Wegdenken ist nicht fortgedacht

Von 6. Dezember 2010

Männer leben im Schnitt gesehen 4,5 bis 5 Jahre kürzer als Frauen und sind beim Auftreten von geschlechtsunspezifisch geltenden Krankheiten wie Herz-Kreislauf- oder Lebererkrankungen deutlich benachteiligt. Dennoch gehen sie seltener zu Ärzten. Es wird vermutet, dass ein großer Teil dieses Ungleichgewichtes vom Lebensstil abhängig ist. In der Tat hat man bei Männern, die in einer speziellen Kultur einen harmonischeren Lebensstil gewählt haben, eine ähnliche Lebenserwartung gefunden wie bei Frauen.

Es ist ein Trend, dessen Begründung man auch in der Geschichte finden kann, dass Männer im Durchschnitt gesehen, gerne glauben, dass sie bei bester Gesundheit wären. Eine aktuelle Studie allerdings hat ergeben, dass sich kranke Männer überdurchschnittlich oft kerngesund fühlen. Deutschlands Männer sind einer Pilotstudie zufolge kränker, als sie es sich selbst eingestehen. Der mutmaßliche Grund hierfür, der in der Studie genannt wird, ist, dass sie sich in gewissem Sinne das eigene Leben schwer machen. Mangelndes Gesundheitsbewusstsein und Vorsorge, sowie ein schlechter Lebensstil werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Männer im Durchschnitt eine kürzere Lebenserwartung haben als Frauen.

Wer kümmert sich um das Gesundheitsbewusstsein?

Das etablierte Bild von einem Familienvater scheint zu besagen, dass ein Mann einfach zu funktionieren hat, hart arbeitet, um die Familie mit Geld und den äußeren Rahmenbedingungen für die Kinder und das Familienleben zu versorgen, während die Frauen vom traditionellen Bild her gesehen, sich um das Wohlergehen der Familie innerhalb dieser Rahmenbedingungen kümmern. Zum einen geschieht dies, indem sie die Mehrzahl der Haushaltsaufgaben übernehmen, aber andererseits haben sie auch ein Auge für die Gefühle und die Befindlichkeiten der Familienmitglieder und dadurch die Möglichkeit, kompetent und effektiv Maßnahmen zu ergreifen.

Es ist erwiesen, dass die emotionale Kompetenz und das Einfühlungsvermögen Stärken der Frau sind. Wenn in einer Familie diese Aufgabenverteilung beispielsweise funktionieren würde und der Mann mit dem Großteil seiner Zeit die Rahmenbedingungen und das Geld für die Familie sichern würde, und dafür die Frau den Großteil ihrer Zeit dem Wohlergehen der Familie widmen und sich fürsorglich um die Gesundheit der Familienmitgliedern kümmern würde, wäre in diesem Beispiel eine Atmosphäre der Harmonie erreicht und man würde nicht in Gefahr eines vernachlässigten Gesundheitsbewusstseins laufen.

Die untentbehrliche Rolle der Familienfürsorge

In diesem Beispiel wären zwar die materiellen Rahmenbedingungen gesichert, doch es wird einfach nicht funktionieren, wenn die Aufgabe, die Fürsorge zu gewährleisten, immer unbesetzt bleibt. Eine solche Situation wird unweigerlich zur Unzufriedenheit, zu einem Gefühl des Unerfülltseins und zu körperlichen wie seelischen Krankheiten führen.

Ähnliches gilt für den Fall, wenn sich in diesem Beispiel die Frau als „modernisierte Familienfrau“ sieht und mehr die Unabhängigkeit und das Selbstständigsein, das Hinzuverdienen von Geld im Kopf hat und sich auf eigene Faust von ihren traditionellen Aufgaben, der Fürsorge und des Wohlergehens der Familienmitglieder löst – eine Funktion, die für die Zufriedenheit aller Familienmitglieder zweifelsohne von äußerster Wichtigkeit ist.

Fehlende Wahrnehmung für körperliches und seelisches Befinden

Im heutigen Zeitalter von Singlehaushalten, alleinerziehenden Müttern und geschiedenen Familien, in der diese Rollenverteilung nicht mehr funktioniert, füllen die Männer weiterhin mit einem Teil ihrer Zeit die Funktion aus, Geld zu verdienen und günstige äußere Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Aufgabe, sich um das Gesundheitsbewusstsein und die Fürsorge zu kümmern, fällt dabei jedoch ins Leere. Laut der Studie verdrängen Männer ihre körperlichen und seelischen Beschwerden und suchen sich viel zu selten Hilfe: Das ist das Ergebnis des Ersten Deutschen Berichts zur Männergesundheit, den die Stiftung Männergesundheit und die Gesellschaft für Mann und Gesundheit in Berlin vorgestellt haben. „Männer haben heute eine fünf Jahre geringere Lebenserwartung als Frauen. Aber viereinhalb Jahre davon sind durch soziokulturelle Faktoren wie sitzende Tätigkeit, Stress, Essen als Übersprungshandlung bestimmt“, sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) bei der Präsentation des Berichts.

In der aktuellen Situation lässt sich de facto ein fehlendes Bewusstsein und eine unreife Vorstellung bei zahlreichen Männern genauso wie bei Frauen finden, wenn es darum geht, auch die richtige Fürsorge und das Gesundheitsbewusstsein im Leben zu verwirklichen. Diese fehlende Wahrnehmung für die Verantwortung, Wichtigkeit und Schwierigkeit dieser Aufgabe zieht sich dabei durch die gesamte aktuelle Gesellschaft. Insbesondere wenn die Wahrnehmung für diesen Aspekt bei den Eltern in einer Familie fehlt, haben es die Kinder sehr schwer, entgegen der Auffassung der eigenen Eltern dennoch ein Bewusstsein und Klarheit über diese Aufgabe zu gewinnen, diese Mängel können sich dann in den, auch im Männergesundheitsbericht diskutierten Misszuständen, widerspiegeln.

Äußere Faktoren hierfür sind sicherlich auch die ständig höher werdende Arbeitslast, Leistungserwartung und psychischer Druck, der die Männer am Arbeitsplatz belastet und nicht selten bis zu einem gewissen Grad erdrückt. Ebenso hat sich die allgemeine gesellschaftliche Erwartungshaltung verändert und wenn sich eine Frau wirklich nur als „Hausfrau“ um diese Fürsorge und die Familie kümmert, wird sie nicht unbedingt so sehr anerkannt wie beispielsweise jemand, der eine große Karriere erreicht hat – obwohl diese Funktion der Fürsorge zweifelsohne sehr wichtig ist und objektiv betrachtet genauso unentbehrlich ist, wie die Funktion eines erfolgreichen Berufslebens.

Gesundheitseinbußen bei einseitig männlichem Lebensstil

Die Folgen eines nicht ausgeglichenen Lebensstil schlagen sich pfundsschwer in roten Zahlen nieder: Nicht nur bei tödlich endenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt das vermeintlich starke Geschlecht weit vorn: Das Risiko ist für Männer doppelt bis viermal so hoch wie für Frauen, für einen tödlichen Herzinfarkt liegt es um 2,4-mal höher. Auch an der Raucherkrankheit Lungenkrebs sterben 2,5-mal so viele Männer wie Frauen. Alkoholmissbrauch mitsamt allen körperlichen und psychischen Folgen ist ebenfalls eine männliche Domäne: Das Verhältnis von Männern zu Frauen liegt bei fünf zu eins. Diabetes, Gicht, Fettleibigkeit und Bluthochdruck schließen sich an.

Aber auch seelisch geht es vielen Männern schlecht. „Entgegen allgemeiner Auffassungen leiden Männer nicht seltener an psychischen Störungen als Frauen, sie weisen nur andere Erkrankungsbilder auf“, sagte Anne Maria Möller-Leimkühler von der Klinik für Psychiatrie an der Universität München. Alkohol, Drogen, antisoziale Persönlichkeitsstörungen und Selbstmorde nennt sie als typisch männliche Muster. Vor allem bei den jüngeren Männern sei auch ein Zuwachs an Depressionen zu verzeichnen.

Gesellschaftliche Sicht auf die Männer muss sich ändern

„Moderne Familienpolitik funktioniert nicht ohne die Männer“, sagte Familienministerin Schröder zu diesem Thema. Es ist erforderlich, dass die Funktion der Fürsorge und des Gesundheitsbewusstseins einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft erlangt. Teilaspekte dessen sind auch, dass die Funktion, sich um die Familie zu kümmern, als viel höher und wertvoller eingeschätzt werden, da diese Werte keineswegs mit natürlicher Selbstverständlichkeit immer erfüllt und gegeben sind, sondern einen wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens ausmachen.



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