Warum wir alle Insekten essen sollen – in Snacks und Mehl und mehr

Keine Food-Messe ohne Insektensnacks, Politiker loben vor laufender Kamera ihren Geschmack, Wissenschaftler sprechen von ausgezeichneten und nachhaltigen Proteinquellen und die Medien verbreiten, wie so oft ungeprüft, sämtliche Aussagen als unwiderlegbare Fakten.
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Insekten essen, dem Klima und der Umwelt zuliebe?Foto: iStock
Von 26. September 2019

Eine Recherche zeigt, Insekten sollen uns schmackhaft gemacht werden. Doch geht es dabei tatsächlich um Nachhaltigkeit, Gesundheit und eine Lösung für den Welthunger?

Wer genauer hinschaut sieht, wir haben keinen Nahrungsmangel, das Hungerproblem, das uns immer wieder gebetsmühlenartig vor Augen geführt wird, ist nichts weiter als ein Verteilungsproblem. Diese These vertritt auch Andrew Müller, der an der Humboldt-Universität kulturelle und soziale Aspekte von Insekten als Nahrung erforscht. Das Hauptproblem seien nicht zu wenig Ressourcen, sondern dass viele Menschen einfach keinen Zugang zu ihnen hätten. Das Problem ist also vielmehr eine katastrophale Verteilungspolitik und weniger ein Mangel an Lebensmitteln, was auch an den vielen Tonnen, die jährlich im Müll landen, offenkundig wird.

Insekten, dem Klima und der Umwelt zuliebe?

Dennoch fordern vor allem supranationale Organisationen wie die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen, FAO (Food and Agricultural Organisation) die Ausweitung des Verzehrs von Insekten auf die ganze Welt. Schließlich gäbe es 1900 verschiedene essbare Insektenspezies, die in vielen Ländern der Welt, vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika, schon seit Jahrtausenden ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung seien.

Vergessen wird dabei, dass sich der Verzehr von Insekten in diesen Ländern nur deshalb etabliert hat, weil ein Mangel an anderen tierischen Proteinquellen herrscht, bzw., weil sich das Gros in diesen Ländern diese nicht leisten kann. Es ist also eher Armut als Genuss, der die Menschen Insekten essen läßt.

Vergessen darf man zudem nicht, dass der Verdauungstrakt dieser Menschen an Insekten gewöhnt ist, die Epigenetik hat dafür gesorgt, dass sie diese vertragen, während das in westlichen Nationen nicht der Fall ist. Es ist also keinesfalls klar, ob der Verzehr von Insekten in westlichen Ländern negative Folgen nach sich zieht. Die ungeprüfte Vermarktung von Insekten ist also vergleichbar mit einem großen Feldversuch, der auch negativ ausgehen kann. Was also sind die Gründe, dass plötzlich die ganze Welt von Fleisch auf Insekten umsteigen soll?

Immer häufiger ist zu hören, Insekten hätten eine viel günstigere CO2-Bilanz gegenüber der konventionellen Fleischerzeugung. Diese Auffassung vertritt auch die UNO in ihrer Agenda 21 für nachhaltige Entwicklung. Doch haben UNO und Co. tatsächlich das Wohl der Menschheit, den Schutz des Planeten und unsere Gesundheit im Sinn? Das schlagkräftigste Argument für den Verzehr von Insekten, die bessere CO2-Bilanz und damit die Errettung der Menschheit vor dem Hitzetod, ist auf jeden Fall weit weniger schlagkräftig als man denkt.

Das Nachhaltigkeitsargument hinkt

Korrekt ist, Insekten benötigen aufgrund der Tatsache, dass sie wechselwarme Tiere sind, weniger Energie als klassische Nutztiere und besitzen eine höhere Futterverwertungseffizienz. So benötigen Rinder zum Aufbau von einem kg Biomasse ca. 8 kg Futter, Schweine ca. 5 kg und Insekten durchschnittlich nur etwa 2 kg. Dennoch hinkt das Nachhaltigkeitsargument, wie selbst Nils Grabowski von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, ein Verfechter des Insektenverzehrs, unumwunden zugibt. Denn ob Insekten im Vergleich zu Nutztieren im Verhältnis tatsächlich weniger Futter und Wasser bräuchten, sei bisher noch völlig unklar. Auch ein Blick auf die Webseite der IPIFF (International Platform of Insects for Food and Feed), wo detailliert die Fakten zur industriellen Produktion von Insekten dargestellt werden, lässt jeden logisch denkenden Menschen nachdenklich werden.

Denn dort steht, dass für die industrielle Produktion von Insekten große Mengen an Wasser, unter Druck und in der passenden Temperatur, vorgehalten werden müssten. Während der Aufzucht müssten zudem, je nach Insekt, Temperatur und Luftfeuchte kontrolliert werden und die Tötung erfordere ebenfalls energieintensive Verfahren (einfrieren, heißes Wasser, kochenden Dampf). Hinzu kommen die energieintensiven Großgeräte für den Verarbeitungsprozess.

Um dem Insektenverzehr tatsächlich mehr Nachhaltigkeit zu attestieren, müssten erst einmal sämtliche Wasser- und Energieverbräuche bei der Massenproduktion von Insekten mit der von Nutztieren verglichen werden. Bisher hat sich Niemand dieser Herausforderung gestellt, dennoch plappern Viele nach, was Einige ungeprüft in den Raum stellen.

Von wegen ernährungsphysiologisch wertvoll

Und selbst das Totschlagargument vom ernährungsphysiologischen Wert von Insekten steht bei näherer Betrachtung auf wackligen Füßen. Insekten besitzen zwar einen hohen Proteingehalt, reichlich Mineralstoffe und auch verschiedene Vitamine, doch diese Nährstoffe finden sich auch in anderen Lebensmitteln, weil eben sämtliche Lebewesen aus diesen Verbindungen aufgebaut sind.

Wenig erzählen uns die Verfechter des Insektenverzehrs dagegen vom oft hohen Fett- und Cholesteringehalt, was in unserer an Übergewicht und Fettleibigkeit leidenden Gesellschaft eine nicht unerheblich Bedeutung hat. Der Fettgehalt liegt in Abhängigkeit vom Insekt zwischen 13 und 33 Prozent und auch der Cholesteringehalt ist nicht besonders vorteilhaft.

So enthalten beispielsweise 100g Grillen etwa 24 % Fett und 228 mg Cholesterin (Tagesbedarf max. 300 mg). Das Muskelfleisch von Rind, Kalb und Schwein schneidet beim Fett- als auch beim Cholesteringehalt deutlich günstiger ab (100 g Rind: ca. 2 % Fett und ca. 60 mg Cholesterin; 100 g Schwein: ca. 3,0 % Fett und ca. 65 mg Cholesterin; 100 g Kalb: ca. 0,8 % Fett und ca. 70 mg Cholesterin). Insekten sind also in den westlichen Nationen nicht wirklich eine Alternative zu Fleisch.

Wer zum Beispiel das zur Zeit stark beworbene Grillenmehl (1140 mg Cholesterin) als Ersatz für Weizenmehl (0 mg Cholesterin) zum Backen eines Kuchens benutzt, verzehrt damit deutlich mehr Cholesterin und Gesamtfett. Der Ersatz von Mehl durch Insektenmehl oder auch Zusatz von Insektenmehl zu anderen Lebensmitteln, was gegenwärtig als gesundheitlich vorteilhaft beworben wird, ist aus ernährungsphysiologischer Sicht also eher ungünstig, zumindest in den immer dicker werdenden westlichen Nationen.

Weizenmehl Grillenmehl
500 g Mehl 0 mg Cholesterin 1140 mg Cholesterin
250 g Butter 550 mg Cholesterin 550 mg Cholesterin
5 Eier 1030 mg Cholesterin 1030 mg Cholesterin
Gesamtcholesterin 1580 mg 2720 mg

Völlig außer Acht lassen Wissenschaftler, Politiker und Medien auch mögliche langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit. Obwohl sogar das deutsche Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) bemängelt, dass es gegenwärtig weder toxikologische noch mikrobiologische Untersuchungen zu essbaren Insekten gibt. Dennoch werden Insekten bereits in vielen europäischen Ländern wie Belgien, den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz als Lebensmittel beworben und vermarktet.

Dabei wird vollkommen vernachlässigt, dass Insekten Bakterien, Viren oder auch Parasiten übertragen und ähnlich wie Schalen- und Krustentieren heftige Allergien auslösen können. Hinzu kommt, dass bei einer industriellen Massenproduktion von Insekten auch Medikamente und Schädlingsbekämpfungsmittel zum Einsatz kommen müssten, deren Reste dann ebenfalls im Produkt landen dürften. Massenproduktion bleibt Massenproduktion, egal ob es sich dabei um Insekten oder um Nutztiere handelt.

Das sehen auch Forscher einer schwedischen Studie (Berggren et al.) so, die eindringlich vor der Massenzucht von Insekten für die menschliche Ernährung warnt. Eine solche könnte enorme ökologische Folgen nach sich ziehen, da es gegenwärtig einen gewaltigen Mangel an Wissen bezüglich der passenden Spezies, ihrer Haltung und ihrem korrekten Futterbedarf gebe.

Hinzu kämen die Entsorgung der von den Insekten verursachten Ausscheidungsprodukte und die verheerenden Auswirkungen auf das Ökosystem, sollten Insekten, vor allem nicht heimische, den Fabriken entkommen. Auch die Schweden prangern den Energiebedarf und das Risiko der Übertragung von Krankheiten auf den Menschen an, und schlussfolgern, dass die Gefahr bestünde, dass wir ein Umweltproblem durch ein anderes ersetzen.

Lobbyarbeit nicht ausgeschlossen

Warum also wollen FAO und UNO den Verzehr von Insekten auch in westlichen Nationen salonfähig machen? Wenn es weder die Nachhaltigkeit noch die Gesundheit ist, was sie im Sinn haben, was ist es dann? Möglicherweise kann die IPIFF, eine Lobbyvereinigung der Insektenindustrie, hier für Aufklärung sorgen. In einem Positionspapier hat die NGO angeregt, Insekten als Lebensmittel einzuordnen und die EU hat diese Anregung am 1. Januar 2018 in die Novel Food-Verordnung aufgenommen. Hier ein Auszug aus dem Text, der eigentlich alles sagt: „IPIFF welcomes the EU legislator plans to harmonize & streamline the current EU rules on novel foods (NF), since the insect production sector primarily relies on a ‘solid’ & ‘stable’ EU regulatory framework to secure its production activities & investments plans.“

Seitdem gelten Insekten als neuartige Lebensmittel. Die Novel Food VO sieht zwar eine Zulassung vor, diese entfällt aber, wenn die Produkte in anderen Ländern schon seit langem verzehrt werden, was für viele Insekten gilt. Hinzu kommt, im Gegensatz zum früheren Genehmigungsverfahren wird dieses Zulassungsverfahren gänzlich von der Europäischen Kommission unter Beteiligung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchgeführt. Die Mitgliedstaaten werden über den Fortgang zwar informiert, sind aber nicht beteiligt. Wir haben also kein Recht, uns gegen diese Produkte in unseren Supermärkten zu wehren.

Warum wir alle Insektenesser werden

Und wer jetzt glaubt, er könne sich gegen den Verzehr von Insekten wehren, den muss ich enttäuschen. Seit dem 1. Juli 2017 darf Insektenprotein aus der „Black Soldier Fly“ Larve offiziell zur Fütterung von Fischen genutzt werden. IPIFF-Präsident Antoine Hubert, sagte, er sei sehr erfreut, dass die EU-Institutionen nun der Entwicklung des Europäischen Insekten-Produktionssektors grünes Licht erteilt hätten. Als nächstes wolle man die Zulassung als Futter für Schweine und Geflügel erwirken. Für Insektengegner sieht es also bald schlecht aus, zumindest wenn sie Fleischesser sind.

Könnten die Beweggründe der FAO und der UNO, Insekten auf unsere Teller zu bringen, vielleicht auch ein klein wenig ökonomisch motiviert sein? Vor dem Hintergrund der folgenden Zahlen ist das nicht ganz ausgeschlossen: Der weltweite Verzehr von Insekten wird das globale Marktvolumen für Insektenprodukte von 406 Millionen in 2018 auf 1,18 Milliarden US-Dollar in 2023 erhöhen, so eine Prognose von Statista.

Finanzielle Interessen nicht ausgeschlossen

Anders als uns viele Medien weismachen wollen, sind es auch nicht die coolen Startups, die den Verzehr von Insekten vorantreiben. Im Gegenteil, es ist die Interessenvertretung der Big Player, IPIFF, die 50 Mitglieder der Branche aus 20 verschiedenen Ländern in ganz Europa und weltweit vertritt. Zu denken gibt außerdem, dass die IPIFF bereits 2016, also zu einem Zeitpunkt, zu dem Insekten in der EU noch nicht einmal als Lebensmittel galten, ein Dokument erstellt hat, das den gesamten industriellen Prozess der Insektenzüchtung bis ins Detail vorstellt. Und genau zu diesem Zeitpunkt startete auch der Insektenhype in den Medien, wobei alle bedenklichen Aspekte vollständig ausklammert werden.

Gemäß des „IPIFF Guide on good hygiene practice“ ist bereits die industrielle Produktion folgender Insekten geplant: Grillen aus verschiedenen Regionen der Erde, Mehlwürmer, Black Soldier Flies und auch die gemeine Stubenfliege darf nicht fehlen. Vor diesem Hintergrund ist nicht gänzlich auszuschließen, dass es bei der ganzen Insektenhype doch eher um finanzielle Interessen gehen könnte. Das bestätigt indirekt auch die Studie des Marktforschungsinstituts Meticulous Research, die das globale Marktvolumen von Statista bestätigt.

Auch die Studie von Lukas Kornher et al. spricht eher für den ökonomischen Aspekt, denn die Autoren schlussfolgern, dass sich die Werbung für Insektenprodukte eher auf die negativen Konsequenzen des Fleischverzehrs wie beispielsweise das Klima fokussieren solle. Im Hinblick auf diese Schlussfolgerung muss die Frage erlaubt sein, ob es bei der aktuellen Insektenhype um Nachhaltigkeit, Welternährung und Gesundheit geht oder ob doch eher finanzielle Interessen im Vordergrund stehen.

Die Autorin, Simone Hörrlein, ist Naturwissenschaftlerin und Wissenschaftsjournalistin. Sie war mehrere Jahre in der Biomedizin und in der Ernährung tätig und betreibt in ihrer Freizeit, gemeinsam mit einigen Kollegen, die Webseite www.nomonoma.de.



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