Verbraucherorganisation Foodwatch: Ernährungsminister Schmidt täuscht Öffentlichkeit mit Falschaussage zur Zuckerabgabe

Der Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat Forderungen nach einer Herstellerabgabe für besonders zuckerhaltige Getränke zurückgewiesen – seine Absage allerdings laut Aussagen der Verbraucherorganisation foodwatch mit einer Falschaussage begründet. Anders als von Herrn Schmidt dargestellt, hätten Lebensmittelsteuern in anderen Ländern nachweisbare Lenkungswirkungen entfaltet.
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Verbraucherorganisation foodwatch: Der Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckergesüßter Getränke und Adipositas, Diabetes und anderen Krankheiten ist klar belegt.Foto: fotolia.com/softdrinks
Epoch Times2. September 2016

 

Der Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat Forderungen nach einer Herstellerabgabe für besonders zuckerhaltige Getränke zurückgewiesen – seine Absage allerdings laut Aussagen der Verbraucherorganisation foodwatch mit einer Falschaussage begründet. Anders als von Herrn Schmidt dargestellt, hätten Lebensmittelsteuern in anderen Ländern nachweisbare Lenkungswirkungen entfaltet.

„Der Zusammenhang zwischen dem Konsum zuckergesüßter Getränke und Adipositas, Diabetes und anderen Krankheiten ist klar belegt. Der Minister muss offenbar schon die Öffentlichkeit täuschen um zu rechtfertigen, warum er ein entschlossenes Handeln ablehnt“, kritisierte Oliver Huizinga von foodwatch. „Ein Kuschelkurs mit der Lebensmittelwirtschaft ist hier fehl am Platz, denn von allein wird sie ihr überzuckertes Getränke-Angebot sicher nicht wesentlich verbessern.“

Bundesernährungsminister Christian Schmidt: „Steuern“ erzielen nicht die erwünschte Wirkung

„Die Einführung von Strafsteuern auf Lebensmittel ist der falsche Weg. Erfahrungen in anderen EU-Ländern zeigen, dass dies in aller Regel nicht die gewünschte Lenkungswirkung hat“, hatte Ernährungsminister Schmidt am vergangenen Mittwoch gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) gesagt. Anlass war die Veröffentlichung einer foodwatch-Marktstudie, der zufolge 274 (59 Prozent) von 463 untersuchten „Erfrischungsgetränken“ überzuckert sind. Neben foodwatch fordern u. a. der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte, die Deutsche Diabetesgesellschaft sowie Gesundheitspolitiker von CDU und SPD eine Hersteller-Abgabe für besonders zuckerhaltige Getränke, wie sie ab 2018 in Großbritannien vorgesehen ist.

Richtig ist: Erfahrungen aus anderen Ländern, die solche Maßnahmen bereits ergriffen haben, belegen den Einfluss auf das Einkaufsverhalten. In Mexiko, aber auch in Finnland und Frankreich, ging der Zuckergetränke-Konsum nach Einführung einer Steuer zurück. In Dänemark führte eine Steuer auf gesättigte Fette zu einem Verkaufsrückgang der betroffenen Lebensmittel um bis zu 15 Prozent. In Ungarn änderten zudem 40 Prozent der Hersteller nach Einführung einer Zuckersteuer ihre Rezepturen: 30 Prozent von ihnen entfernten die besteuerte Zutat komplett, 70 Prozent verringerten den Anteil. Folgerichtig empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation in dem aktuellen Maßnahmenplan der Kommission „Ending Childhood Obesity“ (ECHO) explizit Steuern auf Zuckergetränke.

„Anders als von Bundesminister Schmidt unterstellt, geht es bei der britischen Hersteller-Abgabe in erster Linie nicht um eine ‚Lenkungswirkung‘ für die Verbraucher, sondern eine ‚Lenkungswirkung‘ für die Industrie. Sie hat das Ziel, die Hersteller zu Zuckersenkungen zu bewegen. Daher hat die britische Regierung zwischen Ankündigung und Einführung einen Zwei-Jahres-Zeitraum gelassen“, so Oliver Huizinga von foodwatch. „Ernährungsminister Schmidt hat das Thema verfehlt.“

Nicht ausreichend: Schmidt setzt  auf Bildung und Transparenz für einen gesunden Lebensstil

Minister Christian Schmidt hatte seinen Ansatz laut dpa so erklärt: „Mein Ziel ist es, die Menschen von einem gesunden Lebensstil zu überzeugen. (…) Deshalb setze ich auf Transparenz, Information und Ernährungsbildung, am besten als eigenes Schulfach.“ Bereits im September 2015 hatte Herr Schmidt zudem in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel geschrieben: „…wir können diese Probleme nicht mit Gesetzen und Verboten lösen. Stattdessen ist Bildung und ein hohes Maß an Transparenz für einen gesunden Lebensstil und eine gesunde Ernährungsweise wichtig. Für beides sorge ich.“

Richtig ist jedoch, dass die Bundesregierung bereits seit vielen Jahren auf Ernährungsbildung setzt – und es damit nicht geschafft hat, den Konsum stark gezuckerter Lebensmittel einzudämmen. „Herr Schmidt ist auf dem Holzweg. Solange Süßigkeiten mit Comicfiguren und Fußballprofis beworben werden und das Angebot an Erfrischungsgetränken hauptsächlich aus Zuckerbomben besteht, kann ein Unterrichtsfach Ernährung allein die Fettleibigkeits- und Diabetes-Epidemie unmöglich bekämpfen. Das zeigen die Erfahrungen aus den vergangenen Jahrzehnten“, so Oliver Huizinga von foodwatch.

Mit gutem Grund formuliert die WHO in ihrem aktuellen Maßnahmenplan drei Kernforderungen: Steuern oder Abgaben auf Zuckergetränke, Beschränkungen der an Kinder gerichteten Werbung, verbraucherfreundliche Kennzeichnung der Nährwerte. Forderungen, die nicht nur von foodwatch unterstützt werden.

(foodwatch/mh)



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