Wie hör ich denn?

Von 18. August 2010

Manchmal habe ich den Eindruck, mich in dem alten Kinderspiel „Stille Post“ zu befinden.

Ich höre etwas anderes, als gesagt wurde, oder mein Gegenüber versteht nur die Hälfte meiner kostbaren Worte. Welch herber Verlust.

Die modernen Fernsehfilme lieben auch die Geräusche mehr als die Sprache, da holpern die Autos über die Straßen und die Schauspieler bekommen die Zähne nicht auseinander, von Stimmklang ganz zu schweigen. Dann fürchte ich um meine Hörfähigkeit. Ob es mit der wohl schon abwärts geht? Aber wer sagt mir, ob ich es bin, die schlecht hört, oder die anderen, die schlecht sprechen oder die Geräusche, die zu laut sind?

Natürlich, der Hörtest. Aber gehe ich deswegen zum Arzt? Oder gar zum Hörgeräteakustiker. Wollen die mich vielleicht lieber krank oder schwerhörig als gesund sehen, um an mir zu verdienen? Es heißt, dass mit mehr als 15 Millionen Betroffenen die Schwerhörigkeit in Deutschland längst eine Volkskrankheit ist.

Guter Rat ist nicht teuer. Gerade mal 99 Cent kostet ein Hörtest per Telefon. Und weil ich ein gründlicher Mensch bin, investiere ich das Doppelte und teste beide Ohren. Gedacht, getan.

Ein leises Unbehagen – wie immer, wenn Gesundheit getestet wird, beschleicht mich. Was wenn – ach was. Erst mal versuchen. Die Anonymität bleibt gewahrt. Ich kann ganz allein entscheiden, was ich mit dem Ergebnis mache.

Der „Hörtest per Telefon“ dauert nur etwa fünf Minuten, heißt es in der Ankündigung, und er wird schon seit 2008 in Deutschland angeboten. Glücklicherweise habe ich ein Telefon mit Tonwahlverfahren, das brauche ich, um die gestellten Fragen mit Tastendruck zu beantworten.

Eine freundliche männliche Stimme belehrt mich, dass zu statistischen Zwecken mein Alter und mein Geschlecht erfasst werden. Ich beantworte alles mit Zahlen und Tasten und dann heißt es: „Der Test beginnt.“

Bei jeder Darbietung hört man nach einer Ankündigung drei Ziffern und gleichzeitig ein Rauschen. Nach der akustischen Wiedergabe der Ziffern müssen diese über die Tastatur von mir eingegeben werden. Es rauscht kräftig im Hintergrund und deine Frauenstimme spricht jeweils drei Zahlen. Ziemlich leise, aber deutlich. Natürlich nützt es nichts, die Telefonlautstärke hoch einzustellen, denn das Rauschen im Hintergrund wird ebenfalls lauter.

Die Zahlenkombinationen wechseln auch ganz überraschend, kein Muster erkennbar, kein Schummeln möglich. Nach 27 Zahlenkombinationen ist Schluss. Endlich das Testergebnis: „Ihr Hörvermögen ist normal.“

Und das wären die möglichen Ergebnisse gewesen:

1. „Ihr Hörvermögen bei diesem Hörtest ist normal.“

2. „Bei diesem Hörtest verstehen die meisten Menschen etwas besser als Sie.“

3. „Bei diesem Hörtest verstehen die meisten Menschen deutlich besser als Sie.“

Dann kommt der übliche Text, der klingt wie „fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“: „Dieser Hörtest kann natürlich nicht alle Aspekte Ihres Hörvermögens abdecken und ersetzt keine medizinische Diagnose. Falls Sie eine weitergehende Beurteilung Ihres Hörvermögens wünschen, sollten Sie dafür einen Arzt oder Hörgeräteakustiker konsultieren.“

Nicht schlecht gemacht, die Nummer lautet: 09001/217221.

Das Telefon wurde geschaltet von der HörTech gGmbH, vom Hörzentrum Oldenburg und der Universität Oldenburg. Ziel der gemeinnützigen Gesellschaft ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung und die Gewinnung neuer Methoden und Erkenntnisse im Bereich des Hörens.

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