Hongkong: Politik-Experte sieht vier Handlungsoptionen für Peking – alle bergen Risiken

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Proteste in Hongkong.Foto: Anthony Kwan/Getty Images
Epoch Times7. August 2019

Die seit zwei Monaten andauernden Proteste in Hongkong setzen Chinas KP-Regime unter Zugzwang. Die Massenbewegung für mehr Demokratie bedeute einen „ernsthaften Gesichtsverlust für Peking“, urteilt Michael Raska, Hochschullehrer an der S. Rajaratnam School of International Studies in Singapur, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.

Doch die Handlungsoptionen der chinesischen Regierung bergen allesamt Risiken. Vier Reaktionsmöglichkeiten kommen aus der Sicht von Experten für Peking in Frage – von einer abwartenden Rhetorik bis hin zu einem Militäreinsatz:

Die Strategie des Abwartens

Der Hongkonger Politik-Experte Dixon Sing hält eine Fortsetzung der bisherigen chinesischen Strategie der rhetorischen „Einschüchterung“ bis Anfang September für wahrscheinlich. Dann beginnt in Hongkong das neue Schuljahr – und „viele Demonstranten sind Schüler oder Studenten“, sagt Sing. Auch angesichts des bevorstehenden 70. Gründungsjubiläums der chinesischen Volksrepublik im Herbst dürfte Peking eine weitere Eskalation vermeiden wollen.

Auf die Strategie des Abwartens hatte die Zentralregierung bereits bei den Protesten der pro-demokratischen „Regenschirm-Bewegung“ 2014 gesetzt. Nach über zwei Monaten löste sich diese auf, nachdem ihre Anführer festgenommen wurden.

Die Strategie des Einlenkens

Peking könnte die Führung in Hongkong dazu bringen, der Protestbewegung entgegenzukommen. Die Zentralregierung könnte etwa die Absetzung der von den Demonstranten abgelehnten Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam und eine vollständige Abkehr von dem inzwischen zurückgezogenen Auslieferungsgesetz veranlassen, das die Überstellung von Verdächtigen nach Festland-China vorsah und die Proteste ursprünglich ausgelöst hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Peking auf „gewaltfreie, versöhnliche Maßnahmen“ setze, sei jedoch unwahrscheinlich, sagt der Hongkonger Politik-Experte Willy Lam.

Die Strategie des erhöhten Drucks

Bereits jetzt hat Peking den Ton gegenüber der Protestbewegung massiv verschärft. Die chinesische Volksbefreiungsarmee bezeichnete die Demonstrationen vergangene Woche als „inakzeptabel“ und warnte, sie habe alle „Einsatzmöglichkeiten“, um die Sicherheit in Hongkong sowie Chinas „nationale Souveränität“ aufrechtzuerhalten. Am Dienstag drohte der Staatsrat in Peking den Demonstranten: „Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um.“ Sie sollten die „Stärke der Zentralregierung“ nicht unterschätzen.

Xi nehme eine zunehmend harte Linie ein, meint Lam. Die scharfen Drohungen aus Peking bergen jedoch die Gefahr, Panik in Hongkong auszulösen. Dies könnte zu einem Investitionsstopp in der Finanzmetropole führen. Schon jetzt geht die Polizei in Hongkong deutlich härter gegen die Demonstranten vor als noch vor Wochen.

Die Strategie der militärischen Eskalation

Ein Militäreinsatz ist die dramatischste Option, die Peking wählen könnte – aber auch die riskanteste. Bereits jetzt befinden sich tausende Soldaten in der Hongkonger Garnison der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Nach Hongkonger Recht dürfen die chinesischen Truppen „nicht in die lokalen Belange der Region eingreifen“. Allerdings dürfen sie „zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit“ eingesetzt werden.

Eine solche radikale Lösung könnte jedoch ein wirtschaftliches Desaster im Finanzstandort Hongkong auslösen – und ebenso eine einhellige internationale Verurteilung Pekings nach sich ziehen. Ein Militäreinsatz könne die politische Legitimität Xis und der Kommunistischen Partei Chinas auf der innen- und außenpolitischen Ebene untergraben – und eine Verurteilung der Regierung wie bei der blutigen Niederschlagung der Tiananmen-Proteste 1989 nach sich ziehen, warnt Experte Raska. (afp)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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