Kolumne: Demokratie am Ende

Am 1. Juli ist das nationale Sicherheitsgesetz für Hongkong in Kraft getreten. Seitdem ist ein Monat vergangen. Und wie läuft es nun in Hongkong?
Titelbild
Der pro-demokratische Aktivist Joshua Wong (L) wurden von den Wahlen in Hongkong ausgeschlossen. Wong sagte am 31. Juli, dass das demokratische Lager Hongkongs weiterhin gegen das brutale Vorgehen Pekings kämpfen werde.Foto: ANTHONY WALLACE/AFP über Getty Images
Von 3. August 2020

Seit Jahrzehnten gilt Hongkong als Perle im Osten. Unter anderem, weil die glitzernden Lichter der Stadt uns das schönste Nachtbild in ganz Asien bescheren. 

Doch als Tor zum chinesischen Festland galt Hongkong auch als Leuchtturm der Freiheit. Ein sicherer Ort, nicht nur für große Finanzinstitute oder große Investoren, sondern auch für normale Menschen zum Leben und Arbeiten. Davon konnten viele Festlandchinesen lange Zeit nur träumen. 

Vor der Übergabe der ehemaligen britischen Kolonie an China habe ich Hongkong mehrmals besucht. Was mich immer wieder beeindruckt hatte, war, wie frei Hongkong war und was man, im Gegensatz zum chinesischen Festland, alles in den Hongkonger Zeitungen lesen und im Fernsehen sehen konnte.

Als Großbritannien 1997 die Kolonie Hongkong an China übergab, versicherte die damalige Regierung in Peking, 50 Jahre lang das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ zu gewährleisten. 23 Jahre sind inzwischen vergangen. Und Stück für Stück nimmt Pekings Führung den Hongkongern ihre Freiheitsrechte weg. 

Peking verhält sich wie ein Tiger, der Hongkong als ein Stück Fleisch zermalmt

Das neue Sicherheitsgesetz schwebt über jedermanns Kopf in Hongkong, wie eine dunkle Wolke. „Wie ein Schwert“: eher unüblich in Deutschland. 

Auf Chinesisch spricht man davon, dass die kommunistische Führung in Peking sich wie ein Tiger verhält, der Hongkong als Stück Fleisch sieht und zwischen seinen Zähnen zermalmt. 

Vor zwei Tagen erfolgte in Hongkong schließlich die erste Festnahme auf der Grundlage des neuen Sicherheitsgesetzes. Vier Schüler und Studenten im Alter von 16 bis 21 Jahren sind festgenommen worden. Sie stehen unter dem Verdacht, sich für die Unabhängigkeit der Sonderverwaltungszone eingesetzt zu haben.

Das ist das erste Mal, dass unter dem neuen Gesetz mit einer Razzia nach konkreten Personen gefahndet wurde. Die Polizisten sind in die Wohnungen der Schüler und Studenten eingedrungen, ohne Hausdurchsuchungsbefehl.

Vier junge Leute festgenommen: Sie wollten Unabhängigkeit bewahren

Die drei jungen Männer und ein Mädchen hätten in Online-Netzwerken zur Gründung einer Organisation aufgerufen, die sich für die Unabhängigkeit Hongkongs einsetzen solle. 

Einer der Festgenommenen ist der frühere Studentenführer Tony Chung. Chung und die anderen drei Verhafteten gehörten einer Studentenorganisation an, die „Studentlocalism“ heißt. Aus Sicherheitsbedenken wurde die Hongkong-Zweigstelle dieser Organisation vor Inkrafttreten des Sicherheitsgesetzes aufgelöst. Chung und seine Mitstreiter sind aus der Organisation ausgetreten. 

Seit dem 01. Juli sind keine Posts mehr zum Thema Freiheitsbewegung oder Unabhängigkeit von Hongkong in ihren Social-Media-Kanälen zu finden. Trotzdem sind sie wohl rückwirkend verhaftet worden. 

Der erste Gerichtsfall, seitdem das neue Sicherheitsgesetz in Kraft getreten ist, zieht zwangsläufig die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf Hongkong. Somit hat der Fall eine besondere symbolische Bedeutung.

Ich hatte aber eher vermutet, dass die Hongkonger Polizei zuerst einen Fall aussuchen würde, der mit Vandalismus, wie zum Beispiel mit Beschädigungen öffentlichen Eigentums zu tun hat. Eine solche Tat zu bestrafen, wäre unter dem Gesetz nicht so auffällig und würde in der internationalen Gesellschaft eher auf Verständnis stoßen.

Jedoch hat die Hongkonger Polizei gleich im ersten Schritt vier Schüler und Studenten festgenommen. Die jüngste unter den Schülern ist erst 16 Jahre alt. Wahrscheinlich ist die internationale Reaktion für die kommunistische Führung in Peking gar nicht mehr so wichtig. 

Atmosphäre von Angst und Terror schaffen

Eine Frage stellt sich hierbei: Wollte die Hongkonger Polizei mit den Festnahmen der jungen Leute diese Generation einschüchtern und eine Atmosphäre von Angst und Terror schaffen?

Denn mit diesen Methoden haben die Kommunisten auf dem Festland Chinas jahrzehntelange Erfahrung. 

Als ich klein war, habe ich nie verstanden, warum Menschen vor ihrer Hinrichtung, noch gefesselt, am Gerüst eines Lastwagens gebunden und auf der Straße vorgeführt werden müssen. 

Schreiend durch einen großen Lautsprecher, erzählten ihre Peiniger auch noch, welche angeblichen Straftaten sie begangen hätten. Später habe ich erst begriffen, dass diese Szenen dazu dienten, den Schaulustigen Angst einzujagen. 

Die Angst hatte die kommunistische Führung in China schon immer benutzt, um ihr Volk in Schach zu halten. Und genau dieselbe Methode will das Regime nun auch in Hongkong anwenden. 

Schüler einschüchtern, Wahlen verschoben

Doch neu ist: Der Kern der Protestbewegungen in Hongkong wird von jungen Leuten, den Schülern und Studenten gebildet. Und das schon seit der Protestwelle im Jahr 2014, die auch als Regenschirm-Revolution bekannt wurde.

Diese Leute gehören einer Generation an, die weder die vielen politischen Bewegungen in China, die Kulturrevolution, das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens 1989 noch die Verfolgung von Falun Gong 1999 miterlebt, geschweige denn erlitten haben. 

In China gibt es ein Sprichwort: „Ein neugeborenes Kalb kennt keine Angst vor dem Tiger“. Genau diese Furchtlosigkeit macht den jungen Leuten Mut, um Widerstand gegen die kommunistische Diktatur zu leisten. Und nun zielt dieses Regime darauf ab, dieser jungen Generation Angst einzujagen.

Und das ist nicht alles.

Am 6. September sollte die Wahl für das Regionalparlament in Hongkong stattfinden. Wie nun bekannt wurde, haben die Behörden zwölf Vertreter der Demokratiebewegung ausgeschlossen, darunter den bekannten Demokratie-Aktivisten Joshua Wong. 

Hongkongs pekingtreue Regierung hat die Parlamentswahl um ein Jahr verschoben. Geplant war diese Wahl eigentlich für September 2020.

Hongkong ist die Bühne einer neuen Tragödie

Nach Angaben von Regierungschefin Carrie Lam sei die erhöhte Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Hongkong der Grund für die Absage der Wahl.

Doch ich vermute, dass die pekingtreue Hongkonger Regierung unsicher ist, ob sie als „Pro-Peking-Lager“ die Wahl mehrheitlich gewinnen kann. Die Hongkonger Regierung braucht wohl mehr Zeit, um die pro-demokratische Stimmung im Land kippen zu lassen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird es in der nächsten Zeit wahrscheinlich noch mehr Festnahmen geben. 

Hongkong ist die Bühne einer neuen Tragödie. Dort wird die Kommunistische Partei Chinas der Welt zeigen, wie eine Demokratie Schritt für Schritt manipuliert, abgebaut und zerlegt wird. 

Die internationale Gemeinschaft, darunter auch  Deutschland, hat das nationale Sicherheitsgesetz für Hongkong scharf kritisiert. Die EU-Staaten haben ein Maßnahmenpaket gegen das Sicherheitsgesetz in Hongkong beschlossen. Deutschland hat den ersten Schritt angekündigt: Ab sofort werde der Export von Rüstungsgütern, aber auch von Produkten, die sowohl militärisch als auch zivil eingesetzt werden könnten, nach Hongkong gestoppt. Nationale Auslieferungsprogramme sollen geprüft werden. Zudem soll es einen einfacheren EU-Schutz für Aktivisten geben, die politische Verfolgung durch Peking fürchten.

Dieser Gastbeitrag wird vom Youtube-Kanal Leas Einblick zur Verfügung gestellt, es fand keine redaktionelle Änderung durch Epoch Times statt.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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