AfD: Wird Curio der neue Höcke? Neue Fronten im Vorfeld des Bundesparteitages
Lange Zeit hatten nicht nur die führenden Medien, sondern auch Vereinigungen und Medien in und im Umfeld der Partei selbst den Eindruck vermittelt, es gäbe im Kern nur zwei wesentliche Einflussfaktoren in der AfD: gemäßigte, liberal-konservative im Westen, die sich zum Teil in Gruppen wie „Alternative Mitte“ oder „Bürgerliche AfD“ sammelten – und „völkische Nationalisten“, die sich im „Flügel“ organisieren und Thüringens Fraktionschef Björn Höcke huldigten.
Es war nie nur „Moderate gegen Flügel“
Wer genauer hinsah, dem musste schnell klar werden, dass diese Einordnung unterkomplex war. Die Rivalität zwischen „Bürgerlichen“ und „Flügel“ zog sich durch jeden Landesverband – aber das war nicht die einzige Front, die sich bilden sollte. Oft ging es bei innerparteilichen Konflikten einfach nur um persönliche Rechnungen oder Einflussfragen. In diesem Zusammenhang bildeten sich häufig eigenwillige Koalitionen oder Formationen, die jenseits aller Flügel und Persönlichkeiten standen.
Die Eigendynamiken des Parteilebens und die politische Realität in den Parlamenten ließen am Ende nicht einmal mehr eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Liberal-Konservativen, christlicher Rechter und Nationalkonservativen zu, die inhaltlich die drei bedeutsamsten Blöcke bildeten. Der „gärige Haufen“, als den Bundessprecher Alexander Gauland die AfD einst bezeichnete, ist gärig geblieben. Und dies macht die Prognosen vor dem Bundesparteitag, der am Wochenende in Braunschweig (30.11.-1.12.) stattfinden wird, noch schwieriger.
Im Dezember 2017 musste beim Parteitag in Hannover Alexander Gauland als „Feuerwehr“ eingreifen, nachdem in einem „Major Upset“ eine bis dahin weithin unbekannte Landespolitikerin aus Schleswig-Holstein, Doris von Sayn-Wittgenstein, um nur eine Stimme die Wahl zur zweiten Sprecherin verpasst hatte. Der „Flügel“ hatte sich zuvor hinter geschlossen hinter sie gestellt, um den lautstarken Höcke-Kritiker Georg Pazderski aus Berlin zu verhindern.
„Sayn-Wittgenstein-Moment“ wird sich diesmal nicht wiederholen
Dazu wird es diesmal definitiv nicht kommen. Mittlerweile ist von Sayn-Wittgenstein nach Rechtsextremismus-Vorwürfen aus der Partei ausgeschlossen worden. Höcke hat seine Rhetorik deutlich entschärft und jüngst sogar in staatsmännischer Verantwortung seinen eigenen Rückzug angeboten, um eine bürgerliche Regierung in Thüringen zu ermöglichen. Pazderski, der in Hannover noch zu einem der stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde, ist dies nicht verborgen geblieben und er hat in einem Brief an die CDU explizit das taktische Angebot der AfD Thüringen als tragfähigen Ansatz für künftige bürgerliche Mehrheiten überall in Deutschland bezeichnet.
Höcke wiederum hat auf Facebook dazu aufgerufen, seinen Vertrauten und brandenburgischen Fraktionschef Andreas Kalbitz sowie den stellvertretenden Schatzmeister Frank Pasemann wieder in den Vorstand zu wählen. Keine Unterstützung des Flügels würden in Braunschweig jene Kandidaten bekommen, die „in den letzten Jahren durch Wort und Tat ihre fehlende Integrationskraft bewiesen haben“. Zudem trat Höcke dafür ein, den Osten im Vorstand zu stärken und auch dafür zu sorgen, dass einer der beiden Bundessprecher aus den neuen Bundesländern kommt.
In Anbetracht der Tatsache, dass Alexander Gauland erklärt hat, nicht mehr kandidieren zu wollen, ist dies als eine Wahlempfehlung für den aus der Lausitz stammenden Bundestagsabgeordneten Tino Chrupalla zu werten, der auch Gaulands Wunschkandidat ist.
Ob es bei einer Doppelspitze bleiben wird, ist noch unklar. Es ist durchaus denkbar, dass der Parteitag eine Erweiterung auf drei Sprecher beschließt, wie dies auch in den Jahren nach der Gründung der Partei bereits praktiziert wurde. Jetzt schon absehbar ist, dass es mindestens vier Kandidaten für die beiden bestehenden Sprecherposten geben wird und das Rennen um die übrigen Vorstandsposten noch spektakulärer werden wird. Insbesondere sind Überraschungen nicht auszuschließen, da einige der 2017 gewählten Amtsträger zuletzt erheblichen Gegenwind aus den eigenen Reihen erfahren haben.
Meuthen vor deutlicher Bestätigung
Eine Bestätigung des Europaabgeordneten Jörg Meuthen auf dem Posten des ersten Sprechers mit deutlicher Mehrheit erscheint als wahrscheinlich. Zwar hat sein baden-württembergischer Kreisverband ihm den Delegiertenstatus entzogen – dies ist jedoch der besonderen Situation im dortigen Landesverband und vor Ort geschuldet. In der Partei insgesamt hatte es aber lediglich aus Teilen des Rechtsaußen-Lagers grundlegende Kritik an Meuthen gegeben, der es verstanden hatte, die unterschiedlichen Spektren der Partei erfolgreich auszutarieren. Selbst im „Flügel“ dürfte es keine Mehrheit gegen Meuthen geben.
Als möglich erscheint nach derzeitigem Stand der Spekulationen, dass die aus Speyer stammende Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst, die mehrfach ihr Interesse an einem Sprecheramt erklärt hatte, Meuthen herausfordern wird. Dies deshalb, weil eine Kandidatur für die Gauland-Nachfolge auf dem zweiten Sprecherplatz für sie nicht aussichtsreicher sein dürfte. Höchst hat aber weder eine klare Hausmacht noch ist aus ihrer bisherigen Karriere in der AfD erkennbar, worin ihr Mehrwert gegenüber dem erfahrenen und europaweit gut vernetzten Meuthen liegen soll.
Im Bundestag ist sie bislang vor allem durch eine Kleine Anfrage aufgefallen, in der sie die Veränderung der Zahl schwerbehinderter Kinder in Deutschland seit 2012 erfragen wollte. Diese hatte sie mit der Annahme begründet, in Zuwandererfamilien wären Verwandtschaftsehen so häufig, dass sich dies in einer höheren Anzahl behinderter Kinder niederschlagen müsse. Auch in Teilen der eigenen Partei wurde der Antrag als Grenzüberschreitung, Geschmacklosigkeit oder gar Anklang an eugenisches Gedankengut kritisiert. Auch vor diesem Hintergrund dürfte Höchst weder im Fall einer Kandidatur für den ersten noch um den zweiten Sprecherposten eine reelle Chance haben.
Chrupalla als Wunschkandidat der Parteispitze und des Ostens
Das Rennen um den zweiten Sprecherposten und damit die Gauland-Nachfolge dürfte umso offener sein. Der sächsische Kandidat Tino Chrupalla hat die klare Rückendeckung der zuletzt bei den Landtagswahlen starken Ost-Landesverbände inklusive jenem Björn Höckes. Dazu kommt die Unterstützung durch Gauland. Auch unter den liberal-konservativen oder libertären Meuthen-Anhängern ist der Rückhalt für Chrupalla beachtlich.
Bezüglich der Frage, ob dies für die Wahl zum zweiten Sprecher reichen wird, besteht jedoch eine Rest-Unsicherheit. Zum einen ist ungewiss, ob die niedersächsische Landtags-Fraktionschefin Dana Guth, die als liberal-konservativ, dabei aber auch als prononcierte „Flügel“-Gegnerin gilt, für diesen Wahlgang kandidieren wird.
Vor allem aber gilt der aus Berlin stammende Bundestagsabgeordnete Gottfried Curio als schwer kalkulierbar. Er hat in einem Video auf Facebook seine Kandidatur erklärt und gilt als der neue Star der Parteirechten. Während vor allem in den Westberliner Verbänden der AfD – und Curio ist Vorsitzender im Bezirksverband Steglitz-Zehlendorf – die „bürgerliche Mitte“ der Partei den Ton angibt und in der Vergangenheit vor allem von dort massive Kritik an Björn Höcke geübt wurde, scheint Curio gerade bei den „härtesten“ Rechten dem Thüringer Fraktionschef den Rang abgelaufen zu haben.
Härter als Höcke – und thematisch stark fixiert
Immerhin ist Curio im Bundestag bislang mehrfach durch eine besonders scharfe Rhetorik aufgefallen, die vor allem in Themenbereichen wie Einwanderung, Asyl oder Islam jene Höckes deutlich übertraf. Auch spielen diese Themen bei Curio eine überdurchschnittliche Rolle, während Höcke sich eher um thematische Breite bemühte. Populär wurde Curio deshalb dadurch, dass seine Reden über die sozialen Netzwerke verbreitet wurden. Auch Chrupalla erklärt in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ), er würde eine moderatere Rhetorik bevorzugen als jene, für die Curio bekannt sei.
Curio hatte zuletzt erklärt, nicht gegen Meuthen kandidieren zu wollen – und auch nicht für den Fall, dass Gauland doch noch von seinem angekündigten Rücktritt zurücktreten sollte, was unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar ist. Kandidiert aber nur Chrupalla oder würde Dana Guth gegen den Handwerksmeister aus Weißwasser kandidieren, würde Curio antreten – und könnte neben der Parteirechten auch auf jene Delegierten aus den westlichen Landesverbänden zählen, die entweder mit Meuthen noch eine Rechnung offen haben oder eine größere Bedeutung der Ost-Verbände verhindern wollen.
Was die Posten der Stellvertreter und Beisitzer anbelangt, dürfte allenfalls die derzeitige Beisitzerin Beatrix von Storch sicher im Sattel sitzen. Pazderski muss mit einer Kampfabstimmung gegen einen oder mehrere jener Kandidaten rechnen, die in der Wahl um die Sprecherposten unterlegen sind. Stellvertreter Kay Gottschalk, der 2017 auch aus einem Impuls der Solidarität nach einem Angriff durch Linksextremisten heraus zum zweiten Stellvertreter gewählt wurde, ist innerparteilich stark umstritten, nachdem er sich in mehreren Konflikten als Scharfmacher präsentiert hatte.
Stolpert Weidel über Spendenaffäre?
Albrecht Glaser, der vor zwei Jahren ins Rennen geschickt worden war, um eine Wahl André Poggenburgs zu verhindern, hätte diesmal mehr Gegenwind zu erwarten. Neben einer Vielzahl an neuen Kandidaten, die ihren Hut in den Ring werfen werden – etwa Uwe Junge aus Rheinland-Pfalz oder Bundestags-Fraktionsgeschäftsführer Roland Hartwig – spricht sein Alter von bald 78 Jahren gegen eine aussichtsreiche Wiederkandidatur.
Auf die „Abschussliste“ könnte zudem Guido Reil gelangen, der derzeit im EU-Parlament sitzt, aber in einigen Fernsehauftritten eine auch aus Sicht mancher Parteifreunde wenig überzeugende Figur machte. Sein Quereinsteiger-Bonus als jahrzehntelanger SPD-Funktionär dürfte ihm diesmal nicht mehr helfen. Schwer einzuschätzen ist, inwieweit der Bayer Stephan Protschka seine starke Position bei den letzten Vorstandswahlen halten konnte. Die Querelen im dortigen Landesverband und der Landtagsfraktion erscheinen eher als Bürde.
Ein mögliches Favoritensterben könnte auch die von einer Spendenaffäre belastete Bundestags-Fraktionssprecherin Alice Weidel oder den brandenburgischen Fraktionschef Andreas Kalbitz treffen. Andererseits dürfte die Hemmschwelle vieler Delegierter, eine bundesweit bekannte und präsente langjährige Spitzenpolitikerin oder einen frischgebackenen Wahlsieger scheitern zu lassen, hoch sein.
Nicht zu unterschätzen ist in jedem Fall auch die Eigendynamik, die bislang noch jeder AfD-Parteitag entfaltet hat. Hier könnten überraschende Adhoc-Bündnisse entstehen, Überraschungskandidaten auftauchen oder auch gesetzte Kräfte ihren Rückzug erklären. Auch mit Kandidaturen in letzter Minute ist immer zu rechnen. Ob die Ergebnisse des Parteitages Stabilität in die Partei tragen oder Anlass für neue Unwägbarkeiten werden, wird sich erst nach dem kommenden Wochenende weisen.
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