„Grenzenlos studieren – Europa wählen“: Studenten werden zur Teilnahme an Europawahl aufgerufen

Die deutsche Hochschulrektorenkonferenz und das Deutsche Studentenwerk setzen auf angehende Akademiker, wenn es darum geht, bei den bevorstehenden EU-Wahlen „Populismus“ und „Nationalismus“ entgegenzutreten.
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StudentenFoto: Jan Woitas/Archiv/dpa
Von 13. März 2019

Während erst jüngst Susanne Gaschke in der „Welt“ von einer „Diktatur der politischen Korrektheit“ schrieb, die an deutschen Hochschulen und Universitäten Platz gegriffen habe, sehen die Hochschulrektorenkonferenz und das Deutsche Studentenwerk Gefahren von ganz anderer Seite empordräuen.

Unter dem Motto „Grenzenlos studieren – Europa wählen“ rufen sie ihr Zielpublikum zur Teilnahme an der Europawahl am 26. Mai auf. Im Zuge der Initiative sind die Hochschulen und Studentenwerke zudem zur Unterstützung örtlicher und regionaler Aktionen vor der Europawahl aufgefordert.

„Europa des Austauschs und der Vernunft“

Nun mag man eigentlich davon ausgehen, dass angehende Akademiker durchaus von sich aus darüber im Bilde sein sollten, dass diese Wahlen stattfinden und für welche Vertretungskörperschaft sich Kandidaten zur Wahl stellen.

Allerdings geht es den beiden Verbänden bei ihrem Wahlaufruf nicht allein darum, Studenten an die Wahrnehmung ihres Wahlrechts zu erinnern, sondern es geht auch darum, dabei noch Haltung an den Tag zu legen.

Zum Start ihrer Initiative hoben Spitzenvertreter beider Organisationen am Mittwoch nämlich die Bedeutung von „Weltoffenheit und Toleranz“ in Zeiten wachsenden Einflusses „populistischer und nationalistischer Kräfte“ in Europa hervor.

„Unsere Hoffnung ist, dass die Studierenden sich diesem Trend bei der Wahl aktiv entgegenstellen“, erklärte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Peter-André Alt. Der Präsident des Studentenwerks, Rolf-Dieter Postlep, bezeichnete die „Studierenden“ als „wichtige Stimme gegen Wissenschaftsfeindlichkeit und Populismus in Europa“. Sie täten „gut daran, diese EU-Wahl sehr ernst zu nehmen und sich für ein Europa des Austauschs und der Vernunft einzusetzen“.

Weltoffenheit und Toleranz an deutschen Universitäten selbst wenig ausgeprägt

Die Analysen Susanne Gaschkes und die Inhalte eines kürzlich erschienen Buches des Psychotherapeuten Stephan Grünewald mit dem Titel „Wie tickt Deutschland? Psychologie einer aufgewühlten Gesellschaft“ deuten an, dass der Aufruf der Hochschulverbände möglicherweise eher von ideologischem Gaslighting denn von einem authentischen Bekenntnis getragen sein könnte.

So bleibt offen, inwieweit es einen Ausdruck von „Weltoffenheit und Toleranz“ darstellt, womit zum Teil bereits seit längerer Zeit Hochschullehrer wie der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler, der Historiker Jörg Baberowski und der Experte für internationale Beziehungen in Halle, Johannes Varwick, konfrontiert sind.

Münkler wurde beispielsweise das Büro besetzt und verwüstet, als dieser sich gerade auf einem Forschungsfreisemester befand. Sein Delikt: Seine Einführungsveranstaltung in die politische Theorie und Ideengeschichte sei zu „eurozentrisch“, „imperialistisch“ und „sexistisch“ aufbereitet. Dies deshalb, weil zum einen ideengeschichtlich bedeutende Frauen, zum anderen außereuropäische Autoren nicht ausreichend zur Geltung kämen.

Baberowski wiederum wird deutschlandweit von Linksextremisten aus der trotzkistische „Vierten Internationale“ gestalkt, weil er ein „Zentrum für vergleichende Diktaturforschung“ errichten will.

Bloße Präsentation abweichender Thesen als Zumutung

Dieses soll unter anderem erkunden, unter welchen Umständen Demokratien sich schleichend – und mit der Zustimmung der Wähler – in Diktaturen verwandeln.

Varwick wiederum sei „militaristisch“, weil er im Rahmen seiner Lehrveranstaltungen zur internationalen Sicherheitspolitik unter anderem auch einen Drei-Sterne-General eingeladen hatte, um sich den Fragen von Studenten zu stellen. Rückendeckung vonseiten des Rektorats erfuhr bis dato keiner der Betroffenen.

Dass in den Augen mancher Studenten offenbar bereits die bloße Möglichkeit für Andersdenkende, die eigene Position zur Diskussion zu stellen, eine Zumutung darstellt, gegen die man sich mit Denunziation oder notfalls auch Gewalt zur Wehr setzen müsse, ist jedoch augenscheinlich nicht gemeint, wenn der Aufruf von „Wissenschaftsfeindlichkeit“ spricht.

Im Kontext mit dem Feindbild „Populismus“ meinen die Initiatoren des Wahlaufrufes damit vielmehr politische Kräfte, die einen skeptischen Blick auf akademische Disziplinen haben, die erst im Laufe der letzten Jahrzehnte entstanden waren. Manchen von diesen haftet zumindest bei Kritikern der Ruf an, ideologisch gesteuert zu sein und politische Ziele zu verfolgen. Dies betrifft unter anderem den Bereich der „Gender Studies“ oder der Klimatologie, insbesondere sofern diese unter der Präsupposition eines menschengemachten Klimawandels durch CO2 steht.

War Sir Karl Popper „wissenschaftsfeindlich“?

Sir Karl Popper grenzte die empirische Wissenschaft von Logik, Mathematik, Metaphysik, aber auch Mythen durch das Kriterium der Falsifizierbarkeit ab. „Ein empirisch-wissenschaftliches System“, so lautete sein Grundsatz, „muss an der Erfahrung scheitern können“. Bei akademischen Disziplinen, die von einer bestimmten unumstößlichen Annahme als Präsupposition ausgehen, etwa Theologie, aber auch Marxismus-Leninismus und eben auch der CO2-Narrativ, steht dies regelmäßig infrage.

Gleiches gilt bei Disziplinen, die einem eindeutigen politisch-weltanschaulichen Ziel dienen. Ein Beispiel dafür ist die „Rassenhygiene“ der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der es intentional um die Gewährleistung „erbgesunden“ Nachwuchses für den „Volkskörper“ ging. Heute sind es insbesondere die sogenannten „Gender Studies“, die das Ziel verfolgen, das angebliche Deutungsmonopol des „weißen Cis-Mannes“ zu Gunsten von diesem „unterdrückter“ anderer Geschlechtsidentitäten zu überwinden, um eine „sozial gerechtere“ Gesellschaft zu schaffen.

In beiden Fällen können die Thesen, die den vermeintlichen Wissenschaften zugrunde liegen, prinzipiell nicht falsifiziert werden. Stattdessen sind die jeweiligen Grundhypothesen so gefasst, dass im Grunde jedes analytische Ergebnis und jeder empirische Befund als Beleg zur Bestätigung dieser These aufgefasst wird.

So findet die Klimatologie regelmäßig Gründe, nicht nur heiße und trockene Sommer oder heftige Niederschläge, sondern auch lange Phasen extremer Kälte als Erscheinungsformen der „menschengemachten Erderwärmung“ zu erklären. Die Gender Studies ihrerseits werden jedes Mal Gründe präsentieren, die aus ihrer Sicht nachweisen, dass etwa der Misserfolg staatlicher Maßnahmen zur Veränderung der Berufswünsche von Jungen und Mädchen nur die Folge einer fortdauernden Unterdrückung durch das weiße Cis-Patriarchat wäre.

Mit Blick auf die unrühmliche Rolle, die politisierte „Wissenschaften“ dieser Art bei der Rechtfertigung unter blutigen Begleitumständen gescheiterter totalitärer Gesellschaftsexperimente gespielt haben, sollte jedoch auch den Hochschulverbänden mehr Fähigkeit zur Selbsthinterfragung nicht schaden.

(Mit Material der afp)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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