Wer profitiert von der deutschen Außen- und Wirtschaftspolitik?

In letzter Zeit werden die Prognosen für die deutsche Wirtschaft von Tag zu Tag düsterer. Doch es gibt auch Gewinner. Was steckt dahinter? Eine Analyse.
Wer profitiert von der Außen- und Wirtschaftspolitik in Deutschland?
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Besuch in der Umspannstation des Netzbetreibers „50Hertz“ in Neuenhagen bei Berlin am 20. Juli 2022.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP über Getty Images
Von 12. September 2022

In den letzten Wochen kommen fast täglich neue Hiobsbotschaften zur Wirtschaftslage in Deutschland. Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), sagte bereits am 20. Juli: „Wir werden einfach alle ärmer. Für Deutschland male ich Ihnen ein Bild: Ich würde mich nicht wundern, wenn wir am Ende 20 bis 30 Prozent ärmer sind.“

Das „Handelsblatt“ titelte am 29. August: „Deutschland steckt in einer Energiepreisfalle – ‚In Schlüsselindustrien werden Betriebe reihenweise schließen‘“. Darin heißt es: „Die Preise für Strom und Gas sind um ein Vielfaches teurer als in den USA und Asien – und der große Kostenschub kommt erst noch. Die deutschen Konzerne fürchten eine Deindustrialisierung.“

Besonders bitter ist die Situation für kleine und mittlere Unternehmen, – den klassischen Mittelstand –, der das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bildet. So arbeiteten 2019 in den DAX-Konzernen lediglich etwa 3,5 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland. Mittelständische Unternehmen bis 500 Mitarbeiter beschäftigten dagegen etwa 58 Prozent aller Angestellten.

Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Mittelstandsbundes ergab bei der Frage nach dem Geschäftsausblick für die kommenden sechs Monate, dass 36 Prozent der befragten Mittelständler die Lage mit „schlecht“, 10 Prozent mit „existenzbedrohend“ bezeichneten. Das verheißt nichts Gutes.

Gewinner der Krise

Nicht alle Unternehmen können über die aktuellen Entwicklungen klagen. So erhöhten sich beispielsweise bei dem US-amerikanischen Energiekonzern ExxonMobil im ersten Halbjahr 2022 die Umsätze um 61 Prozent auf etwa 200 Milliarden Dollar, die Gewinne nach Steuern verdreifachten sich auf 23,3 Milliarden Dollar.

Zum Vergleich: Das deutsche Regierungspaket zur Abmilderung der gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise (Tankrabatt, 9-Euro-Ticket usw.) belief sich auf gut 10 Milliarden Euro. Gazprom erwirtschaftete im ersten Halbjahr 2022 mit 2,5 Billionen Rubel, umgerechnet etwa 41,6 Milliarden Euro, bereits mehr Gewinn als im gesamten Vorjahr, obwohl auch 2021 kein schlechtes Jahr war.

Die deutschen und europäischen Wirtschaftssanktionen scheinen Russland und Amerika nicht gerade zu schaden, im Gegensatz zum deutschen Mittelstand.

Die Großen fressen die Kleinen

Hinter diesen Entwicklungen stecken meiner Einschätzung nach vor allem zwei Haupttreiber. Erstens: Die Großen fressen die Kleinen. Die Macht der Großkonzerne und ihrer dahinterstehenden Milliardäre soll erhöht werden. Das betreiben die bestens vernetzten Lobbyisten der Großkonzerne.

Zweitens: Die deutsche Wirtschaft, die viertstärkste der Welt, ist ein sehr unliebsamer Konkurrent anderer Staaten – besonders der deutsche Mittelstand, der fast die Hälfte der etwa 2.700 weltweiten „hidden champions“ stellt.

Klaus Schwab und Thierry Malleret sagten in ihrem im Juni 2020 erschienen Buch voraus, dass ein Großteil der kleinen und mittelständischen Betriebe zu Grunde gehen würden, die großen Konzernketten jedoch nicht. Die Corona-Lockdowns bewirkten genau das: Die Konzerngewinne und die Vermögen der dahinterstehenden Milliardäre stiegen dramatisch, während viele kleine und mittlere Unternehmen geschwächt wurden.

Jeder Tag Lockdown war ein Milliardengeschenk an die Großkonzerne. Stichwort Amazon: Der lokale Einzelhandel wurde zur Ader gelassen, Amazons Gewinne gingen durch die Decke. Diese Entwicklung – Stärkung der Großen, Schwächung der Kleinen – wird nun durch die Zinserhöhungspolitik und durch die Sanktionspolitik der Industrieländer gegenüber Russland verstärkt, vor allem in Europa.

Die Liquiditätsreserven der Großkonzerne wurden während der Lockdowns dramatisch erhöht. Nach dem Motto „Cash is king“ in Krisen sind die „Big Player“ für einen kommenden Wirtschaftsabschwung bestens gerüstet. Nicht so der Mittelstand.

Weltweit steigen die Schulden

Die weltweiten Schulden sind derzeit so hoch wie noch nie. Ende März 2022 lagen sie bei schwer vorstellbaren 305 Billionen US-Dollar, also 305.000 Milliarden Dollar. Das entspricht etwa 348 Prozent der Weltwirtschaftskraft.

Der Schuldenexzess der letzten 14 Jahre seit der Finanzkrise 2008 war nur möglich, weil die Notenbanken in den Industrieländern die Zinsen so niedrig drückten wie noch nie in der Geschichte und so viel frisches Geld druckten wie noch nie. In den USA hat sich die Notenbankgeldmenge seit 2008 etwa verelffacht, im Euroraum verneunfacht.

Nur durch dieses Gelddrucken der Notenbanken und die extrem niedrigen Zinsen konnten die Schuldner, sowohl private wie Regierungen, die Zinslast dieses Schuldenbergs bislang stemmen. Die Zinserhöhungen dürften dazu führen, dass vielen hoch verschuldeten kleinen und mittleren Unternehmen – Stichwort Zombie-Unternehmen – und einigen Staaten die Luft ausgeht.

Hinzu kommen nun die Energie- und Rohstoffpreissteigerungen als Zusatzlast, die vor allem europäischen Unternehmen, und insbesondere den von russischem Gas besonders abhängigen deutschen Unternehmen, schaden werden. Diesen zweifachen Schlag dürften nicht alle deutschen Mittelständler überleben.

Baerbock: „Egal, was meine deutschen Wähler denken“

So stellt sich die Frage: Warum schicken die deutschen Politiker sehenden Auges die Wirtschaft in den Ruin?

Darüber gab Oskar Lafontaine vor Kurzem eine aufschlussreiche Antwort: „Deutschland ist kein souveränes Land. […] Deutschland handelt im Ukraine-Krieg als Vasall der USA. […] Die führenden Politiker der Ampel, Scholz, Baerbock, Habeck und Lindner sind treue US-Vasallen“. Die Grünen hätten sich „zur schlimmsten Kriegspartei im Deutschen Bundestag gewandelt“. Die Aussagen von „Annalena Baerbock, wir sollten ‚Russland ruinieren‘ muss man schon faschistoid nennen. […] Die deutsche Außenpolitik schadet den Interessen unseres Landes und ist kein Beitrag zum Frieden in Europa.“

Genau dies hat einen Tag nach der Veröffentlichung der Ausführungen von Oskar Lafontaine Außenministerin Annalena Baerbock mit ihrer mittlerweile berühmt-berüchtigten Aussage bestätigt: „Egal, was meine deutschen Wähler denken“, die die deutsche Wirtschaft und Menschen schädigenden Sanktionen werden bleiben, auch wenn es im Winter Unruhen geben sollte.

Frau Baerbock rechnet selbst damit, die Menschen würden in Deutschland „auf die Straße gehen und sagen, dass sie ihre Energiepreise nicht bezahlen können“. Trotzdem will sie Sanktionen um jeden Preis aufrechterhalten. Nun könnte man weiterfragen: Wenn sie nicht Politik für die deutschen Bürgerinnen und Bürger macht, für wen dann?

Das eigentlich Verblüffende an allen diesen Entwicklungen ist, warum trotz der katastrophalen, das Land zutiefst schädigenden deutschen Politik kein Aufschrei erfolgt und warum keine personellen Konsequenzen gezogen werden.

Über den Autor:

Prof. Dr. Christian Kreiß (Jahrgang 1962) promovierte in Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte an der LMU München. Neun Jahre Berufstätigkeit als Bankier, davon sieben Jahre als Investmentbanker. Seit 2002 Professor an der Hochschule Aalen für Finanzierung und Volkswirtschaftslehre. Weitere Informationen unter www.menschengerechtewirtschaft.de

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 61, vom 10. September 2022.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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