Helmut Novak: Wie dekadent sind wir eigentlich? – Teil 1

Irgendwie bin ich auf diesen Gedankengang gekommen, wie dekadent wir eigentlich sind, gewissermaßen durch Zufall, durch eine meiner Katzen. Was war passiert? Ich vermisste eine meiner jüngeren Katzen schon länger als einen Tag. Was tun?
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"Unsere Gesellschaft ist aber von der Realität bereits so weit entrückt, dass man da die Feuerwehr mit der Drehleiter holt." (Helmut Novak)Foto: iStock
Von 9. Februar 2019

Was war passiert? Ich vermisste eine meiner jüngeren Katzen schon länger als einen Tag. Um Mitternacht hörte ich ein klägliches Miauen vom First des Daches eines Hauses in der Nachbarschaft. Wie das Tier da hinaufgekommen ist, war mir ein Rätsel.  Ich rief und lockte, – umsonst. Die Katze miaute andauernd, blieb oben und traute sich offensichtlich nicht herunter.

Was tun? Zu den Nachbarn konnte ich um Mitternacht nicht gehen, außerdem hätte ich die 12m-Leiter gebraucht, um wenigstens bis an die Dachrinne zu kommen. Ich dachte, was würde man denn in Deutschland nun machen? Einfache Antwort: Man würde die Feuerwehr rufen, und die würde die Katze herunterholen. Kostenlos natürlich.

Kann man in Rumänien vergessen, – die Feuerwehrleute würden sich höchstens an die Stirn tippen. Auch ich dachte mir, – wenn das Tier dort hinaufgekommen ist, dann wird es auch irgendwie wieder herunterkommen. Dazu hatte ich auch keine Lust, mitten in der Nacht auf den Lagerplatz zwecks Transporter und Ausziehleiter zu fahren. Mal sehen, wie ich das Problem am nächsten Tag in den Griff bekomme, so dachte ich und ging wieder zu Bett. Am nächsten Morgen wartete das Tier schon vor der Haustür und begehrte Einlass, wie üblich, zum Freßnapf. Das Problem hat sich also von selbst erledigt.

Die Dekadenz in unserem Denken.

Warum komme ich nun auf den Gedanken der Dekadenz? Wie oft hört man von Aktionen der Feuerwehr, um ein Kätzchen von einem hohen Baum herunterzuholen. Die Helfer in der Not sind zur Stelle, alle Umstehenden freuen sich, filmen mit dem Handy, und der Steuerzahler bezahlt‘s.  War das aber wirklich notwendig?

Mir ist kein Fall bekannt, wo man später im Geäst eines hohen Baumes den Kadaver einer verendeten Katze entdeckt hätte, die den Weg nach unten nicht gefunden hat. Oder eine Katze, die sich bei der Abwärtstour vom Baum das Genick oder ein Bein gebrochen hätte.  So, wie sie hinaufgekommen ist, so kommt sie auch wieder herunter, wenn sie Hunger hat. Mit oder ohne Miauen. Dass eine Katze immer auf die Füße fällt, sollte doch bekannt sein.

Unsere Gesellschaft ist aber von der Realität bereits so weit entrückt, dass man da die Feuerwehr mit der Drehleiter braucht.  Das logische Denken und das Selbstverständnis zur Natur ist uns verlorengegangen. Wir denken in Dimensionen, über die andere Nationen, die sich noch die Natürlichkeit bewahrt haben, nur den Kopf schütteln können.

Es geht nicht nur um die Katze

Lassen wir mal das Beispiel mit der Katze. Ein Siebenbürger Bauer, der Ende der 80er Jahre nach Deutschland ausgesiedelt ist, öffnete mir da – ungewollt – die Augen. Er sagte mir einmal: „Was sind denn das für Leute, die gehen mit dem Hund an einem Strick in den Park und schauen ihm beim Kacken zu …“ Klar, das kannte man in Rumänien nicht, – da hat man zu Haustieren ein anderes Verhältnis, da hatte man auch andere Sorgen. Das hat sich bis heute geändert, man sieht auch hier Leute mit dem Hund an der Leine, eine Plastiktüte mit sich führend, sowie einen Einweghandschuh, mit dem man dann die Exkremente des Hundes vom Gehweg aufsammelt.

Man kann von mir halten, was man will, – aber bis ich mal so weit bin, um desgleichen zu tun, dazu müsste ich noch einmal auf die Welt kommen. Ich habe mehrere Hunde, ich hänge auch an denen, – und umgekehrt -, aber zum Begriff „Hundehaltung“ habe ich ein etwas anderes Verhältnis. Der Siebenbürger Bauer hat mir übrigens auch das Leben meines Schäferhundes um ein Jahr verlängert, als dieser an der Hüftdysplasie erkrankt war. Da bin ich auch draufgekommen, was für einen Hund wichtig ist, – nicht die dauernden Streicheleinheiten, wie ich vorher dachte.

Wenn ich dann manchmal beobachte, welcher Kult da um die Vierbeiner getrieben wird, – nun, ich hab da meine eigene Meinung darüber. Ein alter Tierarzt hat mir mal in Deutschland gesagt, dass die meisten Leute den großen Fehler machen, dass sie die Tiere vermenschlichen. In diese Argumentation passt auch die öfter gehörte Redewendung hinein: Habt Ihr Kinder? Nein, aber wir haben einen Hund.  Soll mir doch jemand mal erklären, was daran nicht dekadent ist.

Beispiel Kinder:

Wenn ich manchmal beobachte, wie die Kleinsten, oft noch im Vorschulalter, den Eltern auf der Nase rumtanzen und sich nicht nur unmöglich gebärden, sondern auch unverschämte Forderungen stellen, – ich begreifs einfach nicht. Man gewinnt den Eindruck, dass die Eltern sich da einen Nobelpreis in Geduld und Nachgiebigkeit ergattern wollen. Sie kommen gar nicht drauf, was sie dem Kind dabei antun. Manche schwören ja auch noch heute auf die antiautoritäre Erziehung.

Ein Kind, das nicht bereits im Kindergartenalter lernt, dass es Grenzen gibt, die man respektieren muss, – wie soll denn dieses Kind später im Leben zurecht kommen? Wieso ist es falsch, einem Kleinkind beizubringen, dass es eben Konsequenzen hat, wenn die Spielsachen abends nicht aufgeräumt werden? Wieso ist es falsch, die Kinder zusammen mit den Eltern in die tägliche Hausarbeit mit einzubinden? Natürlich altersgerecht dosiert. „Nein, das brauchst Du nicht, das mach ich schon“, usw. Dafür bekommen die Kids immer das an Essen serviert, was ihnen schmeckt, – ungeachtet dessen, ob das gesund ist oder nicht. Ist das keine Dekadenz?

Vorerziehung ins System

Da war vor ein paar Tagen im TV (glaube, ZDF) eine Diskussion, wieviel Taschengeld man denn den Kindern geben soll. Gut, dazu habe ich sowieso ein gestörtes Verhältnis, weil das in meinen Augen die Vorerziehung zur Sozialhilfe ist. Warum: Man bekommt etwas, wofür man nichts geleistet hat. Man bekommt einfach nur Geld, weil man existiert. Besser wäre es, so wie ich das gehandhabt habe, wenn man besondere Leistungen honoriert, egal ob es gute Noten in der Schule oder zusätzliche kleinere Aufgaben oder Arbeiten sind, die man erledigt hat. Das Kind soll von Beginn an merken: Tu ich was, hab ich was. Tu ich nichts, hab ich nichts.

O.k., da kann man verschiedener Meinung drüber sein. Das, was mich aber geschockt hat, war die Rede eines der Diskussionsteilnehmer (oder wars ein Kinderpsychologe) beim Thema Taschengeld. Da hieß es, – wie wichtig es wäre, dem Kind schon früh den Umgang mit Geld auf einem Kinderkonto bei der Bank beizubringen, damit es sich auch an die Bezahlung mit der Plastikkarte gewöhnt. Das geht dann so weit, dass die Oma dem Sprößling keinen Fünfer mehr in die Hand drückt, sondern sagt, – ich überweis Dir einen Fünfer aufs Konto …

Ich krieg mich nicht mehr. Dass man das Bargeld abschaffen will, damit alles absolut gläsern wird, was mit Geld zu tun hat, das haben wir ja schon gemerkt. Aber dass man das nun schon den Kindern beibringen will, – da hakts bei mir aus. Dafür werden alle natürlichen Vorgänge sowie die Querverbindungen zwischen den Fächern im Lehrplan der Schulen ausgeklammert, man ereifert sich in Details, ohne dabei auf den gesamten Zusammenhang zu kommen, der dem jungen Menschen einen Überblick ermöglicht.

Fortsetzung am 10. Februar

Helmut Novak ist Autor und Unternehmer in Siebenbürgen in Rumänien.

 

 

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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