Anstand: Kindern beibringen, „das Richtige zu tun, auch wenn niemand zuschaut“

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Schon durch eine falsche Entscheidungen kann Gruppenzwang Kinder auf einen verhängnisvollen Weg führen. Deswegen ist es für Eltern wichtig, ihren Kindern beizubringen, was Anstand ist.Foto: iStock
Von 24. Januar 2021

Als mein Sohn Jacob noch klein war, kroch er morgens an Wochenenden in mein Bett, wo wir Gespräche über „Lektionen fürs Leben“ führten. Wir besprachen alles: Was in der Schule mit seinen Freunden und Lehrern passiert war, warum schlechte Sachen auf der Welt geschehen und warum wir erschaffen wurden.

Er stellte oft Fragen, die über sein Alter hinausgingen. Ich versuchte, sie so gut wie möglich zu beantworten, und fragte ihn auch nach seinen Gedanken. Lektionen über Ehrlichkeit, Güte und Selbstlosigkeit waren nur einige der Themen unserer Gespräche. Er schien das alles leicht zu begreifen.

Zu jener Zeit verpetzte sich Jacob immer selbst. Egal welche Kleinigkeit auch immer er anstellte, beichtete er es mir immer: „Mama, ich habe das Bild umgeworfen.“ Oder: „Mama, ich habe meinen Zug kaputt gemacht.“

Er hatte das Bedürfnis, mich wissen zu lassen, was er angestellt hatte. Damit wollte er sein Fehlverhalten korrigieren und die Sachen wieder in Ordnung bringen. Ich fand seine Unschuld und Ehrlichkeit immer erfrischend.

Diese Schuldbekenntnisse hielten bis zur vierten oder fünften Klasse an. Danach bemerkte ich eine Veränderung: Jacob hörte auf, sich selbst zu verpetzen. Manchmal wollte er mir sogar nicht mehr verraten, ob er etwas getan hatte, was er nicht hätte tun sollen. Ab und zu versuchte er auch, Fehler zu vertuschen. Selbstverständlich waren mit seinem Altern viele neue Einflüsse von außen hinzugekommen. Außerdem wollte er vermehrt Schwierigkeiten vermeiden.

Ich beschloss, unsere kostbaren Gespräche für eine besonders wichtige Lektion fürs Leben zu nutzen, vor allem wegen der Veränderung in ihm, die ich bemerkt hatte. Es ging um das Thema, das Richtige zu tun, auch wenn niemand zusieht.

Wir hatten das Thema zuvor zwar schon angeschnitten, aber ich wollte meinen Sohn unbedingt verstehen lassen: Nur weil niemand zusieht, wenn man etwas Falsches tut, ist es trotzdem nicht in Ordnung. Wir alle sind letztendlich für unsere eigenen Entscheidungen verantwortlich und diese Entscheidungen haben Konsequenzen.

Gute Entscheidungen treffen

Täglich erleben wir Gelegenheiten, die uns auf die Probe stellen, ob wir uns entscheiden, das Richtige zu tun oder das Einfache, Bequeme und letztlich Eigennützige.

In der heutigen Gesellschaft spricht man viel darüber, das zu tun, was man will. Es gibt auch viele Beispiele für schlechtes Verhalten, weil man sich ungerecht behandelt fühlt oder sich ärgert. Meiner Meinung nach ist dies eine falsche Denkweise.

Als Kinder sind wir noch rein. Doch je älter wir werden, desto öfter erleben wir das falsche Verhalten anderer. Dies sehen wir bei unseren Eltern, anderen Kindern in der Schule, im Fernsehen, in den sozialen Medien und so weiter. Dadurch könnten wir anfangen zu glauben, dass das Richtige zu tun doch eigentlich gar nicht so wichtig ist.

Susan Alexandra Yates führt über den Anstand auf ihrem Blog „Focus on the Family“ aus: „Eine integre Person ist jemand, der vollkommen ehrlich, aufrichtig, zuverlässig und vertrauenswürdig ist, egal ob andere zusehen oder nicht. Leider legt die heutige Kultur keinen Wert auf Anstand. Das führt oft zu einer Haltung, der zufolge es in Ordnung ist, das zu tun, was man will – solange niemand wirklich verletzt wird und man nicht erwischt wird.“

Wissen, wo man steht

Hilfreich ist, sich ernsthafte Gedanken über die eigenen Moralvorstellungen und Werte zu machen und sie an die eigenen Kinder weiterzugeben. Diese Prinzipien lebt man den Kindern bei jeder Gelegenheit vor und redet darüber. Sei es bei einem Spaziergang oder auf dem Weg zur Schule. Es ist traurig, dass heute Gespräche über Moral und Werte mit Kindern rar sind. 

Das englischsprachige Wörterbuch Merriam-Webster definiert Anstand als „festes Bekenntnis zu einem Regelwerk von insbesondere moralischen oder künstlerischen Werten“.

Dieses Bekenntnis an ein moralisches Regelwerk steht im Gegensatz zur Anpassung an die populäre Meinung. Vor allem wenn das, was populär ist, von dem abweicht, was richtig ist.

Das ist für uns alle wichtig, insbesondere jedoch für unsere Kinder. Schon durch eine falsche Entscheidungen kann Gruppenzwang Kinder auf einen verhängnisvollen Weg führen.

Aus diesem Grund beinhalteten die Gespräche mit meinem Sohn immer Rollenspiele. Ich fragte ihn beispielsweise: „Was würdest du tun, wenn einige Kinder in deiner Klasse dich auffordern würden, etwas aus einem Laden zu stehlen? Und was, wenn sie anfangen würden, dich zu beschimpfen, wenn du nicht mitmachst?“ Er antwortete: „Ich würde einfach nein sagen und weggehen.“

Dann erhöhte ich den Druck: „Was wäre, wenn dein bester Freund dich bitten würde, das neue Mario-Brothers-Videospiel zu stehlen, das du unbedingt haben wolltest, und du wüsstest, dass niemand sehen würde, wenn du es nimmst?“

Im Laufe der Jahre legte ich ihm verschiedene Szenarien vor. Wir befassten uns mit vielen Themen: Von Rauchen über Schummeln, Verantwortung für seine Taten übernehmen bis hin dazu, andere an die erste Stelle zu setzen. Ich hoffe, dass er, wenn er über einige dieser Dinge im Voraus nachdenkt, weiß, wo er steht, und es für ihn einfacher sein wird, zur richtigen Zeit das Richtige zu tun.

Kindern Anstand beibringen

Laura Markham beschreibt in einem Artikel auf „Psychology Today“, wie Eltern ihren Kindern dabei helfen können, das Richtige zu tun.

Erstens achten Kinder immer auf das Verhalten ihrer Eltern. Sie sind die Vorbilder, von denen die Kinder lernen. Ich denke, jedes Elternteil weiß das. Auch wenn die Eltern glauben, dass ihr Kind nicht immer aufpasst – das tut es.

Nehmen wir zum Beispiel an, die Eltern verlassen den Supermarkt und bemerken, dass der Verkäufer vergessen hat, das Mineralwasser zu kassieren. Wenn sie sagen: „Ist doch egal, ich habe keine Zeit, noch mal reinzugehen“, oder schlimmer noch: „Toll, gratis Mineralwasser.“ Welche Lektion erteilt man dadurch seinem Kind? Zurückgehen und das Wasser bezahlen, ist das Richtige. Ihr Kind lernt dann, wie man in ähnlichen Situationen anständig handelt. Im Alltag ist es wichtig, das Richtige zu tun, damit die eigenen Kinder es auch lernen.

Ich möchte hier darauf hinweisen, dass gutes Verhalten vorzuleben natürlich wichtig ist. Das bedeutet aber nicht, dass man die Kinder nicht korrigieren sollte, nur weil man vielleicht einmal gleiche Fehler gemacht hatte. Wenn man dieser falschen Denkweise folgt, wie soll man dann den Kindern jemals beibringen, was richtig und was falsch ist?

Es ist die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder auf einen guten Weg zu führen, sie mit Vernunft und aufrichtigen Werten zu erziehen. Wie kann man Kinder erfolgreich erziehen, wenn man glaubt, dass man selbst dafür perfekt sein muss?

Wir sind schließlich alle Menschen. Jeder von uns stolpert und fällt, jeder hat seine eigenen Fehler und Schwächen. Das ist jedoch kein Grund, passiv zuzulassen, dass unsere Kinder ein schlechtes Urteilsvermögen haben oder schlechtes Benehmen zeigen. Solches Denken wird dazu führen, dass das Benehmen, die Moral und die Werte unserer Kinder und der ganzen Gesellschaft abrutschen.

Außerdem sollten Eltern ihren Kindern erklären, wie sich ihre Handlungen auf andere auswirken. So können sie lernen, freundlich und rücksichtsvoll zu handeln. Es gilt das Prinzip: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.“

Wenn das Kind sein Lieblingsauto mit anderen teilt, sollte man hervorheben, wie glücklich es die anderen macht und wie sich das Kind fühlen würde, wenn jemand sein Lieblingsspielzeug mit ihm teilen würde. Eltern sollten ihr Kind dann fragen, wie es sich fühlt, nachdem es sein Auto geteilt hat. Das Richtige zu tun, fühlt sich für den Geber genauso gut an wie für den Empfänger. Eltern sollten sicherstellen, dass ihr Kind das erkennt.

Man kann auch falsches Verhalten als Lektion nutzen und dem eigenen Kind alternative Möglichkeiten für sein Verhalten anbieten.

Nehmen wir an, das Kind entscheidet sich, zu spielen, anstatt seine Hausaufgaben zu machen, und bekommt eine schlechte Note. Das ist eine Chance, Konsequenzen zu erleben und darüber nachzudenken, was es ändern könnte. Alternativ könnte es jeden Tag nach der Schule gleich seine Hausaufgaben machen und erst danach spielen. Würde sich das nicht besser anfühlen als zu spielen, während es weiß, dass seine Hausaufgaben warten und danach, wenn es nach dem Spielen müde ist, schnell seine Hausaufgaben zu machen?

Als Letztes empfiehlt Markham, unseren Kindern Fragen zu stellen, die es ihnen ermöglichen, über ihr Verhalten und ihre Handlungen nachzudenken. Das Rollenspielen, wie ich es mit Jacob durchführte, ist dabei sehr effektiv.

Blick nach vorn

Mehrere Autoren haben einem der erfolgreichsten Geschäftsmänner aller Zeiten, Warren Buffett, ein Zitat zugeschrieben, in dem es um die Bedeutung von Anstand geht.

„Wenn man Menschen einstellen will, sollte man auf drei Eigenschaften achten: Rechtschaffenheit, Intelligenz und Einsatz. Und wenn sie die erste nicht haben, werden die anderen beiden einen umbringen.“

Als Eltern will man, dass seine Kinder die besten Schulen besuchen, damit sie die beste Ausbildung erhalten, um ein erfolgreiches Leben zu führen. Wir schätzen Intelligenz. Aber übersehen wir hier nicht etwas?

Wie Buffett betont, wird Intelligenz ohne Anstand eine Person oder zumindest ihr Unternehmen zugrunde richten. Bildung ist für ein erfolgreiches Leben zwar wichtig, unser Charakter ist jedoch noch wichtiger. Er bekommt nicht die Aufmerksamkeit, die er verdient.

Heute ist mein Sohn 14 Jahre alt. Obwohl er nicht mehr in mein Bett zum Kuscheln kommt, gebe ich ihm immer noch täglich Lektionen fürs Leben mit auf den Weg. Ein Fundament aus starken Moralvorstellungen, Werten und Prinzipien bildet die Grundlage für das, was er sein wird. Es ist meine Verantwortung, sowohl als Mutter als auch als Mitglied der Gesellschaft, sicherzustellen, dass er zu einem integren Mann heranwächst.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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