EU-China-Sanktionsstreit eskaliert: Was steckt hinter dem Spiel von Pekings Führung?

Europa ist ins sogenannte „Rentenalter“ eingetreten, meint die Parteiführung in Peking. Die Länder seien zunehmend abhängig vom chinesischen Markt. Damit werden die Sanktionen straffer angezogen. China blockiert das wichtige Politische- und Sicherheitspolitische Komitee des Europäischen Rates.

Dieser Gastbeitrag ist der Originaltext zum Video: „EU-China-Sanktionsstreit eskaliert: Was steckt hinter dem Spiel von Pekings Führung?“ vom YouTube-Kanal „Leas Einblick“

Die Spannungen zwischen der EU und China drohen zu eskalieren. Die Außenminister der EU-Staaten haben am Montag dem 22. März, beschlossen, Sanktionen gegen China zu verhängen. Grund dafür ist Chinas Vorgehen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren in der Provinz Xinjiang. Vier Parteifunktionäre und eine Institution aus China wurden auf die Sanktionsliste gesetzt.

Und Peking ließ mit seiner Racheaktion natürlich nicht lange auf sich warten: Nun wenige Stunden nach der Bekanntgabe des Beschlusses der Europäischen Union verkündete China die Vergeltung. Und das, nicht etwa im gleichen Ausmaß, wie man hätte annehmen können. China musste natürlich nochmal eins drauflegen.

Die Führung in Peking hat gleich zehn Europäer und vier Institutionen auf die Sanktionsliste gesetzt.

Der Unterschied zwischen den beiden Sanktionen liegt nicht nur im Umfang, sondern auch darin, auf wen und auf welche Taten die Sanktionen abzielen. Während die EU die Verantwortlichen für die schlimmen Menschenrechtsverletzungen in China sanktioniert, verhängt China Strafmaßnahmen gegen europäische Politiker und Wissenschaftler für ihre kritischen Meinungsäußerungen und Forschungsarbeiten.

Wie kommt es, dass China so aggressiv reagiert? Und was kommt als Nächstes?

An dieser Stelle wird ein Video von Youtube angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um das Video anzusehen.

Europa schaute jahrelang zu

Die letzten EU-Sanktionen gegen China liegen über 30 Jahre zurück. Es war 1989, nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, im Herzen von Peking. Unter dem Einsatz von Panzern hat die Führung in Peking damals die Studentenbewegung blutig niedergeschlagen. Die Sanktionen wurden nach wenigen Jahren Schritt für Schritt gelockert.

In den letzten 30 Jahren hat sich jedoch die Menschenrechtslage in China nicht verbessert, sondern eher verschlechtert – und Europa hat jahrelang zwar mit Entsetzen zugeschaut, sich aber lediglich auf Menschenrechtsdialoge hinter verschlossenen Türen eingelassen und auf Gut-Zureden beschränkt.

Seit der Einführung der europäischen Version des „Magnitsky-Act“ im Dezember letzten Jahres, verfügt die EU über ein neues Sanktionsregime gegen Menschrechtsverstöße weltweit. Drei Monate haben die EU-Staaten gebraucht, um sich auf die erste Sanktionsliste zu einigen. Nun kommt dieses Gesetz zum ersten Mal zum Einsatz.

Am Montag verkündete die EU Einreise- und Geschäftsverbote gegen vier Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas und des „Sicherheitsbüros“ in der Provinz Xinjiang.

Menschenrechtsorganisationen zufolge sind in Xinjiang über eine Million Uiguren und andere Muslime in hunderten Haftlagern eingesperrt. Haftlager, die zum Teil als Berufsausbildungszentren deklariert sind.

Der „Architekt“ der gnadenlosen Überwachungspolitik fehlt auf der EU-Sanktionsliste

Allerdings fehlt der Name des aktuellen Parteisekretärs der rohstoffreichen Provinz Xinjiang, Chen Quanguo, auf der EU-Sanktionsliste. Chen gilt dort als „der Architekt“ einer gnadenlosen Überwachungspolitik. Als Mitglied des 25- köpfigen Politbüros gehört Chen Quanguo zu den mächtigsten Männern Chinas.

Als Hauptverantwortlicher für die brutalen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang stand Chen auf der Sanktionsliste der USA vom Juli letzten Jahres. Anders als die USA hat die Europäische Union Chen jedoch nicht auf ihre Liste gesetzt.

Auf die US-Sanktionen gegen Chinas Funktionäre in Xinjiang und Hongkong im letzten Jahr hat die Parteiführung in Peking auch mit einer Gegensanktion reagiert. Allerdings mit einem starken Zeitverzug. Peking hat die Sanktionen gegen einige Mitglieder der Trump-Regierung, einschließlich des ehemaligen US-Außenministers Mike Pompeo, solange hinausgezögert, bis Joe Biden am 20. Januar dieses Jahres offiziell in sein Amt als der 46. Präsident der USA eingeführt war – offensichtlich, um einen harten Gegenschlag der Trump-Regierung zu vermeiden.

Obwohl die EU den obersten Chef der kommunistischen Partei in Xinjiang, Chen Quanguo, nicht auf die Sanktionsliste gesetzt hat, hat China trotzdem mit einem viel härteren Rückschlag gekontert.

Die Führung in Peking verhängte sogleich ihrerseits Strafmaßnahmen gegen zehn Europäer sowie vier Organisationen.

Mit Bann belegt: Das Politische- und Sicherheitspolitische Komitee des EU-Rates

Betroffen sind fünf Abgeordnete des EU-Parlaments, darunter zwei Deutsche: CDU-Außenpolitiker Michael Gahler und Chef der China-Delegation des Europaparlaments Reinhard Bütikofer. Auf der Sanktionsliste stehen weitere Parlamentarier aus Belgien, Bulgarien, Frankreich, Litauen, den Niederlanden und der Slowakei.

Sie, sowie ihre Familienangehörigen dürfen künftig weder auf das Festlandchina, nach Hongkong oder Macau einreisen. Sanktioniert wurden auch zwei China-Experten aus Deutschland und Schweden: Adrian Zenz und Björn Jerdén.

Unter den vier betroffenen Institutionen sind der Menschenrechtsausschuss des Europaparlaments und das Politische- und Sicherheitspolitische Komitee des Europäischen Rates, kurz PSK genannt. Im PSK sind alle 27 EU-Staaten vertreten.

Es kann nicht sein, dass China nicht weiß, was für eine wichtige Institution das PSK ist. Das PSK setzt sich aus den Botschaftern der 27 EU-Mitgliedstaaten in Brüssel zusammen.

Dieses Komitee ist für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU (GASP) und die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zuständig ist. Alle China-relevante Strategien werden in ihren Frühstadien in diesem Rahmen besprochen.

Deutsche Denkfabrik „Mercator Institute“ ebenfalls betroffen

Völlig unerwartet war auch, dass China die deutsche Denkfabrik „Mercator Institute“ auf die Sanktionsliste gesetzt hat. Das „Mercator Institut“ beschäftigt sich unter anderem auch mit sensiblen China-Themen. Jedoch ist es keine Institution, die als China-feindlich angesehen werden kann.

„The Global Times“, ein Sprachrohr der KP Chinas, hat den Grund für die Sanktion gegen das „Mercator Institut“ offen darlegt:

It is the largest Chinese research center, not only in Germany, but also in entire Europe. Cutting off ties with China means its research channel will hardly be sustainable and its influence will be critically hit.“

Die Zeitung beschreibt das „Mercator Institut“ als „das größte Forschungszentrum für China, nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa. Ihre Verbindungen zu China abzuschneiden würde bedeuten, dass sein Forschungskanal kaum noch aufrechtzuerhalten sein wird und sein Einfluss stark eingeschränkt wird.“

Also geht es bei Chinas Sanktionen gegen die Europäer und europäische Institutionen nicht nur um die Bestrafung der kritischen Meinungsäußerungen der Politiker; es geht auch darum, dass die Parteiführung in China mit Sanktionen mitbestimmen will, wer und auf welche Weise man in Zukunft über China forschen darf.

EU-Staaten betrachten Chinas Vorgehensweise als einen Schritt der Eskalation

Aber warum reagiert Peking so heftig auf die EU-Sanktionen?

Erstens ist die Parteiführung in Peking überzeugt von ihrer Stärke gegenüber Europa. China sieht sich als zweitstärkste Macht hinter den USA. Chinas Parteichef Xi Jinping sagte Anfang dieses Monats auf einer großen Tagung voller Zuversicht: China sei bereits in der Lage, der Welt auf Augenhöhe zu begegnen.

Allerdings hat China erst in diesem Monat angekündigt, die Armut im ganzen Land angeblich „ausgerottet“ zu haben. Dass die Zahlen in Chinas Statistiken immer frisiert sind, ist jedoch kein Geheimnis. Trotzdem sieht sich die kommunistische Führung wirtschaftlich und politisch auf Augenhöhe mit den USA und Europa.

KP in Peking: Europa ist ins „Rentenalter“ eingetreten 

Zweitens vertritt die Parteiführung in Peking die Meinung, dass Europa bereits ins sogenannte „Rentenalter“ eingetreten sei. Außerdem seien die europäischen Länder zunehmend abhängig vom chinesischen Markt.

Drittens wird die kommunistische Partei Chinas am 1. Juli dieses Jahres ihr hundertjähriges Bestehen feiern. Parteichef Xi Jinping muss dem chinesischen Volk zeigen, wie mächtig und unschlagbar das Land unter seiner Führung geworden und wie stark die KP ist.

Deshalb ist es zu erwarten, dass auch die chinesischen Diplomaten immer häufiger als aggressive Wolfskrieger auftreten. Der chinesische Botschafter in Frankreich zum Beispiel bezeichnete den französischen Chinaforscher Antoine Bondaz auf seinem Twitterkanal vor wenigen Tagen als „Kleinkriminellen“. Bondaz hatte auf Twitter den chinesischen Druck auf französische Parlamentarier beklagt, die nach Taiwan reisen wollten.

Als Reaktion auf die Kritik von einer Wolfskrieger-Diplomatie veröffentlichte die chinesische Botschaft in Paris einen Artikel auf ihrer Webseite. Darin steht: Manche Leute haben uns die Etikette der Wolfskrieger-Diplomatie angehängt. Wenn es Wolfskrieger gäbe, dann würde es daran liegen, dass es zu viele aggressive „wilde Hunde“ gibt, die China unter dem Deckmantel von Forschung und Medien anbeißen.

Wegen „inakzeptabler Äußerungen“ wurde der chinesische Botschafter in Paris vom französischen Außenministerium einbestellt.

Darüber hinaus haben sechs weitere europäische Länder chinesische Botschafter in ihren Ländern einbestellt, darunter Deutschland, Belgien, Dänemark, Italien, die Niederlande und Litauen.

Nun, wie geht es weiter?

Erstens: Durch die Spannungen zwischen EU und China, wird das EU-China-Investitionsabkommen erstmal auf Eis gelegt. Ohne die Zustimmung des Europaparlaments gibt es kein Abkommen.

Zweitens: Unter der tatkräftigen Wirkung Chinas sind sich die EU-Länder und die USA deutlich näher gekommen.

Drittens: Die Sanktionsspirale ist bereits in Gang gesetzt worden. Sie könnte sich weiterdrehen. China glaubt daran, dass die wirtschaftlichen Interessen der europäischen Länder letztendlich die moralischen Ansprüche und den Freiheitsgeist der Europäer besiegen würden, weil die EU und China weiterhin Geschäfte miteinander machen wollen.

Solange der wirtschaftlichen Beziehung nicht ernsthaft geschadet wird, wird China nach den Worten des Chefredakteurs von Global Times „das Spiel“ der gegenseitigen Schimpfe weiterspielen.

Da kommen wir zu der Frage, ob Sanktionen wirken. Selbstverständlich sind Sanktionen ein wichtiges Instrument. Allerdings haben Einreise- und Geschäftsverbote sowie das Einfrieren von Vermögen von Menschenrechtsverletzern eher eine beschränkte Wirkung. Viel wirkungsvoller wären bei der kommunistischen Führung hingegen wirtschaftliche, finanzielle, technische und militärische Sanktionen.

Wie der ehemalige US-Außenminister Mike Pompeo vor wenigen Tagen auf Twitter schrieb:

Strength deters bad guys. Weakness begets war.“

„Stärke schreckt Bösewichte ab. Schwäche ruft Krieg hervor.“

Jetzt abonnieren: https://bit.ly/Leas_Einblick_Abonnieren ? Folgt mir auf Telegram: https://t.me/Leas_Einblick ? Folgt mir auf Twitter: https://twitter.com/leaseinblick ? Folgt mir auf Odysee: https://odysee.com/@LeasEinblick ? Folgt mir auf Rumble: https://rumble.com/c/LeasEinblick



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion