Krampf mit Karrenbauer: „Welt“ sieht CDU-Chefin nach Serie von Patzern angeschlagen

In mehreren kritischen Kommentaren hat die „Welt“ der CDU-Parteivorsitzenden attestiert, durch eine halbgare Kommunikationsstrategie ihre eigene Autorität zu untergraben und ihre Partei ohne Not unter Rechtfertigungszwang zu setzen. Platzt die Koalition im Bund, könnte dies auch für die Kanzlerambitionen der Merkel-Nachfolgerin Probleme bedeuten.
Titelbild
Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am 24. Juli 2019 in Berlin.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times19. August 2019

Wird die CDU schon am Ende des Jahres vor der gleich doppelt unvorteilhaften Situation stehen, nicht nur ohne Kanzlerin dazustehen, sondern auch den Parteivorsitz neu besetzen zu müssen? Gänzlich unwahrscheinlich ist dieses Szenario nicht. Was die Person der Bundeskanzlerin Angela Merkel anbelangt, hat diese selbst angekündigt, 2021 aus dem Amt zu scheiden – zum regulären Ende der aktuellen Legislaturperiode.

Sollten jedoch die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg mit desaströsen Ergebnissen für CDU und SPD enden, ist es ungewiss, ob beide Parteien noch den Willen aufbringen werden, den Rest der Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl auszusitzen. Die Große Koalition könnte demnach ein vorzeitiges Aus erleben, was Neuwahlen wahrscheinlich machen würde.

„Ernstes Symptom für Konzeptlosigkeit“

Dass in einem solchen Fall Merkels Nachfolgerin an der Parteispitze, Annegret Kramp-Karrenbauer, als Kanzlerkandidatin ins Rennen gehen würde, ist jedoch ebenfalls keine ausgemachte Sache. Konnte man den holprigen Start in das Amt, in das sie im Dezember des Vorjahres gewählt wurde, noch der – vor allem aus Sicht linker Medien müßigen – Bemühung zuschreiben, die Anhänger der unterlegenen Kandidaten Friedrich Merz und Jens Spahn bei der Stange zu halten, weht der Saarländerin mittlerweile auch aus bürgerlichen Publikationen ein scharfer Wind entgegen.

Die „Welt“ stellt in Kommentaren von Michael Stürmer und Thomas Vitzthum die jüngste Aufregung rund um angebliche Ausschlussambitionen gegenüber Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen in einen Strang der Kontinuität mit einer Mehrzahl an Kommunikationspannen, die Kramp-Karrenbauers Amtsführung von Beginn an gekennzeichnet hätten.

„Kramp-Karrenbauers Aussagen über Hans-Georg Maaßen zeugen von Konzeptionslosigkeit“, resümiert Stürmer. „Wenn jetzt die CDU-Vorsitzende andeutet, die Partei könnte dem früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, die Tür weisen, dann ist das ein ernstes Symptom nicht nur für Unduldsamkeit, sondern auch für Konzeptionslosigkeit, was die Zukunft der Union anbelangt, ihre Koalitionsfähigkeit und ihre politisch-moralische Gestaltungskraft.“

Europäische Führungsfähigkeit Deutschlands ist dahin

In einer ernsten Lage wie der derzeitigen, da die arabisch-islamische Welt von Konflikten gekennzeichnet sei und das „Drama des Sommers 2015 alle Koordinaten der deutschen Politik dauerhaft und wahrscheinlich unumkehrbar verändert“ habe, sei dies für Deutschland besonders prekär.

Die gewohnte Berechenbarkeit ist ebenso dahin wie die europäische Führungsfähigkeit. Es ist nicht nur die Statik der deutschen Innenpolitik, die nicht mehr verlässlich ist. Auch der äußere, globale Rahmen geht aus den Fugen. In solchen Zeiten sind Nüchternheit der Analyse und Entschiedenheit des Handelns durch nichts zu ersetzen. Wenn man sie denn hätte.“

Kramp-Karrenbauer und der CDU-Führung insgesamt würden dies alles nicht erkennen lassen. Einen langjährigen Spitzenbeamten zum Feind zu erklären, der gerade seiner pflichtgemäßen Warnungen vor Risiken der späteren Wanderungsbewegungen wegen Weitsicht bewiesen habe, würde ebensolche gerade nicht offenbaren.

Thomas Vitzthum wiederum wirft der Parteichefin vor, den Wahlkampf ihrer Partei in drei Ost-Bundesländern wenn schon nicht bewusst zu sabotieren, so doch zumindest ohne Not in erheblichem Maße zu erschweren.

Sei es ohnehin schon eine Bürde, dass die Bundes-CDU Themen wie „Klimaschutz“ und Kohleausstieg in den Vordergrund stelle, während der Braunkohletagebau im Osten noch Menschen in Arbeit und Brot halte, halte man sich bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlages ebenso wie bei der Grundrente noch bedeckt.

„Zeitliche Intervalle zwischen Patzern immer kürzer“

Nun komme noch dazu, dass Kramp-Karrenbauer – auch wenn sie derartige Ambitionen zurückgewiesen habe – mit ihren Äußerungen zu einem möglichen Ausschluss Maaßens zur Unzeit die Ost-Landesverbände unter zusätzlichen Rechtfertigungsdruck gesetzt habe. Immerhin haben mehrere sächsische Politiker den Ex-Verfassungsschutzchef gezielt aktiv in den Wahlkampf eingebunden, weil er in Teilen der Bevölkerung, insbesondere im Osten, immer noch ein hohes Ansehen genießt.

„Es ist ein weiterer Kommunikations-GAU der CDU-Chefin und ihres beratenden Umfelds, das offenbar für die Wirkung mancher Aussagen unsensibel ist“, meint Vitzthum. Und es sei nicht der erste seiner Art.

Der „Welt“-Kommentator zählt neun Fälle, in denen Kramp-Karrenbauer nach missverständlichen oder kontroversen Aussagen durch Berichtigungen oder Klarstellungen ihre ursprünglichen Kommunikationspannen noch schlimmer gemacht hätte. Das entspräche einem Patzer pro Monat im Amt, und die zeitlichen Intervalle würden immer kürzer.

Waren es zu Beginn Äußerungen, mit denen sie die Linke gegen sich aufgebracht habe – vom „Trans-Toiletten-Witz“ zum Karneval über das suboptimale Management des „Rezo“-Videos bis hin zur Vereinnahmung der siegreichen „Nationalen Front“ gegen die AfD in Görlitz -, erntet Kramp-Karrenbauer mittlerweile auch im bürgerlichen Lager Kopfschütteln.

Kritik kommt jetzt auch aus bürgerlichen Kreisen

Bereits ihr Wechsel ins Verteidigungsministerium stieß dort auf Irritationen, hatte sie doch bis dahin stets erklärt, bewusst kein Ministeramt anzustreben, weil sie sich so ganz auf die CDU konzentrieren könne. Gravierender waren dann schon ihre jüngsten Aussagen über die Schuldenbremse, die sie zu einer „im Grundgesetz verankerten schwarzen Null“ umdefinierte – und darauf hinwies, dass es „Ausnahmemöglichkeiten im Fall einer Krise“ gäbe, um von dieser abzugehen. Erst am Donnerstag (15.8.) machte sie deutlich, an der schwarzen Null festhalten zu wollen.

Die nunmehrige Maaßen-Debatte sei das letzte Glied in der Kette. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel sei stets das konsequente Verharren im Ungefähren ein Erfolgsrezept geblieben. Kramp-Karrenbauer wollte sich davon absetzen – um den Preis, sich stetig korrigieren zu müssen.

„Merkel berichtigt sich nicht“, erklärt Vitzthum.

Und das ist vielleicht wichtiger. Sie verteidigt das einmal Gesagte immer wieder, selbst wenn es ihr wieder und wieder vorgehalten, wenn sie scharf angegangen wird. Der Satz ‚Das habe ich so nicht gemeint‘, den gibt es von Merkel nicht. Um ein Bild zu wagen: Wenn Kramp-Karrenbauer an der Wand steht, dann wird sie unsicher. Wenn Merkel an der Wand steht, dann wird sie zur Wand.“

Indem sie sich für ihre Kommunikation rechtfertige, untergrabe Kramp-Karrenbauer jedoch ihre eigene Autorität, zumal sie diesen Rechtfertigungsdruck zunehmend zu einer Dauereinrichtung mache. Ihre durchwachsenen Beliebtheitswerte hätten auch damit zu tun. Und am Ende könnte die Saarländerin auch, was die Kanzlerkandidatur anbelangt, mit leeren Händen dastehen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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