Wer weiß schon, seit wann der Heilige Nikolaus mit seinem Esel durch die Welt zieht? Aber eines ist seit jeher bekannt: Er hilft den Menschen, die in Not sind und seine Hilfe brauchen.
Das machte ihn schon immer bei den Menschen beliebt. Einem aber gefiel das gar nicht – dem Teufel! Ihn ärgerte dieser Heilige mit seiner Beliebtheit gewaltig. Dagegen wollte er etwas unternehmen. Also lauerte er dem Heiligen Nikolaus auf.
„Na, Nikolaus, was treibst du denn immer so?“, redete er ihn an.
„Was ich treibe?“, fragte der Heilige Nikolaus. „Ich ziehe durch die Welt, und wo mich Leute um Beistand bitten, helfe ich, so gut ich kann!“
„Aber das ist doch eine fade Geschichte!“, meinte der Teufel.
„Fad meinst du?“, entgegnete der Nikolaus, „also fad wird mir dabei eigentlich nicht.“
„Doch, doch“, höhnte der Teufel, „gib’s nur zu. Ich weiß etwas, das Pfeffer ins Leben bringt!“
„Pfeffer ins Leben?“, sagte der Nikolaus nachdenklich. „Was soll denn das sein?“
„Eine Wette!“, rief der Teufel aufgekratzt. „Machen wir doch eine Wette!“
„Und worum sollen wir wetten?“, fragte der Nikolaus. – „Wetten wir, dass der eine erraten muss, was der andere denkt“, schlug der Teufel listig vor und fügte hinzu: „Wer gewinnt, darf mit dem anderen machen, was er will, selbst wenn er ihn zum Fressen gern hat.“
„Prost Mahlzeit!“, lachte da der Nikolaus. „Na gut, warum nicht: Wetten wir also! – Du beginnst Teufel. Denk nach!“
Jetzt begann der Teufel zu überlegen. Und worüber dachte er nach? Natürlich war er sich seines Sieges gewiss. Deshalb überlegte er, was er dann mit dem Heiligen Nikolaus machen würde. „Soll ich ihn gesotten oder gebraten fressen?“, fragte er sich. Das würde ein saftiger Happen werden. Beim Gedanken daran fuhr er sich genießerisch mit seiner langen Zunge über die Lippen. „So, mein lieber Herr Nikolaus“, meinte er dann, „woran habe ich gedacht?“
„Ganz einfach“, lachte der Nikolaus, „du hast überlegt, ob du mich gesotten oder gebraten fressen willst. Das war nicht zu übersehen!“
Ui, da machte der Teufel vor lauter Wut einen gewaltigen Satz hoch in die Luft. Wie konnte er sich nur so dumm verraten?
„So, und jetzt bist du dran!“, rief er dann. Da machte der Heilige Nikolaus die Augen zu und überlegte. Der Tag war schon lang – und anstrengend obendrein. Kaum dass der Heilige Nikolaus die Augen geschlossen hatte, ging ihm auch schon ein Schläfchen zu.
Er nickte kurz ein, fuhr aber gleich darauf wieder mit einem Ruck in die Höhe. „Als dann, Herr Teufel“, fragte er drauf, „was habe ich jetzt gedacht?“
Der Teufel überlegte: Woran kann ein heiliger Mann wie der Nikolaus schon denken? „An Gott hast du gedacht!“, rief er schließlich. „An sonst nichts als Gott!“
„Nein, mein lieber Teufel“, lachte da der Nikolaus, „mir ist ein Schläfchen zugegangen, da habe ich nicht einmal an den lieben Gott gedacht, sondern ganz einfach an gar nichts!“
Ui, was war der Teufel da wild. Aber was sollte er jetzt tun? Ein Heiliger wie der Nikolaus, der konnte ja gar nicht lügen. Er, der Teufel, hatte die Wette also verloren!
„Ärgere dich nicht!“, meinte darauf der Nikolaus, „du bekommst noch eine zweite Chance! Hör zu, du musst nur raten, was ich jetzt in meiner Hand halte.“
Drauf drehte sich der Nikolaus um und beugte sich nieder. Es sah ganz so aus, als ob er etwas aufheben würde.
„Mich kriegst du nicht noch einmal dran“, sagte sich der Teufel. „So dumm bin ich auch wieder nicht!“
„Nun, was habe ich jetzt in meiner Hand?“, fragte ihn der Nikolaus. – „Nichts! Nichts! Gar nichts hast du in deiner Hand!“, rief der Teufel triumphierend.
„Doch“, sagte der Heilige Nikolaus, „ich habe etwas in meiner Hand, nämlich meinen Ring!“
Freundlich lachte er den Teufel an und hielt ihm den Ring entgegen. Auch dagegen ließ sich nichts sagen. Was nun? Der Teufel hüpfte vor Ärger und Wut.
„Armer Teufel, jetzt hast du dich selbst drangekriegt!“, lachte der Nikolaus. „Aber hab keine Angst. Der Appetit auf dich ist mir längst vergangen. Ich werde dich bestimmt nicht fressen. Die Wette hast du allerdings verloren. Deshalb sollst du künftig einmal im Jahr mein Diener sein. Als Krampus wirst du mit deiner Rute alle, die es nötig haben, wieder auf Vordermann bringen und ihnen das abputzen, was sie nicht mehr brauchen!“
Was blieb dem Teufel da anderes übrig? Der Diener vom Nikolaus zu sein, gefiel ihm zwar gar nicht, andererseits war es immer noch besser, als gefressen zu werden.
So zieht er seither einmal im Jahr als Diener vom Nikolaus durch die Welt. So zuwider ihm das Ganze auch ist: Er muss dabei machen, was ihm der Heilige Nikolaus anschafft. Blöd für ihn, gut für uns!
Aus dem Buch „Das Geschenk der zwölf Monate“ von Helmut und Ursula Wittmann, Tyrolia-Verlag
Kommst du nach deiner Art?
In der Reihe der herausragenden Tage vor Weihnachten kommt gleich nach dem Barbaratag am 4. Dezember der Tag des Heiligen Nikolaus am 6. Dezember.
Meist tritt der Nikolaus mit dem Krampus auf. Die beiden rufen in Erinnerung, was wirklich wichtig ist im Leben.
Der Krampus verkörpert dabei das wilde, ungebremste, vitale Feuer. Im Gegensatz zu den Perchten ist er deshalb rotgesichtig. Seine lange Zunge hängt ihm aus dem Mund. Auch sie ist feuerrot. Mit der Rute reinigt er die Menschen von dem, was nicht mehr gebraucht wird. Entschlackung auf die grobe Tour.
In etwas abgemilderter Form ist dies vor allem in protestantisch geprägten Gegenden der Knecht Ruprecht.
Der Nikolaus schenkt Nüsse, also Nahrung für die Geisteskräfte, und Äpfel, die Frucht der Erkenntnis.
Was erzählt uns die mythische Gestalt des Nikolaus?
Eines ist beim Heiligen Nikolaus besonders verblüffend: Als historische Gestalt ist er schwer fassbar und wird doch in ganz Europa seit Jahrhunderten mit großer Begeisterung verehrt. In Osteuropa lautet ein weitum bekannter Spruch: „Wenn Gott je stirbt, dann machen wir den heiligen Nikolaj zum lieben Gott!“
Dazu passt, dass dem Nikolo gern unterstellt wird, allwissend zu sein. Oft wird er mit einem großen Buch dargestellt. Darin ist alles über das Leben der Menschen verzeichnet. Nicht so beim mysteriösen Niglo-Umzug im oberösterreichischen Windischgarsten. Hier erlangt der Heilige Nikolaus die Allwissenheit durch seinen kleinen Finger.
Bei diesem traditionellen Nikolo-Umzug gesellen sich zum Nikolo übrigens nicht nur der Krampus, sondern auch die „Habergoaß“, der riesenhafte „Klaubauf“, der schweinsköpfige „Leutfresser“, „Einsiedler“, „Jäger“ mit Hirschgeweihen auf dem Kopf, „Zwerge“ und „Riesen“ sowie die reich geschmückte „Niglofrau“. Die UNESCO nahm diesen faszinierenden Umzug ins Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf.
Die entscheidende Frage des Nikolaus aber ist: „Bist du auch artig?“ Das heißt nicht: „Bist du auch brav?“ Nein, das wäre eine fatale und banale Missdeutung. Allzu oft wird der Nikolaus ja auch als Erziehungshilfe missbraucht. Das, was der Nikolaus als mythische Gestalt meint, ist genau das, was er sagt, nämlich: „Bist du nach deiner Art?“
Also: Lebst du das, was du wirklich bist? – Gute Frage. Da heißt es zuerst einmal eines klären: Wer und was bin ich denn wirklich?