Neue Studie zu Antidepressiva: Bei Teenagern wirkungslos bis gefährlich

Antidepressiva bringen Kindern und Jugendlichen „wahrscheinlich keinen klaren Vorteil“. So das Ergebnis einer groß angelegte Metastudie aus Oxford, die in „The Lancet“ veröffentlicht wurde.
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Sechs Prozent der Teenager sind depressiv. Das sind die offiziellen Zahlen.Foto: Christopher Furlong/Getty Images
Epoch Times8. Juni 2016

Bei zwei bis vier Prozent der Grundschüler stellen Fachärzte eine depressive Verstimmung von mehreren Wochen oder Monaten fest, bei Jugendlichen sind es 14 Prozent, fast so viel wie bei Erwachsenen mit 20 Prozent, so “Die Welt”.

Erwachsenen gibt man Antidepressiva. Doch bei Kindern und Jugendlichen sind die vermeintlichen Stimmungsaufheller seit Jahren umstritten. Es traten sogar  Fälle auf, in denen die Minderjährigen an Suizid dachten oder ihn versuchten, nachdem sie die Medikamente genommen hatten.

Antidepressiva bei Teenagern wirkungslos

Weil wenig Klarheit in Bezug auf die Medikation mit Antidepressiva herrscht, weitete ein Forscherteam um Andrea Cipriani von der Universität Oxford den Blickwinkel aus. Sie bildeten sich auf der Grundlage von 34 bereits vorhandenen Studien ihre Meinung.

5.260 Probanden im Alter zwischen neun und 18 Jahren sind Gegenstand der Untersuchung. Heraus kam: Die meisten Antidepressiva sind bei schweren Depressionen in diesem Alter wirkungslos, teilweise sogar bedenklich bis gefährlich. Das berichtet “Orf.at”. Die Ergebnisse wurden in "The Lancet" veröffentlicht.

Erhöhtes Risiko für Suizidversuche

Der beste Stimmungsaufheller war den Untersuchungen zufolge noch der selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer (SSRI) Fluoxetin. Bedenklich ist aber, dass die ihm ähnliche Substanz Venlafaxin bei den Jugendlichen zu einem erhöhten Risiko für Selbstmordgedanken  und -versuche führte – im Vergleich zu Placebos und fünf anderen Antidepressiva. Am schlechtesten schnitten  Imipramin, Venlafaxin und Duloxetin ab.

Nach einer intensiven Abwägung von Risiken und Nutzen erklärte Koautor Peng Xie von der Chongqing-Universität (China) in einer Pressemitteilung von “The Lancet”, dass Antidepressiva keinen klaren Vorteil für die jungen Menschen bringen. Nur bei Fluoxetin gebe es “wahrscheinlich” Vorteile. „Wir empfehlen, dass Kinder und Jugendliche, die Antidepressiva erhalten, engmaschig beobachtet werden. Das sollte unabhängig von dem verwendeten Medikament und speziell am Beginn der Behandlung so sein.“

Sechs Prozent der Teenager depressiv!

Schwere Depressionen haben drei Prozent der Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren sowie etwa sechs Prozent der Teenager im Alter zwischen 13 und 18 Jahren. An erster Stelle wird dann eine psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlung empfohlen. Doch die Zahl der Heranwachsenden mit Depressionen ist gestiegen. "Es gibt eine dramatische Zunahme im ambulanten und stationären Bereich”, sagt Gerd Schulte-Körne von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität München in “Die Welt”.

Als Grund für die hohen Zahlen bei Jugendlichen nennt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie DGKJP neben pubertären Stimmungsschwankungen Schulstress und vor allem Mobbing in Schule oder sozialen Netzwerken.

Fast 30 Prozent der Schüler seien damit konfrontiert, fast die Hälfte spreche nicht darüber und schäme sich für das "eigene Versagen", berichtet “die Welt”. "Stress durch Belästigung und Beschimpfung ist ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor für Depression", warnt Schulte-Körne.

Vor der Pubertät würden mehr Jungen unter Depressionen leiden als Mädchen. Nach der Pubertät drehe sich das Verhältnis jedoch um, schreibt "Netdoktor.de". Mädchen gerieten dann deutlich öfter in ein krankhaftes Stimmungstief als Jungen.

Flüchtlingskinder besonders häufig betroffen

Von den Dauer-Stimmungstiefs sind vor allem Flüchtlingskinder auf Grund der traumatischen Erlebnisse im Heimatland betroffen. Expertenhilfe finden sie in Flüchtlingsheimen aber kaum.

"Die Kommunen haben noch nicht erkannt, dass die Traumafolgen der jugendlichen Flüchtlinge zu erheblichen psychischen Problemen führen können und daher fachärztlicher Behandlung bedürfen", meint Schulte-Körne. (kf)



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