Die Beziehungen zwischen den USA und China geraten in eine gefährliche Zone

Chinas Präsident setzt im Handelsstreit mit den USA auf eine „Bummelstrategie“ – in der Hoffnung, dass Trump die nächsten Wahlen verliert. Bis dahin werden sich beide Parteien langsam, aber sicher in Richtung Gefahrenzone bewegen. Derzeit führen beide Länder eine Schlacht um die Vorposten im Finanzkrieg.
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Xi Jinping zog sich aus den Handelsverhandlungen mit den USA zurück. Das Scharmützel wird auch auf den internationalen Aktienmärkten fortgeführt.Foto: iStock
Von 7. Juni 2019

Nach vierzehn Monaten andauernden Verhandlungen machte China bei den Handelsverhandlungen mit den USA – zum Erstaunen aller und zur Verärgerung von Washington – einen Rückzieher bei allen großen und wichtigen Vereinbarungen. Natürlich bessert die daraus resultierende Zollerhöhung die Beziehung beider Länder keineswegs.

Das US-Handelsministerium unterbreitete am 23. Mai Vorschläge, wie der Einfluss Chinas zurückgedrängt werden könnte. Einige davon sind: Zölle auf Länder zu erheben, die ihre Währungen abwerten, Druck auf den Finanzdienstleister MSCI auszuüben, um Chinas A-Aktien aus dem Index der Schwellenländer auszuschließen und Bloomberg Barclays unter Druck zu setzen oder der Ausschluß chinesischer Onshore-Bonds aus dem Global Bond Aggregate Index. Diese Möglichkeiten zeigen die Verschlechterung der Beziehung.

Um die Beziehung zwischen der Währungsabwertung eines Landes und der Zollerhöhung eines anderen Landes richtig zu begreifen, müssen Daten mit statistischen Modellen analysiert werden, wobei viel Fachwissen und eine Menge Zeit benötigt wird. Dieser Artikel analysiert, wie Druck auf den Finanzdienstleister MSCI ausgeübt werden kann, um chinesische A-Aktien aus dem Index der Schwellenländer auszuschließen (die zweite oben genannte mögliche Maßnahme).

China ist über einige Retter am Aktienmarkt gestolpert

Kurz nachdem der Handelskrieg angefangen hatte, nahmen der Finanzdienstleister MSCI und FTSE Russel im Juni 2018 Chinas A-Aktien in ihre Aktienindizes auf. Darauf folgte die Ankündigung von Barclays-Bloomberg, Chinas Anleihen und Policenbankwerte in den weit verbreiteten Global Aggregate Index aufzunehmen. Diese Entscheidungen führten zu einem Zufluss ausländischer Mittel nach China. Und es führte dazu, dass die Kapitalmärkte Chinas von einer Krise befreit wurden.

Wie He Qinglian in einem Tweet vom 25. März 2019 schrieb:

China ist über einige Retter gestolpert, als seine wirtschaftliche Lage 2018 schlecht aussah. Retter Nr. 1 waren die Demokraten, die jede Möglichkeit suchten, Präsident Trump anzuklagen und in das Repräsentantenhaus einzuziehen. Retter Nr. 2 waren die führenden globalen Indexhersteller: MSCI und FTSE Russel haben offiziell A-Aktien in ihrem Index aufgenommen.“

Eine großartige Meldung für Chinas Kapitalmarkt

Am 1. April gab Bloomberg Barclays seine Ankündigung wie geplant bekannt. Bei den enthaltenen Anleihen handelt es sich um Staats- und Versicherungspolicen Chinas.
Gleichzeitig ermutigte diese Nachricht den Staatspräsidenten Xi Jinping, die Vereinbarungen der Verhandlungen zum Handelsabkommen nicht einzuhalten. Denn Bloombergs Aktion machte den chinesischen Yuan damit zur viertgrößten Währungskomponente nach Dollar, Euro und Yen.

Die Anerkennung durch die drei Indexanbieter diente der Akkreditierung (Bestätigung) von Chinas A-Aktien und Anleihen, denen von chinesischen inländischen Investoren generell misstraut wird. Es wird geschätzt, dass Bloombergs Ankündigung Milliarden von Dollar bringen wird. Der Anleihemarkt Chinas umfasst etwa 13 Billionen Dollar.

Wer die Preise auf dem Kapitalmarkt macht, hat die Staaten in der Hand

Die globalen Kapitalmärkte üben in souveränen Ländern starken Einfluss aus, während der Einfluss der souveränen Länder auf den Kapitalmarkt weiterhin schwächer wird. Diese Machtregel der Finanz-Rating-Agenturen und Index-Macher an den Börsen veröffentlichte McKinsey in seinem 1996 erschienenen Buch „Market Unbound: Unleashing Global Capitalism“.

Diejenigen, die das Recht besitzen, die Preisgestaltung auf den Kapitalmärkten zu beeinflussen, werden den Kapitalfluss kontrollieren und somit auch Einfluss auf die Währungs- und Finanzpolitik der souveränen Länder und ihr Schicksal ausüben.

Kurz nachdem das Buch erschienenen war, brach 1997 in Asien eine Wirtschaftskrise aus. Präsident Bill Clintons Berater James Carville scherzte einmal:

Ich dachte immer, wenn es eine Wiedergeburt gäbe, wollte ich als Präsident oder Papst oder als ein 400er Baseballschläger zurückkehren. Aber jetzt möchte ich als der Rentenmarkt zurückkommen. Du kannst alle einschüchtern. Natürlich noch besser, wenn ich die Anleihekurse frei entscheiden kann, wie ein Vorgesetzter einer Ratingagentur.“

Bonitätsänderungen beeinflussen die Stimmung in Peking

Jahre später beschrieb Thomas L. Friedman in seinem Buch „World is Flat“ die Ratingagenturen als eine von zwei Supermächten in der heutigen Gesellschaft: Die Vereinigten Staaten von Amerika und Moody’s. Ersteres kann dich mit Bomben zerstören, sagte Friedman, während letzteres dies tut, indem es deine Bonität senkt. Und manchmal weiß niemand, welcher der beiden tödlicher ist, schrieb er.

Das ist der Grund, warum diese Bonitätsänderungen in diesen Ratingagenturen Pekings Stimmung beeinflussen können. Eine bessere Bonität wäre für China wie eine neue Waffe, während eine schlechtere es in einem Zustand voller Spannung versetzen könnte. Wenn die drei Top-Agenturen – S&P Global, Moody’s Investors Service und Fitch Rating – Chinas Bonität von 2017 senken würden, könnte China es sich nicht leisten, gleich mehreren Top-Agenturen zu widersprechen und sie zu beleidigen.

Am 7. Mai stufte Morgan Stanley sein Aktienrating der vier größten chinesischen Banken von „overweight“ auf „equal weight“ herab. Zwei der vier Banken verzeichneten nach der Ankündigung sofortige Kursverluste, was Peking nicht guthieß. (Von „overweigth“ spricht man, wenn die Rendite einer Aktie über der durchschnittlichen Rendite des Unternehmens liegt; von „equal weight“ entsprechend, wenn die Rendite der Aktie und die durchschnittliche des Unternehmens gleich ist)

80 Prozent aller Kapitalzuflüsse in die Schwellenländer gehen nach China

Die beiden größten Agenturen S&P und Moody’s kontrollieren die Kreditwürdigkeit auf der Welt, während MSCI und Bloomberg die Schlüsselrollen auf dem Finanzmarkt innehaben. Gesichert durch diese mächtigen Agenturen liegt China gut am Markt. Im Jahre 2018 erreichte der Nettozufluss von ausländischem Kapital nach China 100 Milliarden Dollar (umgerechnet circa 89 Milliarden Euro). Dies entspricht 80 Prozent aller Zuflüsse in die Schwellenländer.

Im ersten Quartal von 2019 flossen mehr als 18,6 Milliarden Dollar (16,5 Milliarden Euro) über die Shanghai-Hongkong Stock Connect und den Shenzhen-Hongkong Flow in den chinesischen Aktienmarkt. Das ist etwa das dreifache des Vorjahreszeitraums.

Am 10. April emittierte die Bank of China Mehrwährungsanleihen im Wert von 3,8 Milliarden Dollar (fast 3,4 Milliarden Euro), um eine kostengünstige Finanzierung für die One Belt One Road Initiative einzuwerben.

Die Anleihen wurden in fünf verschiedene Währungen aufgeteilt – darunter US-Dollar, Euro, Yen, Hongkong-Dollar und Macau-Pataca. Europäische Investoren machten 83 Prozent der Investoren für die auf Euro-denominierten Anleihen aus, darunter stammen 45 Prozent aus den großen Volkswirtschaften der Eurozone in Italien, Deutschland und Frankreich.

Europa wählte seine Seite ohne Druck von Washington

Die New York Times beharrt weiterhin darauf, dass Washington die europäischen Länder dazu gezwungen hat, eine Seite zu wählen. Fakt ist jedoch, dass diese bereits lange davor ihre Seite gewählt hatten.

Die Vereinigten Staaten können ihre Verbündeten nicht dazu bewegen, gemeinsam Peking dazu zu zwingen, ein weiteres Plaza-Abkommen zu unterzeichnen, wie sie es beispielsweise während der 80er im Handelskrieg gegen Japan getan haben.

Washington kann nicht einmal amerikanische Ratingagenturen zur Verschiebung der Ratingänderungen für China zwingen. Dies alles hat China geholfen, den Druck von Trump auszugleichen.

Chinas Spiel

China spielt bereits seit drei Jahrzehnten das Spiel „Markt-für-Technologie“ mit Strategien wie „Bitten, Leihen und Stehlen“. Präsident Clinton brauchte Chinas Hilfe, um die Globalisierung voranzutreiben; Präsident Bush benötigte Chinas Mitarbeit bei Anti-Terror-Kampagnen nach dem 11. September; die Ära von Präsident Obama gab China viele Möglichkeiten, geistiges Eigentum zu stehlen.

Nun ist die Zeit gekommen, das Ganze zu beenden. Über die 180-Grad Drehung beschweren sich alle Trittbrettfahrer, einschließlich der europäischen Länder.

Wenn es Trump wirklich gelingen sollte, MSCI und Bloomberg zu einem Rauswurf chinesischer Aktien aus ihren globalen Indizes zu bewegen, würde das einen schweren Schlag für China bedeuten. Vor einem wachsenden Finanzkrieg ist es wichtig, dass die andere Seite weniger Kapitalanleger bekommt.

Andererseits ist die Drohung, keine Seltenen-Erden mehr zu liefern, mit aller Wahrscheinlichkeit nur ein simpler Bluff der chinesischen Propaganda. Das amerikanische Verteidigungsministerium gab zwar zu, dass Metalle der Seltenen-Erden für viele Waffensysteme des Landes von Wichtigkeit ist, einschließlich der Herstellung von Laser, Radar, Sonar, Nachtsicht, Raketen, Triebwerken und Legierungen für gepanzerte Kampffahrzeuge.

Allerdings ist die Abhängigkeit der Vereinigten Staaten von dem chinesischen Vorkommen gesunken. „Chinesische Daten zeigen, dass die USA im letzten Jahr [2018] nur 3,8% von Chinas Export der Seltenen Erden gekauft haben“, erklärte das Verteidigungsministerium. Darüber hinaus ist China im letzten Jahr zum größten Seltene-Erze-Importeur geworden, mit Amerika als einem seiner größten Lieferanten.

Chinas Präsident setzt auf eine „Bummelstrategie“ – in der Hoffnung, dass Trump die nächsten Wahlen verliert

Auch wenn Präsident Trump der Oberbefehlshaber des Landes ist, kann er nur sanften Druck auf die US-Ratingagenturen ausüben. Er kann sie nicht dazu zwingen, irgendwelche „professionellen“ Schlussfolgerungen zu ziehen, es sei denn, China hat offiziell seine Feindschaft angekündigt.

Etwas ähnliches hat sich bereits einmal abgespielt. S&P kündigte am 5. August 2011 eine Herabstufung des Staatsratings der Vereinigten Staaten von AAA auf AA+ an und warnte vor weiteren Herabstufungen in der Zukunft. Das Unternehmen senkte auch das langfristige US-Rating um AA-. Dies war das erste Mal in der Geschichte, dass die US-Bundesregierung ein Rating unter AAA (herausragend) erhielt. Moody’s hat andererseits sein Rating nicht geändert, obwohl es vor einer möglichen Herabstufung warnte.

Die Außenwelt kann nur raten, was die KP China in Zhongnanhai, dem chinesischen Regierungsviertel, wirklich denkt. Daher wurde der Besuch in einer Mine für Seltene-Erden durch Staatspräsident Xi Jinping als Signal für einen bevorstehendes Verbot gedeutet.

Xis Aufrufe, „für einen neuen Langen Marsch zu gürten“ galt als eine Erklärung für die Entschlossenheit, sich im Handelskrieg zu behaupten. China stellt durch sein politisches System sicher, dass alle Handelsunternehmen der Kommunistischen Partei Chinas gehorchen. Kein privates Unternehmen wagt es, seinen Feinden im Handelskrieg unter der Leitung des Parteichefs zu helfen.

Xi Jinping glaubt vermutlich, dass er genügend Informationen hat, um seine „Bummelstrategie“ zuversichtlich fortzusetzen – in der Hoffnung, dass Trump die nächsten Wahlen verliert. Gleichzeitig hofft er, dass die Beziehungen zwischen den USA und China wieder so werden, wie sie waren, als die Demokraten im Weißen Haus regierten.

Präsident Trump, der eine solche Strategie klar sieht, kann jetzt nur sagen, dass er es nicht eilig hat, den Deal abzuschließen. Bis zur zusätzlichen Klarheit über die US-Wahlen 2020 würden die Verhandlungen, wenn sie überhaupt fortgesetzt würden, zu nichts führen.

Bis dahin werden sich beide Parteien langsam, aber sicher in Richtung Gefahrenzone bewegen.

Das Original erschien in The Epoch Times (USA) (deutsche Bearbeitung und Erweiterung von jn/ks)
Originalartikel:
He Qinglian: US-China Relationship Entering a Danger Zone

He Qinglan ist eine prominente chinesische Schriftstellerin und Ökonomin. Sie ist derzeit in den Vereinigten Staaten ansässig und die Autorin von „China’s Pitfalls“ („Chinas Fallstricke“), die die Korruption bei der Wirtschaftsreform Chinas in den 90er Jahren betreffen. Ein anderes Buch ist „The Fog of Censorship – Media Control in China“, das sich mit der Manipulation und Einschränkung der Presse befasst. Sie schreibt regelmäßig über aktuelle soziale und wirtschaftliche Themen in China.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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