Die AfD im Bundestag.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

AfD-Fraktion sieht sich durch FES-Studie bestätigt: „Die Mitte sind wir“

Von 26. April 2019
Obwohl den Ergebnissen der „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zufolge 86 Prozent der Befragten wollen, dass Deutschland eine Demokratie bleibt, und nur zwei Prozent „rechtsextremen“ Ansichten zustimmen, verliert den Autoren zufolge die „Mitte“ an „demokratischer Orientierung“.

Von einer „Studie zu Rechtsextremismus“ ist auf dem Nachrichtenportal der „Tagesschau“ die Rede und die Schlagzeile, in der vom „Verlust demokratischer Orientierung“ die Rede ist, verheißt Düsteres. Kann sich der Bundesvorsitzende der NPD, Frank Franz, am Ende langsam, aber sicher schon einmal mental darauf vorbereiten, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen?

Dies wäre wohl etwas verfrüht, geht aus der Studie, auf die angespielt wird, hervor. „Rechtsextreme“ Ansichten, also solche, die im Kern auch Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes charakterisieren, stoßen sowohl im Osten als auch im Westen des Landes nur noch auf zwei Prozent Zustimmung. Im Jahr 2010 waren es der gleichen Studie zufolge immerhin noch zehn Prozent gewesen.

Gleichzeitig halten es, so zitiert die „Tagesschau“ die Veröffentlichung, 86 Prozent aller Befragten für unerlässlich, dass Deutschland demokratisch regiert werde. Außerdem seien 93 Prozent der Ansicht, die Würde und Gleichheit aller sollten an erster Stelle stehen.

80 Prozent lehnen „Hetze gegen Minderheiten“ ab

Ebenfalls 86 Prozent, darunter zwangsläufig auch einige jener 17 Prozent, die meinen, Deutschland wäre „ohne die EU besser dran“, bekennen sich zu einem „stärkeren Zusammenhalt“ innerhalb der Staatengemeinschaft. Darüber hinaus wandten sich 80 Prozent der Befragten gegen „Hetze gegen Minderheiten“ und begrüßten eine „vielfältige Gesellschaft“.

Angesichts solcher Ergebnisse stellt sich nun die Frage, was dermaßen apokalyptische Aussagen rechtfertigen würde, wie sie die „Tagesschau“ als Fazit der Studie zitiert.

Eine mögliche Antwort könnte es darstellen, dass die Forscher des „Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung“, die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung die Studie erarbeitet hatten, einen essentialistischen Begriff von „Demokratie“ vertreten – anders als bei der Definition der „Mitte“.

Schon der Titel und die Arbeitsbezeichnung der Studie wirken uneinheitlich. Der Originaltitel der Ausarbeitung, den die Autoren ihm gegeben haben, lautet „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände; Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/19“. Obwohl dieser Titel eigentlich nahelegt, das Thema, um das es gehe, wäre der Rechtsextremismus, wird die Studie, die seit 2006 alle zwei Jahre von der FES präsentiert wird, stets nur als „Mitte-Studie“ bezeichnet.

Was ist eigentlich die „Mitte“?

Eigentlich, so würde wohl ein Großteil der Bürger des Landes auf Anhieb denken, ist die „Mitte“ schon begriffslogisch her etwas völlig anderes als der „Extremismus“, ob von links oder rechts. Denn die „Mitte“ auf einer Achse, die von ganz links bis nach ganz rechts reicht, ist zwangsläufig gerade von diesen Endpunkten gleich weit entfernt. Diese Vorstellung ist mehr als bloßer Formalismus: Sie ist die Basis des Antitotalitarismus. Die Mitte als der Ausdruck der Vernunft, des Gemeinsinns und des Augenmaßes innerhalb eines demokratischen Gemeinwesens sei demnach dort, wo totalitäre Bestrebungen von links und rechts in gleichem Maße abgelehnt werden.

Eine alternative und deutlich pessimistischere Umschreibung ist die der „Mitte“ als einer Resultierenden aus dem Kampf zwischen den politischen Kräften, die den herrschenden Konsens bestimme. In diesem Fall würde die Mitte nicht als eigenständige Kraft wahrgenommen, sondern als Getriebene. Wenn es einer Seite gelänge, ihre Agenda lautstark genug zur Geltung und die Gegenseite zum Schweigen zu bringen, mit der Folge, dass die apolitische Masse diese radikale Agenda als Normalität ansieht, würde sie auch die Mitte in ihre Richtung verschieben. Vielfach charakterisieren konservative Kommentatoren den derzeitigen „demokratischen Konsens“ in Deutschland als auf diese Weise zustande gekommen – die extreme Linke habe demnach seit 1968 die Mitte weit nach links verschoben.

Die Autoren der FES-Studie hingegen stellen auf ökonomische Kriterien und auf die Selbstdefinition der Befragten ab. Auf den ersten Blick ein Ansatz, der objektive und subjektive Kriterien in Einklang zu bringen versucht und so auch Grenzen absteckt: Ein Hartz-IV-Empfänger wäre demnach auch dann nicht „Mitte“, wenn er ein glühender Anhänger der Bundeskanzlerin Angela Merkel wäre – ein Buchhalter eines mittelständischen Unternehmens, dessen Gehalt dem deutschen Medianeinkommen entspricht, wäre es ebenfalls nicht, wenn er sich als aktives Mitglied der MLPD zu erkennen gibt.

Wie man einen „Rechtsruck“ konstruiert

Dennoch scheint dieser Ansatz nicht ganz uneigennützig zu sein. Im Vorwort zu ihrer Studie wird nämlich ein angeblicher „Rechtsruck“ in Deutschland beschworen, der dadurch zustande komme, dass „Einstellungen, die vielleicht von rechtsextremen Gruppen entwickelt werden, auf jeden Fall aber von ihnen vertreten werden, […] nachweislich auch von Menschen geteilt“ würden, die „sich selbst als Mitte einstufen, oder nach ökonomischen Kriterien dazugehören“.

Diese Definition von Mitte erlaubt es entsprechend, die Existenz einer „Gefahr von rechts“ selbst dann zu begründen, wenn Parteien, die vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuft werden, bei Wahlen weit unterhalb der Wahrnehmungsgrenze bleiben.

Das Geheimnis hinter dem Demokratiebegriff, den die Autoren der FES-Studie ihrer Arbeit zugrunde legen, ist demnach, dass nur eine „liberale“ Demokratie eine wahrhaftige sei – und auf diese Weise eben auch jemand, der das Grundgesetz und die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht infrage stellt, nach dieser Auffassung „antidemokratisch“ eingestellt sein kann.

Dieser Essentialismus, der sich auf ein bestimmtes ideologisches Denksystem gründet und auf die von diesem entwickelten Begriffe und Glaubenssätze, schafft nach Überzeugung der Forscher die Grundlage dafür, ein Bekenntnis zur Demokratie als „vordergründig“ zu entlarven, sobald es den von ihnen definierten Mindestanforderungen an „Liberalität“ nicht genügt.

Obwohl die Autoren der Studie den Anspruch der Wissenschaftlichkeit erheben, finden sich in ihren Darstellungen reihenweise Begriffe, deren objektiver Gehalt regelmäßig hinter subjektive Wertungen zurücktritt. Beispielsweise ist die Rede von „menschenfeindlichen“ Einstellungen, „abwertenden“ Aussagen, „Vorurteilen“ – zudem werden eindeutig ideologische Begriffe wie „Sexismus“ ins Spiel gebracht.

Die Tücken der „Menschenfeindlichkeit“

Eine objektive Definition von Begriffen wie „Menschenfeindlichkeit“ findet sich jedoch nicht in der Studie. Es ist davon auszugehen, dass die Befragten selbst weder Aliens noch Kanarienvögel waren. Auch dürften nicht alle Eremiten gewesen sein. Es ist zwar immer wieder die Rede davon, dass diese als „gruppenbezogen“ wahrgenommen werde – also eine gattungsbezogene, wie man sie aus ökologistischen Kreisen kennt („Der Mensch ist das Krebsgeschwür der Erde“, „Kinder sind das Schlimmste für die Umwelt“ usw.), fällt offenbar nicht darunter.

Auch wird nicht hinterfragt, ob die eine oder andere kritische Einschätzung zu den Folgen der Asylpolitik der Bundeskanzlerin auf tatsächliche Erfahrungen Befragter aus dem Alltag herrührt – was ja begriffslogisch die Annahme infrage stellen würde, es handele sich um bloße „Vorurteile“.

Nicht erklärt wird auch, warum zwar den Ergebnissen der Studie zufolge 80 Prozent „Hetze gegen Minderheiten“ ablehnten, aber gleichzeitig ein Prozentsatz deutlich über den restlichen 20 Prozent „gruppenbezogen menschenfeindlich“ eingestellt wäre. Nicht zuletzt dieses Phänomen deutet darauf hin, dass aus Sicht der Autoren der Studie auch sachlich-kritische Rede über die Asylpolitik oder den Islam bereits die Qualifikation der „Hetze“ erfülle – nicht aber aus Sicht der „Mitte“ der Bevölkerung.

Im Ergebnis unterscheidet die Studie entsprechend zwischen aus ihrer Sicht „authentischen“ demokratischen Überzeugungen und solchen, die bloße „Lippenbekenntnisse“ darstellten. „Rechtspopulistische Einstellungen sind stabil und das heißt, sie sind in der Mitte normaler geworden“, heißt es entsprechend in Anbetracht der Tatsache, dass die Studie vielfach kritische Auffassungen zur Asylpolitik der Bundesregierung und Wünsche nach einer entschlosseneren Behauptung der Rechtsordnung zutage gefördert hat. Letztgenanntes gilt nach Auffassung der Autoren als „Law-and-Order-Autoritarismus“.

55 Prozent sagen: Es gibt ein Meinungsdiktat in Deutschland

Solche Meinungen könnten, so Institutsleiter Andreas Zick, „mit einer höheren Gewaltbilligung und -bereitschaft und damit einer Verrohung der Gesellschaft einhergehen“. Autoritäre und gewalttätige Versuche der extremen Linken, Andersdenkende zum Schweigen zu bringen, waren für die Studie hingegen kein Thema.

Ein weiteres Indiz für den angeblichen „Verlust der demokratischen Orientierung“ sei es, dass 46 Prozent der Befragten der Auffassung waren, dass geheime Organisationen politische Entscheidungen beeinflussen, 55 Prozent meinen, es gäbe ein Meinungsdiktat in Deutschland und etwa 25 Prozent denken, dass „Medien und Politik unter einer Decke stecken“.

Möglicherweise ist dies aber auch Ausdruck des Unmutes in der Bevölkerung über eine elitäre Selbstgerechtigkeit sein, wie sie unter anderem im Versuch zum Ausdruck kommt, von oben herab zu bestimmen, wer „richtiger“ Demokrat sei und wer nicht. Was die einen als ausreichend objektive Bestandaufnahme im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie betrachten, mag anderen als ein Beispiel für ideologisches Gaslighting erscheinen – also eines gezielten Versuchs, Menschen mithilfe semantischer und psychologischer Tricks gezielt zu manipulieren und in ihrer Realitätswahrnehmung zu beeinflussen.

AfD: „Wir gehören zur Mitte“

Alexander Gauland und Alice Weidel sehen sich namens der AfD-Fraktion im Bundestag in ihrer Einschätzung bestärkt, dass ihre Partei aufgreife, was Menschen bewege. So heißt es aus der Fraktionsführung:

Zum Glück finden vernünftige Einsichten, wie etwa die Kritik an Merkels unverantwortlicher Flüchtlingspolitik, immer mehr Zustimmung in der Mitte der Gesellschaft. Gleichzeitig macht die Studie endgültig deutlich, dass wir als größte Oppositionsfraktion in der Mitte verankert und kein Randphänomen sind.“

Der Sender n-tv fasst die Ergebnisse der Studie unter dem Titel „Das Land wird rechter, nicht rechtsextremer“ zusammen. Ob Ansätze wie jene des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung tatsächlich zu einer klaren Abgrenzung zwischen diesen Begriffen beitragen, bleibt offen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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