Schneller, höher, weiter – raus aus der Stressfalle

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Immer wieder den Geist zu entspannen, hilft Streß zu reduzieren.Foto: Tauseef Mustafa/AFP/Getty Images
Von 14. Februar 2016

Wer kennt das nicht: Die tägliche Aufgabenliste wird länger und länger, Anforderungen von Kunden und Vorgesetzten schlagen wie eine Woge über einem zusammen und rauben auch den letzten Funken Hoffnung auf etwas Übersicht. Nichts scheint wirklich zu passen und am Ende des Tages stellt man sich die Frage: „Was habe ich eigentlich heute den ganzen Tag getan und vor allem: Wozu mache ich das überhaupt"?

Urheber des Wortes Stress ist der Mediziner Hans Selye, der es im Jahr 1936 erstmals in einer wissenschaftlichen Arbeit verwendete. Schon unsere frühesten Vorfahren erlebten Stress im täglichen „Überlebenskampf", doch haben sich Form und Auswirkungen in unserer heutigen Gesellschaft völlig gewandelt.

Was ursprünglich als überlebenswichtige Körperfunktion gedacht war, entwickelt sich mehr und mehr zur „Volkskrankheit" mit gravierenden Folgen für Psyche und Körper. Burnout und Erschöpfungszustände durch dauerhafte Überlastung sind nicht nur gesellschaftsfähig geworden und verkörpern den Inbegriff unserer Leistungsgesellschaft. Die Japaner haben hierfür eigens einen Begriff geprägt: „Karoshi", „Tod durch Überarbeitung".

Stress ist eine rein subjektive Empfindung, mit der Menschen auf einen Gedanken oder auf äußerliche Ereignisse wie etwa unangenehme oder bedrohliche Situationen reagieren. Die gleiche Begebenheit kann von zwei Personen somit völlig unterschiedlich wahrgenommen werden. Die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Cortisol versetzt den Körper in einen Zustand starker Erregung, die eine höhere physische Leistungsbereitschaft gewährleistet: Der Puls steigt und die erhöhte Atemfrequenz versorgt den Körper mit mehr Sauerstoff. Die Muskeln spannen sich an, der Abbau von Fetten und Eiweißen stellt zusätzliche Energie bereit und alle Sinne werden auf höchste Bereitschaft ausgerichtet. Die typische Reaktion unserer Vorfahren in solch einer Situation war entweder Kampf oder Flucht. In beiden Fällen kam es im Nachgang zu einem natürlichen Abbau der Stresshormone im Blut. Was aber passiert bei Stress am Arbeitsplatz oder im Straßenverkehr?

Denn in den meisten Fällen kommt es weder zum Kampf noch zur Flucht. Um dennoch entspannen zu können, muss unser Körper die freigesetzten Hormone im physischen Ruhezustand abbauen. Die Realität sieht jedoch meist anders aus. Permanente Reizeinwirkungen führen zu einer fortlaufenden Alarmbereitschaft des Körpers, der den Abbau der Stresshormone nicht mehr zu bewältigen vermag.

Erschöpfung, Müdigkeit, Verspannungen, Kopfschmerzen und Antriebslosigkeit können Folgen einer dauerhaften Stressüberlastung sein. Bleibt der dringend erforderliche Ausgleich durch körperliche Betätigung oder völlige mentale Entspannung aus, gerät der Betroffene in eine teuflische Stressfalle: Durch die abnehmende  Leistungsfähigkeit benötigen die Betroffenen mehr Zeit, um ihre Aufgaben zu bewältigen und sind frustriert, wenn sie den Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, in der Freizeit Abstand vom Arbeitsalltag zu gewinnen und einen notwendigen Ausgleich herzustellen. Kommen Zeitdruck, unausgewogene Ernährung und mangelnde Bewegung hinzu, lassen überschüssige Pfunde nicht lange auf sich warten.

Es ist daher kein Wunder, dass immer mehr Menschen lediglich auf das Wochenende oder den anstehenden Urlaub hin arbeiten, um dann endlich „richtig" zu leben. Doch was passiert in der verbleibenden „Lebenszeit" und wie kann man diese mit mehr Freude und Wohlbefinden füllen?

Nicht jeder kann sich für Entspannungstechniken wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Sport begeistern. Oftmals reichen schon kurze Spaziergänge, eine Massage, ein Saunabesuch oder ein gemütliches Abendessen in netter Gesellschaft aus, um für Ausgleich zu sorgen und Stress entgegen zu wirken. Doch Vorsicht:  Denn Stressfaktoren lauern auch im privaten Umfeld, so dass es sinnvoll ist, auch deren Ursachen auf den Grund zu gehen.

Schließlich würde kein normaler Mensch einen Sichtschutz über eine blinkende Warnleuchte kleben, ohne nach der Ursache zu forschen oder eine Werkstatt aufzusuchen.

Zwar machen sich die Warnzeichen unseres Körpers nicht mit einem leuchtenden Birnchen bemerkbar, doch sind sie für uns alle gut wahrnehmbar, wenn wir nur genau hinschauen. Unser „Sichtschutz" zeigt sich in unterschiedlichster Form wie beispielsweise „Konsumrausch" oder Missbrauch von Tabletten und Alkohol.

Nicht jeder, der viel arbeitet, hat auch viel Stress und umgekehrt. Das belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien. Entscheidend ist demnach vielfach nicht die Menge, sondern die Art des Stresses. So tanken viele Menschen, die Ihre „Berufung" im Arbeitsleben gefunden haben, jeden Tag neue Energie auf und fühlen sich wohl und ausgeglichen. Vor diesem Hintergrund könnte es lohnenswert sein, einmal über persönliche Werte, Lebensziele, Prioritäten und die eigene Lebensgestaltung nachzudenken. Manchen gelingt das von selbst, andere wiederum benötigen hierfür eine sanfte Hilfestellung. Mitunter bedarf es auch erst einer Lebenskrise oder eines tiefgreifenden Erlebnisses – doch sollte man es möglichst gar nicht so weit kommen lassen. Jeder Tag bietet Gelegenheit, über persönliche Einstellungen nachzudenken und die eigene Lebensweise zu ändern. Um es mit Buddhas Worten auszudrücken: „Es gibt nur eine Zeit, in der es wesentlich ist aufzuwachen. Diese Zeit ist jetzt".



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