Jürgen Fritz: CDU/CSU und SPD nur bei über 65-Jährigen vor den Grünen bzw. vor der AfD

Wie würden die Deutschen wählen, wenn heute Bundestagswahlen wären. Dazu hat Wahl-O-Matrix wie immer die aktuellsten Ergebnisse von sechs Instituten beleuchtet. Es geht auch um Unterschiede zwischen Ost und West und zwischen den Jahrgangsgruppen.
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"Die Probleme von Union und SPD könnten die nächsten Jahre unter Umständen noch größer werden. Denn es könnte sein, dass ihnen schlicht ihre Hauptwählergruppe allmählich wegstirbt." (Jürgen Fritz)Foto: JULIAN STRATENSCHULTE/AFP/Getty Images
Von 15. Juli 2019

Betrachten wir die neuesten Befragungsergebnisse sechs großer Institute der letzten zwei, drei Wochen und bilden die Mittelwerte, so können wir feststellen: Die Union liegt mit einem Vorsprung von einem bis 1,5 Punkte wieder vor den Grünen, die SPD um knapp einen halben Punkt vor der AfD. Die FDP fällt dagegen hinter DIE LINKE zurück auf ihren niedrigsten Wert seit der Bundestagswahl vor 22 Monaten. Seither hat die FDP mehr als ein Viertel ihrer Anhänger verloren. Noch interessanter wird es aber, wenn man sich die verschiedenen Altersgruppen anschaut. Denn hier zeigen sich gewaltige Unterschiede.

Union wieder vor den Grünen, SPD ganz knapp vor der AfD und FDP fällt hinter DIE LINKE zurück

Die Bundestagswahlen vor knapp 22 Monaten verliefen für die Union und für die SPD absolut enttäuschend. CDU/CSU fielen von 41,5 auf 32,9 Prozent zurück (− 8,6), die SPD von 25,7 auf 20,5 Prozent (− 5,2). Doch damit war der Abwärtstrend der beiden ehemaligen Volksparteien noch lange nicht beendet. Die Union fiel seither noch kräftig weiter auf aktuell ca. 26 Prozent, verlor also nochmals fast 7 Punkte, die SPD relativ sogar noch mehr. Sie büßte seither nämlich auch nochmals ca. 7 Punkte ein, das aber bei viel kleinerer Basis. Denn bei ihr bedeuten 7 Punkte mehr als ein Drittel der Wähler vom September 2017. Zwischenzeitlich lagen CDU/CSU zusammen sogar hinter den Grünen, die SPD hinter der AfD auf Platz vier. Inzwischen haben beide das wieder verändern können und ihre absoluten Tiefpunkte (vorerst zumindest) überwunden, beide verdanken dies jedoch ausschließlich einer Wählergruppe: den Alten, den Ü65-Wählern. Dazu gleich mehr.

Doch betrachten wir zunächst, wie die Deutschen wählen würden, wenn heute Bundestagswahlen wären. Dazu hat Wahl-O-Matrix wie immer die aktuellsten Ergebnisse aller Institute beleuchtet, die – bezogen auf den mittleren Tag der Befragung – in den letzten drei Wochen Ergebnisse veröffentlichten, und für jede Partei das arithmetische Mittel eruiert. Dieses Mal sind sogar alle Umfrageergebnisse von a) YouGov, b) Infratest dimap, c) INSA, d) Emnid, e) Civey und f) Forsa bezogen auf den mittleren Tag der Befragung nicht älter als zwei Wochen, also ausgesprochen aktuell. Hier die Wahl-O-Matrix-Mittelwerte aller Parteien:

CDU/CSU: 26,1 %
GRÜNE: 24,8 %
SPD: 13,6 %
AfD: 13,2 %
LINKE: 8,3 %
FDP: 7,8 %
Sonstige: 6,2 %


Civey-Gesamtauswertung

Interessant ist nun, wenn man sich die jüngsten Civey-Zahlen genauer anschaut, denn hier wurde eine Aufgliederung nach Altersgruppen aufgenommen und dies ist sehr aufschlussreich. Betrachten wir zunächst das von Civey errechnete Gesamtergebnis (mehr als 10.000 im Zeitraum vom 4. bis 11. Juli 2019 online stichprobenartig Befragte):

CDU/CSU: 26,7 %
GRÜNE: 24,7 %
SPD: 13,8 %
AfD: 13,3 %
FDP: 8,7 %
LINKE: 8,2 %
Sonstige: 4,6 %

Außer bei der FDP und den sonstigen Parteien entspricht dies recht genau den Wahl-O-Matrix-Mittelwerten. Die FDP errechnete Civey etwa einen Punkt höher (also wahrscheinlich eher zu hoch), die Sonstigen etwa 1,5 Punkte niedriger (also eher zu niedrig). Jetzt wird es aber interessant, denn Civey betrachtete auch die einzelnen Altersgruppen und wies dies hier explizit aus.

Wahlabsichten der einzelnen Altersgruppen laut Civey

Nun also die Wahlabsichten der einzelnen Altersgruppen, Statistischer Fehler 2,5 Prozent (Altersgruppe Ü65) bis 4,2 Prozent (18 – 29-Jährige):

18- bis 29-Jährige:

GRÜNE: 34,7 % (+++)
CDU/CSU: 17,7 % (−−−)
AfD: 12,3 % (−)
FDP: 11,1 % (++)
SPD: 9,7 % (−−−)
LINKE: 6,9 % (−)
Sonstige: 7,6 % (+++)

Wir sehen hier, Die Grünen, die FDP und sonstige Parteien sind bei den U30-Wählern stärker als in allen anderen Altersgruppen, erzielen bei den Jungen ihre besten Ergebnisse (daher unterstrichen), während vor allem CDU/CSU und SPD hier deutlich schwächer sind als in der Gesamtgruppe aller Wähler und die Linkspartei hier ebenfalls ihr schlechtestes Ergebnis erzielt. Das heißt, die beiden früheren Volksparteien und DIE LINKE schaffen es nicht mehr, jüngere Wähler so für sich zu gewinnen, wie sie es sich wünschen würden.

30- bis 39-Jährige:

GRÜNE: 27,5 % (++)
CDU/CSU: 19,8 % (−−−)
AfD: 16,1 % (++)
SPD: 13,5 %
FDP: 8,4 %
LINKE: 8,1 %
Sonstige: 6,6 % (++)

Bei den Dreißigern erzielt die AfD ihr zweitbestes Ergebnis.

40- bis 49-Jährige:

GRÜNE: 25,2 %
CDU/CSU: 23,4 % (−−)
AfD: 16,3 % (++)
SPD: 10,6 % (−−)
FDP: 9,8 % (+)
LINKE: 9,3 % (+)
Sonstige: 5,5 % (+)

Bei den Vierzigern, also den Menschen, die altersmäßig mitten im Berufsleben stehen, können AfD und DIE LINKE ihre besten Ergebnisse erzielen.

50- bis 64-Jährige:

GRÜNE: 25,9 % (+)
CDU/CSU: 25,2 % (−)
AfD: 14,8 % (+)
SPD: 13,1 %
LINKE: 8,5 %
FDP: 8,2 %
Sonstige: 4,3 %

Selbst bei den 50- bis 64-Jährigen erzielen CDU/CSU und SPD noch unterdurchschnittliche Ergebnisse im Vergleich zur Gruppe aller Wähler.

Ab 65 (Ü65)

CDU/CSU: 36,6 % (+++)
SPD: 18,0 % (+++)
GRÜNE: 17,9 % (−−−)
AfD: 9,7 % (−−)
FDP: 7,8 % (−)
LINKE: 7,8 %
Sonstige: 2,2 % (−−−)

Bei den Ü65 dreht sich das Bild nun völlig. CDU/CSU, die in allen anderen Altersgruppen hinter den Grünen liegen, können bei den Alten mehr als doppelt so viele Stimmen holen wie diese und die SPD sogar genauso viele oder minimal mehr, während Grüne und AfD sowie die FDP hier ihre schlechtesten Ergebnisse erzielen. Das heißt, Union und SPD dürfen mit Fug und Recht als Rentnerparteien angesehen werden. Hier nun das Ganze in einem Bild:

Fazit: Die Grünen sind in allen Altersgruppen der unter 65-Jährigen auf Platz eins vor CDU/CSU, die AfD in allen Altersgruppen U65 auf Platz drei vor der SPD. Dabei liegen, wenn wir alle Umfrage-Institute zu Grunde legen und nicht nur Civey, die Werte von CDU/CSU und SPD insgesamt, also auch in vielen Altersgruppen eher noch etwas niedriger.

Grüne, SPD, FDP und leicht auch die CDU sind Westler-Parteien, AfD und Linke klare Ostler-Parteien

Und noch etwas fällt auf. Nicht nur die Unterschiede zwischen Alt und Jung sind bezüglich des Wahlverhaltens gewaltig, sondern auch die zwischen West und Ost. In der aktuellen Forsa-Veröffentlichung von gestern werden neben den Gesamtzahlen auch die Werte für West und Ost angegeben. Diese sehen wie folgt aus:

CDU/CSU: 26 % –> West: 27 %, Ost: 23 %
GRÜNE: 25 % –> West: 27 %, Ost: 15 %
SPD: 13 % –> West: 14 %, Ost: 9 %
AfD: 13 % –> West: 10 %, Ost: 23 %
LINKE: 8 % –> West: 6% , Ost: 17 %
FDP: 7 % –> West: 8 %, Ost: 5 %
Sonstige: 8 % –> West: 8 %, Ost: 8 %

Wir sehen hier deutlich, Die Grünen sind nicht nur eine Partei vor allem der Jüngeren, sondern auch eine klare Westler-Partei. Sie haben hier prozentual fast doppelt so viele Anhänger wie im Osten (Faktor 1,8). In leicht abgeschwächter Form gilt dies auch für die SPD (1,56) und die FDP (1,6), minimal auch für die Union (1,17), während AfD und DIE LINKE klare Ostler-Parteien sind. Die AfD holt im Osten des Landes prozentual mehr als doppelt so viele Stimmen (Faktor 2,3), die SED-Nachfolgerin sogar fast dreimal so viele (2,83).

Im Osten des Landes ist die AfD laut Forsa, welches die AfD tendenziell zu niedrig berechnet, sogar gleichauf mit der CDU, hat also sehr gute Chancen, in den neuen Bundesländern stärkste politische Kraft zu werden. Die Probleme von Union und SPD aber könnten die nächsten Jahre unter Umständen noch größer werden. Denn es könnte sein, dass ihnen schlicht ihre Hauptwählergruppe allmählich wegstirbt.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf  JFB

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