Corona-Tests: Gegenwind für Lauterbach – RKI patzt bei Intensivbetten-Prognose

Der Druck auf Minister Lauterbach, alle noch vorhandenen Corona-Maßnahmen zu beenden, steigt. Selbst beim RKI werden die Prognosen immer ungenauer.
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Möglichkeit zu kostenlosem Bürgertest auf COVID-19. Gegen deren weitere ausschließliche Finanzierung, wie sie Minister Lauterbach fordert, regt sich Widerstand.Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Von 18. November 2022

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Die Entwicklung der Corona-Daten und eine auffallend unpräzise Prognose des Robert Koch-Instituts (RKI) setzen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zunehmend unter Druck. Politiker der FDP drängen auf ein Ende der Kostenübernahme für Schnelltests. Der bekannte Virologe Klaus Stöhr mahnt dazu, mit Blick auf COVID-19 allein zu Normalität und Eigenverantwortung zurückzukehren.

Berechnungsmodell des RKI nicht mehr treffsicher?

Wie die „Welt“ berichtet, hat das RKI am Donnerstag, 17. November, für die Vorwoche einen bundesweiten 7-Tages-Schnitt von 27.587 Corona-Infektionen gemeldet. Das seien 18 Prozent weniger als in der Woche zuvor. Die 7-Tages-Hospitalisierungsinzidenz sinkt von 199 auf 194. Der Trend zeigt sich flächendeckend – bis auf einen leichten Anstieg in Hamburg und Sachsen. Dort seien jedoch infolge einer vorangegangenen Meldepanne Nachmeldungen erforderlich gewesen.

Die Zahl der Patienten in Intensivbetreuung sinkt weiter. Bundesweit mussten zuletzt 953 Personen coronabedingt diese in Anspruch nehmen, was erstmals seit dem 2. Oktober einen Wert unter 1.000 bedeute. Die auf COVID-19 zurückzuführende Belegung von Intensivbetten liege um 20 Prozent unter jener der Woche zuvor. Gegenüber der Zeit vor einem Jahr ist sie sogar um 72 Prozent niedriger.

Die Daten deuten jedoch an, dass das 20-Tages-Prognosemodell des RKI an seine Grenzen stößt. Vor vier Wochen ging dieses von einem deutlichen Anstieg der coronabedingten Intensivpatienten aus. Vor zwei Wochen korrigierte das RKI die Vorhersage auf eine stagnierende Entwicklung. Tatsächlich fiel die Belegung nun 14 Tage später auf unter 1.000. Dieser Rückgang lag sogar jenseits des sogenannten 95-Prozent-Prognoseintervalls.

Stöhr gegen Lauterbachs Forderung nach Beibehalten der Maskenpflicht im ÖPNV

Ein Ende des Abwärtstrends zeichnet sich nicht ab. Dies veranlasst auch den bekannten Virologen Klaus Stöhr im „Welt“-Interview dazu, auf ein Ende noch verbliebener Corona-Maßnahmen zu drängen. Diesbezüglich sprach er insbesondere die noch bestehende Maskenpflicht im ÖPNV und in Fernzügen an. Minister Lauterbach hatte sich jüngst vehement dafür ausgesprochen, diese beizubehalten und Empfehlungen zum Tragen der Maske in Innenräumen auszuweiten.

Stöhr hingegen bezeichnet die Maßnahme als nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig. Vor allem habe sich bereits jetzt contra legem eine Praxis ausgebildet, wonach maximal die Hälfte der Fahrgäste die Maske ordnungsgemäß anlege. Die anderen trügen sie entweder unsachgemäß oder gar nicht mehr.

Der Virologe betonte außerdem, dass mittlerweile mehr Menschen wegen Influenza oder Parainfluenza hospitalisiert seien als wegen COVID-19. Es sei eine Realität, dass jeder Bürger im Schnitt zwischen vier- und sechsmal pro Jahr Gefahr laufe, eine Atemwegsinfektion zu erleiden. Bei Kindern sei dies noch häufiger der Fall.

Angesichts von 200 unterschiedlichen potenziellen Erregern von Atemwegserkrankungen sei Normalität auch im Umgang mit Corona geboten. Das bedeute, dass jeder, der sich krank fühle, nicht zur Arbeit gehe – wie bei anderen Erkrankungen auch. Ein Paradigmenwechsel zur Infektionsverhütung um jeden Preis würde gerade bei Kindern Infektionen lediglich verschieben.

Lauterbach will Kosten für Schnelltests noch bis April übernehmen

Gegenwind für Lauterbach gibt es auch bezüglich der Kostenübernahme des Bundes für Corona-Schnelltests. Der Minister will diese über den Winter beibehalten, zumindest bis April. Dies schreibt die „Welt“ unter Berufung auf einen Referentenentwurf.

Die Vergütung soll demnach zwar von 9,50 Euro pro Test auf nur noch acht Euro sinken, dennoch sei mit Kosten in der Höhe eines „niedrigen einstelligen Milliardenbetrags“ für die Maßnahme zu rechnen. Die geltende Testverordnung läuft Ende nächste Woche ab. Lauterbach will die Übernahmepraxis wegen des „anhaltenden Infektionsgeschehens durch die Omikron-Linie BA.5“ und der Verbreitung „neuer Sublinien“ verlängern.

Der Bund übernimmt seit Juni die Kosten für Tests teilweise oder gänzlich, wenn diese mit bestimmten Ereignissen in Verbindung stehen. Dazu gehören Krankenhausbesuche, Treffen mit Menschen über 60 Jahren oder die Teilnahme an Veranstaltungen in Innenräumen.

SPD und Grüne halten Bürgertests im Winter für unverzichtbar

FDP-Politiker Karsten Klein will sich als Vorsitzender des Haushaltsausschusses für ein Ende der Bundesförderung einsetzen. Länder und Kommunen sollten entscheiden, ob sie eigene Maßnahmen dieser Art beschließen wollen. Diese sollten sie allerdings selbst finanzieren.

Die Tests standen häufig in der Kritik. Der Bundesrechnungshof bemängelte eine fehlende Überprüfung der Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit, zudem sollten die Länder die Tests mitfinanzieren. Auch der Haushaltsausschuss des Bundestages forderte im Frühjahr mehr Kostendisziplin und ein Aufteilen der Finanzierung. Zudem gebe es Mängel bei der Kontrolle des Einsatzes der Mittel – mehrfach war es zu Abrechnungsbetrug im Zusammenhang mit Tests gekommen.

Die Grünen signalisieren Lauterbach hingegen Unterstützung. Ihre Vize-Fraktionschefin Maria Klein-Schmeink bezeichnete die Bürgertests als „relativ niedrigschwellige“ Maßnahme, die helfe, „gut über den Winter zu kommen“. SPD-Gesundheitssprecherin Heike Baehrens hält die Tests für ein „unverzichtbares Instrument“ zum Schutz vulnerabler Gruppen.



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