Erklärt Verfassungsschutz-Chef Haldenwang die AfD bald zum „Verdachtsfall“?

Bereits Ende Januar könnte Verfassungsschutz-Chef Haldenwang die AfD zum Verdachtsfall für verfassungsfeindliche Bestrebungen erklären. Dies schreibt der „Tagesspiegel“ unter Berufung auf Sicherheitskreise. Das letzte Wort hat jedoch Bundesinnenminister Horst Seehofer.
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Thomas Haldenwang.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 17. Januar 2021

Der AfD droht eine baldige offizielle Einstufung als Verdachtsfall hinsichtlich verfassungsfeindlicher Bestrebungen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und damit eine Beobachtung durch den deutschen Inlandsnachrichtendienst.

Dies berichtet der „Tagesspiegel“ unter Berufung auf Sicherheitskreise. Bereits Ende Januar, spätestens Anfang Februar könnte BfV-Chef Thomas Haldenwang die Entscheidung verkünden.

Auf Länderebene wird AfD zum Teil schon beobachtet

Bis dato haben die Landesbehörden für Verfassungsschutz in Brandenburg und in Thüringen die dortigen AfD-Verbände als Verdachtsfälle für rechtsextremistische Bestrebungen eingestuft. In Sachsen steht Medienberichten zufolge ebenfalls eine solche Einordnung bevor.

Sollte der Bund tatsächlich in Kürze die Beobachtung der Gesamtpartei verkünden, dürften gleichlautende Entscheidungen in den meisten Bundesländern nur noch eine Formsache darstellen.

Haldenwang selbst hatte vor zwei Jahren verkündet, die Gesamtpartei auf Bundesebene als „Prüffall“ einzustufen und dazu ein Gutachten vorgelegt, das die dafür erforderlichen Anhaltspunkte aufführen soll. Zudem wurde die Einstufung der Vereinigungen „Der Flügel“ und „Junge Alternative“ als Verdachtsfälle begründet.

Haldenwang will Pleite vor Gericht wie 2019 diesmal vermeiden

Das Verwaltungsgericht Köln versetzte Haldenwangs Bemühungen jedoch bereits im Februar 2019 einen Rückschlag, als es einem Eilantrag der AfD auf Unterlassung stattgab. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass es für eine öffentliche Mitteilung, eine Partei werde als Prüffall bearbeitet, keine Rechtsgrundlage gäbe.

Da mit der Mitteilung und insbesondere der damit verbundenen Stigmatisierung ein erheblicher Eingriff in die Rechte der AfD verbunden wäre, sei diese rechtswidrig und unverhältnismäßig.

Die Einstufung einer Partei als Verdachtsfall hat demgegenüber ihre Grundlage in § 4 I 3 BVerfschG. Sie kommt zum Tragen, wenn eine Gruppe zwar nicht als erwiesen extremistisch gilt, jedoch „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ bestehen, insbesondere gegen die darin konkretisierten und in § 4 Abs. 2 dieses Gesetzes genannten Verfassungsgrundsätze.

Reichen diese Anhaltspunkte aus, ist der Inlandsgeheimdienst dazu ermächtigt, Informationen auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln, beispielsweise durch V-Leute, zu beschaffen, zu sammeln und diese auszuwerten.

Haldenwang sieht Radikalisierung der AfD bestätigt

Dass diese Schwelle erreicht ist, davon geht Haldenwang mittlerweile aus. Wie der Tagesspiegel weiter schreibt, soll der Bundesverfassungsschutz bereits bis zum Oktober des Vorjahres mehr als 3.000 Seiten an Material gesammelt haben, die eine Radikalisierung der AfD belegen sollen.

„Sowohl völkisch-nationalistische wie auch muslimfeindliche und andere fremden- und minderheitenfeindliche Aussagen“ von Parteifunktionären und weiteren Mitgliedern, die mit der Garantie der Menschenwürde unvereinbar seien, hatte Haldenwang bereits in seinem Prüffall-Gutachten angesprochen.

Mittlerweile sollen sich die bestehenden Anhaltspunkte so weit verdichtet haben, dass die Schwelle für die Einstufung als Verdachtsfall überschritten wäre. Bereits im Dezember hatte der BfV-Chef gegenüber der Innenministerkonferenz erklärt, der Einfluss des „völkischen Lagers“ in der Partei sei größer geworden.

Die vom thüringischen Landeschef Björn Höcke im Frühjahr 2020 verkündete Selbstauflösung des „Flügels“ sei, so Haldenwang, nur ein taktischer Schachzug gewesen. Als Gesinnungsgemeinschaft trete die Vereinigung weiterhin geschlossen auf und könne sich innerhalb der Partei auf etwa 7.000 Mitglieder stützen, schwerpunktmäßig in Ostdeutschland.

Meuthen-Lager bei Nachbesetzungen erfolgreich

Dass sich bei Nachwahlen zu Vorstandsposten auf dem Bundesparteitag Ende November 2020 in Kalkar die vom „Flügel“ favorisierten Kandidaten nicht durchsetzen konnten und diese auch in mehreren Bundesländern bei Listenparteitagen scheiterten, scheint an Haldenwangs Einschätzung wenig zu ändern.

Immerhin sei der vom Verfassungsschutz bereits als Einzelperson beobachtete Hans-Thomas Tillschneider im September 2020 mit 84 Prozent der Stimmen zum stellvertretenden Landesvorsitzenden in Sachsen-Anhalt gewählt worden.

Im selben Monat löste der als „Flügel“-nahe geltende Bundestagsabgeordnete Jens Kestner die als moderat geltende bisherige Landesvorsitzende Dana Guth ab. Beim Wahlparteitag für die Bundestagswahlen im darauf folgenden Dezember setzten sich hingegen die Gegner des „Flügels“ durch.

Trotz des Parteiausschlusses des früheren Bundesvorstandsmitglieds Andreas Kalbitz bleibe laut Haldenwang in Brandenburg der Rechtsaußen-Einfluss dominant. Zum Nachfolger von Kalbitz an der Fraktionsspitze wurde mit Hans-Christoph Berndt der Sprecher des in Cottbus aktiven Vereins „Zukunft Heimat“ gewählt, den der Verfassungsschutz als „neonationalsozialistisch beeinflusst“ einordnet.

Verfassungsschutz schätzt Ex-„Flügel“ als „wirkungsmächtig“ ein

Obwohl der Verfassungsschutz einräumt, dass die Zahl der Unterstützer des liberal-konservativen Bundessprechers Jörg Meuthen größer ist als jene seiner Gegner von rechts, hält Haldenwang die Anhänger des aufgelösten „Flügels“ für „wirkungsmächtig“ genug, um ein „strategisches Patt“ zu erzwingen. Die Meuthen-Gegner seien „aggressiver“ und verfügten über „mehr Elan“.

Dazu komme ihre Bereitschaft zum Schulterschluss mit außerparlamentarischen Bewegungen. Neben der islamfeindlichen Pegida-Bewegung, die in den vergangenen Jahren an Bedeutung eingebüßt hatte, würden Teile der AfD die Nähe zu aktivistischen Gegnern der Corona-Maßnahmen suchen.

Dass die AfD-Fraktion einige ihrer Vertreter anlässlich der Debatte zum Infektionsschutzgesetz in den Bundestag eingeladen und diese – wie es Fraktionschef Alexander Gauland später selbst nannte – „unzivilisiertes Verhalten“ gezeigt haben sollen, soll der Partei hinsichtlich ihrer verfassungsschutzrechtlichen Bewertung geschadet haben.

In Hamburg soll ein dem „Flügel“ zuzurechnendes Mitglied in sozialen Medien gegenüber Corona-Gegnern sogar erklärt haben, dass „die Zeit des friedlichen Widerstandes“ vorbei sei.

Zerstrittenheit bleibt der AfD erhalten

Ob es tatsächlich zu einer Einstufung der AfD als Verdachtsfall kommen wird, hängt jedoch vor allem von Bundesinnenminister Horst Seehofer ab. Er trägt am Ende das Risiko, dass die Bundes-AfD gegen eine solche Entscheidung wiederum einen Eilantrag einbringen und damit noch vor der Bundestagswahl Erfolg haben könnte.

Dass Bundessprecher Jörg Meuthen in Kalkar scharfe Kritik an Teilen seiner eigenen Partei geübt hatte und eine scharfe Abgrenzung sowohl nach Rechtsaußen als auch gegenüber der bereits vom Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachteten „Querdenken“-Bewegung forderte, könnte das Risiko für Haldenwang und vor allem für Seehofer erhöhen.

Wie groß der Nutzen des Scheiterns einer Einstufung als Verdachtsfall am Ende für die AfD wäre, ist schwer einzuschätzen. Zwar könnte die Partei dieses im Wahlkampf offensiv in die Waagschale werfen. An der inneren Zerstrittenheit der AfD und den häufig fließenden Grenzen zwischen moderaten und radikalen Positionen, auch abseits der Anhängerschaft des früheren „Flügels“, würde allerdings auch ein solcher Erfolg wenig verändern.

Um den Wiedereinzug in den Bundestag muss die Partei nach derzeitigem Stand allerdings nicht fürchten: Die jüngsten Umfragen sehen sie zwischen 8 und 10 Prozent



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