Moghuln, Scheichs, Gold und Juwelen

Die Ausstellung "Gold und Juwelen der Moghulzeit" im Berliner Martin-Gropius-Bau
Titelbild
Teller, Gold; in Kundan-Technik gearbeitet und mit Rubinen und Smaragden besetzt. Vermutl. 1. Viertel 17. Jh. © The al-Sabah Collection, Kuwait;Foto: Bruce M White
Von 11. März 2005

Im Berliner Martin-Gropius-Bau macht derzeit eine Sammlung von Juwelierskunst Station, die mit zu dem feinsten und eindrucksvollsten gehört, was auf diesem Gebiet existiert. In vier Sälen zeigt die Al-Sabah-Sammlung aus dem Kuwait National Museum ca. 300 Meisterwerke, die im Indien der Moghulzeit angefertigt wurden. Sie waren vorher in London, Madrid und den USA zu sehen. Sie werden danach ihren Heimweg nach Kuwait antreten, wo sie nach der Zerstörung des Museums bei der Invasion von 1990 erst 2008 eine neue Heimstatt erhalten werden. Schönheit, Wert der Exponate und die weltweite Einmaligkeit der Sammlung machen diese Ausstellung zu einem Ereignis, das sich bislang kaum in den Besucherzahlen widerspiegelt.

Sammler und Besitzer des Schatzes ist Scheich Nasser Sabah al-Ahmad al-Sabah von Kuwait. Der Scheich und seine Frau Hussah haben einen Schwerpunkt ihrer Kunstsammlertätigkeit auf Schmuck und kostbare Gebrauchsgegenstände der Moghulkaiser aus Indien gelegt, das für Kuwait auf dem Seeweg ein nicht weit entfernter Nachbar ist. Bei dem Aufbau der Sammlung wird der Scheich von dem amerikanischen Goldschmied Manuel Keene unterstützt, der seit nunmehr 30 Jahren Kurator der Sammlung ist und im Auftrag des Scheichs die Sammlung ergänzt. Die Stücke sind weit außerhalb Indiens verstreut, seit der indische Staatsschatz 1729 durch iranische Eroberer geplündert wurde.

Hochkultur des Islam

Die Ausstellung reiht sich in eine Serie von Veranstaltungen im westlichen Ausland ein, die ein Bild des Islam jenseits von Armut, Radikalismus und Terrorismus zeichnen sollen, als einer Kultur, die Höchstleistungen von faszinierender Fremdheit hervorgebracht hat. Und was für ein Bild wird hier vorgeführt! Ein aus einem einzigen großen Smaragden geschliffenes Becherchen, Jadeschüsseln, mit Edelsteinen und Gold flächig überzogene Dolchgriffe, Behältnisse und Schmuckstücke, feinste indische Emaille, in Smaragde geschnittene Reliefs, ein 56 karätiger Diamant.

Die Herrscherdynastie der Moghuln in Indien (1526-1857) wurde von Babur, Urenkel Timurs und Nachfahre Dschingis Khans, begründet, der im Jahre 1526 in einem Husarenstück Delhi eroberte, wo sich seine Nachkommen als Kaiser festzusetzen vermochten. Seine Nachfolger waren weniger an militärischen Leistungen interessiert, als an Ausschweifungen, Kunst und einem verfeinerten Lebensstil. Doch für diese Dynastie charakteristisch bleiben die uns widersprüchlich erscheinenden Ausschläge in sensiblen Kunstsinn und eigenes Künstlertum einerseits und blutiges Abenteurertum andererseits. Ihre Versinnbildlichung kann man in den zahlreichen Dolchen, Säbeln und Stichdolchen der Ausstellung erblicken, deren Griffe durch goldene Tauschierungen, Emaillearbeiten und Edelsteinbesatz reichstens verziert sind oder die aus Bergkristall oder Jade geschnitten und obendrauf mit Edelsteinen besetzt sind. Sie wurden bestimmungsgemäß benutzt.

Nicht erst die Moghuln brachten den Islam nach Indien. Seit dem 8. Jahrhundert hatten sich islamische Heere im Indus-Tal festgesetzt und seit dem späten 11. Jahrhundert waren starke Sultanate bis hinein nach Südindien entstanden. Mit der Religion hielten auch islamische und vor allem persische Kunsteinflüsse Einzug, die auf originär indische Traditionen trafen und mit diesen eine Symbiose eingingen. Genährt von der Nachfrage am Kaiserhofe speziell nach Edelsteinen und Meisterwerken der Juwelierskunst entstand hier eine Blüte der Kunst, die verschiedenste Elemente absorbiert und ihrerseits eine bis heute anhaltende Ausstrahlung entfaltet. „Sehr viel heutiger Modeschmuck ist von indischem Schmuck der Moghul-Zeit inspiriert.“ sagt Toby Harris, Führer in der Ausstellung und Übersetzer der Ausstellungstexte aus dem Englischen. Ihrer Herkunft nach Sunniten, kennen die Moghuln kein strenges Bilderverbot. In Löwenkopfbeschlägen und Delphinornamenten finden sich griechische Einflüsse. Die Emaille kommt aus Europa nach Indien, wo es nicht gelingt, glatte Flächen zu brennen, durch die unebene Oberfläche aber eine ganz neue, reflektierende Ästhetik entsteht, die in der Folge vor allem in Verbindung mit Edelsteinen bewusst ausgenutzt wird. Emaille, die in einem Brennvorgang aus zerstoßenem Glas mit Metallzusätzen entsteht, wurde in Indien so hoch geschätzt wie Edelsteine. Die zeitweilig vorherrschende Farbe ist oftmals den Vorlieben des jeweiligen Herrschers geschuldet. So ist von Schah Jahan überliefert, die weiße Farbe besonders geschätzt zu haben. In dieser Farbe ließ er auch das Taj Mahal ausführen, das weltberühmte Grabmahl für seine Lieblingsfrau Mumtaz Mahal.

Der Zauber des Edelsteins

Die vier Edelsteine – Diamant, Rubin, Smaragd und Saphir – wurden nach frühhinduistischen, vedischen Vorstellungen als heilig angesehen. Der ebenfalls rote Spinell wurde in Indien übrigens wie ein Rubin geschätzt. Der Verehrung für den Stein ist es geschuldet, wenn er nicht wie in Europa einen mathematisch berechneten, die Lichtbrechung optimierenden Schliff erhält, dem bis zu einem Drittel des Steins zum Opfer fallen kann, sondern eine bloße Politur oder eine nur in Ansätzen geometrische Gestalt. Auch unter den moslemischen Moghuln wurden die Steine nach dieser indischen Tradition geschliffen, aber dies hatte ästhetische, keine religiösen Gründe. Doch finden sich in der Ausstellung Beispiele, wo Steine einem umfangreichen Schliff unterzogen wurden, um sie in kleine Tierformen zu bringen. Die Ausstellung zeigt auch schöne Beispiele für die Bearbeitung von Edelsteinen zu Reliefs. Vor allem auf Smaragden finden sich Reliefs mit floralen oder geometrischen Motiven. Mit Inschriften überzogene Edelsteine tauchen die Aufschrift in ein mystisches Licht. Schon im alten Mesopotamien existiert die Tradition, Edelsteine mit fürstlichen Inschriften zu versehen. Die Ausstellung zeigt Spinelle und Rubine mit Königsnamen und Koranversen. Ein weiteres Charakteristikum erläutert Toby Harris: „Der Umgang mit den Edelsteinen auf vielen Objekten in Indien unterscheidet sich oft grundlegend von der in Europa dadurch, dass der Edelstein hier nicht als ein zentraler Stein behandelt wird, sondern als Teil einer Fläche, in der die Steine aufeinander bezogen sind und so eine funkelnde Fläche bilden.“ Dies wird freilich erst möglich durch die nur in Indien bekannte sog. Kundan-Technik, bei der die kohäsive Eigenschaft hochraffinierten Goldes ausgenutzt wird. Sie ermöglicht, Steine auf jeglicher Oberfläche, und sogar auf anderen Edelsteinen zu befestigen.

„Die am häufigsten gestellte Frage ist, ob das hier alles echt ist.“ berichtet Toby Harris. Soviel Schönheit und Reichtum sind heute wie zu Moghulzeiten nur den wenigsten vorbehalten. Ungläubig staunend stehen wir übrigen davor, wenn wir die seltene Gelegenheit dazu haben.

Noch bis zum 11. April, täglich außer dienstags geöffnet von 10 bis 20 Uhr. Führungen sonntags um 15 Uhr. Der Katalog kostet 20 Euro.



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