Städteflucht: Immer mehr Menschen ziehen ins Umland

Es gibt die höchste Suburbanisierung seit den 90ern, dennoch leben immer mehr Menschen in Großstädten. Das liegt vor allem an internationaler Migration.
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Großstädte werden unattraktiv. Ruhe und niedrige Mietkosten ziehen Menschen ins städtische Umland.Foto: iStock/DaLiu
Von 8. Dezember 2022

Mehr Menschen bleiben in kleineren Städten und ländlichen Regionen, weniger Menschen ziehen vom Land in die Großstadt. 2021 zogen mehr als 100.000 Einwohner aus Großstädten weg – damit ist Abwanderung aufs Umland (Suburbanisierung) so hoch wie zuletzt 1994. Das zeigen neue Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes.

„Die Ergebnisse belegen einen anhaltenden und verstärkten Trend zur Suburbanisierung in Deutschland“, heißt es in der Pressemitteilung. Für 2020 seien die Bevölkerungsverluste vor allem mit der sinkenden Mobilität während der Pandemie zu begründen. Auch 2021 sei ein deutlicher Anstieg der Fortzüge aus Großstädten zu erkennen. Und: Vor allem jüngere Menschen bleiben in kleineren Städten und ländlichen Regionen. Die Folge ist, dass Land und Kleinstädte an Bevölkerung gewinnen.

Familien ziehen ins Umland

Die Auswertung des BiB zeigt, dass seit 2010 eine anhaltende Suburbanisierung zu verzeichnen ist.

Besonders bei Familien lasse sich eine Suburbanisierung erkennen. Im Vergleich zu 2019 zogen 2021 vor allem 30- bis 49-Jährige (plus 3,7 Prozent) und Minderjährige (plus 8,9 Prozent) aus den Großstädten weg. Das Umzugsverhalten von 18- bis 29-Jährigen bleibe weiterhin auf niedrigem Niveau.

Der Trend der Wanderungsverluste lässt sich allerdings nicht erst seit Corona erkennen. Seit 2014 ist ein zunehmender Wanderungsverlust der Städte zu beobachten. Die Pandemie hat den Trend zur Stadtflucht lediglich verstärkt. Tamilwai Kolowa vom BiB erklärt diesbezüglich: „Die Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Suburbanisierung von Familien, die wir schon vor der Pandemie beobachtet haben, in 2021 weiter verstärkt hat.“

Der Binnenwanderungssaldo gibt das Verhältnis an, wie viele Menschen in Deutschland von einer Region in eine Region ziehen oder aus einer Region wegziehen. Verlassen mehr Menschen die Region als hinzukommen, ist der Binnenwanderungssaldo negativ. 2019 war der Binnenwanderungssaldo noch über -60.000, zwei Jahre später zogen mehr als 120.000 Menschen aus kreisfreien Großstädten ins Umland.

2014 war seit langer Zeit das erste Jahr mit einem negativen Binnenwanderungssaldo. Die Suburbanisierung ist allerdings nichts Neues: In den 90ern bis in die Jahrtausendwende war der Binnenwanderungssaldo stets negativ, teilweise sogar höher als 2020.

Hohe Wohnkosten und Wohnungsknappheit in Städten

Veränderte Wohnpräferenzen, Wohnungsknappheit und anhaltend hohe Wohnungspreise in Großstädten seien laut BiB mögliche Gründe für die zunehmende Suburbanisierung. „Immer mehr Menschen sind bereit, längere Fahrzeiten in die Städte auf sich zu nehmen – auch Landkreise in einer Entfernung von einer Stunde und mehr profitieren von der Wanderung“, sagt der Geschäftsführer von der Datenanalysefirma Empirical Regio Jan Grade.

Trotz Suburbanisierung: Städte schrumpfen nicht

Ein hoher Binnenwanderungssaldo bedeutet nicht automatisch, dass die Großstädte schrumpfen. In Berlin, Hamburg und München ist seit 1960, abgesehen von kleinen Schwankungen, ein Bevölkerungswachstum zu erkennen.

Das liegt vor allem daran, dass bei den Zahlen des Binnenwanderungssaldos sowohl Zuzüge aus dem Ausland, also internationale Migration, als auch die Entwicklung von Geburten und Sterbefällen nicht berücksichtigt werden. Der Binnenwanderungssaldo alleine ermöglicht also keine Rückschlüsse über die Bevölkerungsentwicklung in Städten.

Bei der internationalen Zuwanderung etwa liegen laut „Tagesspiegel“ Berlin und Hamburg vorne.

Die Folge ist, dass beispielsweise die Hauptstadt 2021 weiter wuchs, obwohl viele Menschen ins Umland abwanderten. Mit den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine dürfte sich dieser Trend weiter verstärken.



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