Zu ungewöhnlich: Forscher entdecken „vergessenes“ Protein mit großer Bedeutung

Wissenschaftler aus Bremen entdeckten ein Protein, das eine bedeutende Rolle im Stickstoffkreislauf der Erde spielt. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Struktur wurde es lange Zeit übersehen.
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Einer der Bioreaktoren, mit denen Kartal und sein Team Zellen von K. stuttgartiensis im Labor wachsen ließen. Anammox-Bakterien sind mit hämhaltigen Proteinen vollgepackt. Dazu gehören auch die Enzyme, die wichtige Reaktionen des Anammox-Prozesses durchführen und die Zellen auffällig rot färben.Foto: Boran Kartal
Epoch Times5. Dezember 2019

Stickstoff ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Er wird zum Beispiel für die Herstellung von Proteinen benötigt. Boran Kartal, Leiter der Forschungsgruppe Mikrobielle Physiologie am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen, untersucht Mikroorganismen, die die Verfügbarkeit dieser lebenswichtigen Ressource für Pflanzen und Tiere beeinflussen.

Ein besonders spannender Teil des Stickstoff-Kreislaufs ist dabei der sogenannte Anammox-Prozess. Anammox ist eine Abkürzung und bedeutet anaerobe Ammoniumoxidation. Durch diesen Prozess werden Nitrit oder Stickoxid und Ammonium direkt in molekularen Stickstoff (N2) umgewandelt. Im Gegensatz zu Stickoxiden birgt molekularer Stickstoff kein Klimapotential.

Kartal und seine Kollegen haben jetzt ein Protein entdeckt, das am Anammox-Prozess beteiligt ist und das einige Überraschungen birgt. Ihre Ergebnisse erscheinen in der Novemberausgabe des Journal of Biological Chemistry.

Zu ungewöhnlich, um entdeckt zu werden

Dieses neu entdeckte Protein ist ein Zytochrom, das Häm enthält. Es ist an der Umwandlung von Ammonium und Stickoxid in Hydrazin beteiligt.

„Häm-Proteine sind generell sehr wichtig für unser Leben, beispielsweise das Hämoglobin in unserem Blut, das Sauerstoff transportiert. Häm-Strukturen gleichen zumeist einem Spinnennetz mit einem Eisen-Atom als Mittelpunkt. Ein Blick auf den Stammbaum des Lebens zeigt, dass dieses Spinnennetz eigentlich immer mit einer Struktur aus fünf Aminosäuren an den Rest des Proteins gebunden ist“, erläutert Kartal in einer Pressemitteilung.

„Doch überraschenderweise gilt das nicht für das Protein, das wir entdeckt haben. Dieses hat nämlich eine sehr ungewöhnliche Struktur: Es formt dieses Muster mit nur vier Aminosäuren und wurde deshalb bisher übersehen.“

Das neu entdeckte Protein steht im Mittelpunkt des sehr spannenden und bedeutsamen Anammox-Prozesses. Die hieran beteiligten Bakterien wandeln Nitrit oder Stickoxid (NO) und Ammonium in unschädlichen, elementaren Stickstoff (N2) um, wie Kartal kürzlich zeigte.

Damit unterscheiden sie sich klar von einer Vielzahl anderer Mikroorganismen, die aus NO stattdessen Lachgas (N2O) produzieren. Anammox-Bakterien reduzieren folglich die Menge an verfügbarem Stickoxid für die Lachgas-Produktion und verringern die Menge an freigesetzten Treibhausgasen.

Ein überraschend gewöhnliches Muster

In Anbetracht dieser Relevanz gingen Kartal und seine Kollegen einen Schritt weiter: Sie durchforsteten Datenbanken, um herauszufinden, wie verbreitet Proteine mit dieser neu entdeckten Struktur in der Natur sind.

„Dieses Muster kommt bemerkenswert oft vor“, sagt Kartal. Proteine mit der Vier-Aminosäure-Struktur gibt es in vielen unterschiedlichen Mikroorganismen quer durch die Welt der Bakterien und der Archaea. „Wir haben es in vielen verschiedenen mikrobiellen Gruppen gefunden, etwa bei Bakterien, die sich von Methan ernähren, und bei solchen, die Metalle abbauen“, so Kartal weiter.

Das ganze Potenzial von Proteinen mit der Vier-Aminosäure-Struktur ist jedoch noch nicht erforscht. „In Anammox-Bakterien steckt es in einem Protein, das Elektronen hin- und herbewegt“, sagt Kartal. „In anderen Organismen verleiht es dem Protein, in das es eingebunden ist, möglicherweise ganz besondere Eigenschaften. Dies ist auf jeden Fall ein sehr spannender Ansatz für die weitere Forschung.“ (MPI/ts)



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