MAHLZEIT – Ernährung oder Fütterung?

Von 18. Juni 2012

 

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.

Der Fluch der Konsumgesellschaft. Große Teile der Weltbevölkerung leiden an Durst und Hunger – alle drei Sekunden stirbt ein Mensch am Mangel des Not-wendigsten zum Leben. Die konsumnarkotisierte Industrie-Gesellschaft ernährt sich zunehmend unbewusst von Produkten, die nicht mehr als „gesund“ bezeichnet werden können. Die Unkenntnis im Bereich „LEBENS-MITTEL“ wird täglich größer. Der Mensch wird zu einer funktionierenden Marionette degradiert und system-erhaltend versorgt. Für die Energiezufuhr des Autos wird inzwischen mehr Geld ausgegeben als für die tägliche gesunde Ernährung. Wir verwechseln „nutrition“ (Ernährung) mit „food“ (Fütterung). Das Leben im Hochgeschwindigkeitstrakt – unbewusstes Vegetieren. Der Mensch wird gelebt anstatt selbst zu leben.

Ein durchschnittlicher amerikanischer Supermarkt führt 47.000 Produkte. Bei Tengelmann in Deutschland sind es ca. 6.000 Produkte, bei ALDI ca. 500.

Die Mahl-Zeit ist die Zeit zum Mahlen, zum Schroten. Das englische Wort meal bedeutet ursprünglich: Schrotmehl, grobes Mehl, während das Getreidemehl im Englischen flour heißt. Die Backenzähne von Pflanzen fressenden Tieren werden Mahlzähne genannt. Das gleiche gilt für den Menschen, dessen Schneide- und Backenzähne Kauwerkzeuge sind, die sinnvoll benutzt werden müssen. Im Zuge unserer vermeintlichen Zeit-Not, haben viele von uns die zum intensiven Kauen vorgesehene Mahl-Zeit zur Schling-Zeit pervertiert. Fast-Food ist zum bestimmenden Merkmal unserer vom Konsum narkotisierten Industriegesellschaft geworden. Fast Food heißt wörtlich: schnelle Fütterung. Keine Zeit zum Mahlen, zum Kauen, zum Genießen. Verdruss statt Genuss, Leben im Schnellverfahren, technologischer Wahnsinn mit high speed. Statt weniger immer mehr, statt gesundes Fasten, Fütterung im Eilverfahren.

Die englische Sprache bietet hier ein interessantes Betrachtungsspektrum an: Das Adjektiv fast = schnell verwandelt sich als Verb to fast zu fasten sowie als Substantiv fast zu Fasten. Das berühmte englische break-fast (Frühstück) ist wörtlich genommen ein Fasten-Brechen nach einer Nacht des Nicht-Essens. Das engl. Verb to fasten hingegen bedeutet: festmachen, anbinden. Fasten your seat belts = machen Sie Ihre Sitzgurte fest. Etymologisch hängen alle diese Worte mit dem lat.: festinare = eilen zusammen. Da der Lateiner möglicherweise schon das Problem des Hastens erkannt hat, bedachte er uns mit dem berühmten Sprichwort: festina lente = haste langsam! – eile mit Weile!

Wir müssen uns während des Essens, der Aufnahme von Lebens-Energie, Zeit zum Mahlen, zum Kauen nehmen. Das tun die Südeuropäer viel mehr als wir im Norden, wo nach sehr ökonomischen Gesichtspunkten die Essenszeiten geregelt werden. Die technisch hochgezüchteten Automobile kommen zur Wartung und Reparatur in aufwendige Diagnose-Zentren, die Computer erhalten ständig einen Anti-Viren-Schutz, und der Mensch steht ratlos vor dem Szenario einer Lebensmittel-Hysterie, weil er das Wesentliche seines Daseins überhaupt nicht mehr kennt.

Menschen werden in Arztpraxen medikamentös auf ihre Zucker- oder Herzkrankheit eingestellt. Dass wir täglich mit der Aufnahme von Rinder- oder Schweinefleisch sehr subtil mit Antibiotika und Hormonen und anderem vergiftet werden, entzieht sich dem Blickfeld eines vom Konsum getrübten Bewusstseins. Wir sind der irrigen Meinung, informiert zu werden und sehen darin eine passive Wissensaufnahme.

Der Mensch selbst muss zum Informator seiner selbst werden, um Transformation letztlich vollziehen zu können. Wir müssen doch in der Lage sein zu erkennen, dass wir von Energiezufuhr leben und nicht von Energieabnahme. Ein Auto wird mit Super-Kraftstoff getankt und fährt entsprechend schnell. Die meisten Menschen verwechseln ihre täglich konsumierten Füllmengen in fast-food-Manier mit Lebensmitteln, Mitteln zum Leben. Wer nach einer Mahl-Zeit nicht energiegeladen vom Tisch aufstehen kann, hat sich mit wertlosem Abfall versorgt – Menge vor Qualität –, und er muss sich nicht wundern, wenn er zur taumelnden Mülltonne degeneriert.

Das tägliche Brot muss gesegnet werden, nicht das Zeitliche. Die Haltung gegenüber jedem Stück Nahrung (engl.: nutrition) muss von Dankbarkeit bestimmt und erfüllt sein.

Die zahllosen Ökotrophologen, die Ernährungswissenschaftler, werden uns keine Lösung anbieten können. Wir müssen zum Ur-Wissen, zum Ur-Sprung des göttlichen Schöpfungsprinzips zurückkehren. Fortschritt kann letztlich nur eine Rückkehr zum Wesenskern sein. Dies ist nicht Rückschritt in vergangene Zeiten, auch nicht Reformation, sondern Transformation, Verwandlung. Für die Verwandlung muss der Mensch selbst den Nährboden bereiten. Wir benötigen keine Ernährungs-Lehre, sondern eine Konsum-Leere, das Erwachen aus der narkotisierten fast-food-Mülltonne zum: Fest des Lebens.

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Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag herausgegeben von Roland R. Ropers

 

 

 



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