohren fror.

Beide Hände in den Taschen
hielt er sich die Augen zu.
Denn er konnte nicht ertragen,
wie nach Veilchen roch die Kuh.

Holder Engel, süßer Bengel,
furchtbar liebes Trampeltier.
Augen hast du wie Sardellen,
alle Ochsen schmeicheln Dir.

Mein Herz schlägt wie ein Pferdefuß
Initten meiner linken Wade,
Nun sei gerührt wie Apfelmus,
Und flüssig zäh wie die Pomade.

Jene traurige Geschichte
war so lustig wie noch nie,
deshalb heißt’s auf Wiedersehen,
bleibe bei mir, oh Marie!

Dies Gedicht von Wolfgang Goethe
schrieb Schiller in der Abendröte
als er seine Morgenzeitung las
und liegend auf dem Nachttopf saß.



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