N. Häring: Bundesverwaltungsgericht entscheidet über meine Bargeld-Klage

"Banknoten verlieren nicht ihre Eigenschaft als unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel. Lediglich für einen Teilbereich wird die Barzahlung ausgeschlossen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität.“ (Aus einer Urteilsbegründung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs)
Titelbild
Norbert Härings Klage auf das Recht, die Rundfunkgebühr mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel Euro-Bargeld bezahlen zu dürfen, liegt nach Abweisung in den ersten zwei Verwaltungsgerichtsinstanzen nun beim Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung.Foto: Andreas Rentz/Getty
Von 19. März 2019

Die Hessische Rundfunk will den Rundfunkbeitrag nicht in Form von Bargeld entgegennehmen. Darin sehen ich und ein weiterer Kläger einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Bundesbankgesetz, wonach auf Euro lautende Banknoten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel sind. In den Vorinstanzen waren die Klagen erfolglos. Die Weiterungen eines für uns positiven Urteils wären enorm.

Aktenzeichen: BVerwG 6 C 5.18. Die Sitzung ist für 11 Uhr angesetzt. Man kann sich als Besucher anmelden. Das ist zwar keine Bedingung, hilft dem Gericht aber ggf. einen ausreichend großen Raum zu wählen.

Der Beschluss der zweiten Instanz

Das Bundesverwaltungsgericht fasst den Beschluss der Vorinstanz (Hessischer Verwaltungsgerichtshof) in seiner Ankündigung so zuammen:

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG ein Verbot von Regelungen zur bargeldlosen Zahlungsweise, das nur durch eine gleichrangige bundesgesetzliche Bestimmung aufgehoben oder geändert werden könnte, nicht zu entnehmen. Werde die Barzahlung lediglich für einen Teilbereich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität ausgeschlossen, tangiere dies den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht.“

Hier ein paar Highlights aus meiner Zusammenfassung und Kommentierung des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieser schreibt in seiner Urteilsbergründung:

So wie im Privatrechtsverkehr vertraglich eine andere Abrede getroffen werden kann (..), kann im öffentlich-rechtlichen – durch das Über-/Unterordnungsverhältnis geprägten –Bereich die Rechtsbeziehung zwischen (…) öffentlich-rechtlichen Institutionen und rechtsunterworfenen Bürgern eine Rechtsvorschrift ebenfalls anderes regeln und eine von der Barzahlung abweichende Zahlungsweise ausdrücklich vorschreiben, ohne dass hierdurch der Anwendungsbereich des §14 Abs. 1 Satz 2 BBankG tangiert wird.“

Hier liegt aus meiner Sicht der größte von vielen Kloppern der Verwaltungsrichter. In der nachfolgenden Begründung für diese überraschende Behauptung wird einfach gegen die herrschende Rechtsauffassung postuliert, alles was Private nach dem Freiwilligkeitsprinzip untereinander aushandeln dürfen, dürfe die Verwaltung gegenüber dem Bürger auch von oben herab verfügen:

Bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1983 hatte der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, eine Geldschuld könne jedenfalls dann auch durch Zahlung von Buchgeld statt Bargeld erfüllt werden, wenn die Parteien dies – gegebenenfalls auch stillschweigend – vereinbart haben. (…) Übertragen auf das öffentliche Hoheitsprinzip, das nicht durch eine Gleichrangigkeit der Vertragsparteien und entsprechende Vertragsverhandlungen gekennzeichnet ist, sondern durch ein Über-/Unterordnungsverhältnis, bedeutet dies, dass auch durch Rechtsvorschrift andere Regelungen getroffen werden können, die eine bargeldlose Übermittlung vorschreiben und eine Barzahlung ausschließen.“

Mit dieser Auslegung werde die Regelung in §14 Abs. 1 Satz 1 BBankG auch nicht bedeutungslos, sondern sie behalte die vom Gericht als allein intendiert vermutete Bedeutung der Abgrenzung zu anderen Währungen und zur Zahlung mittels Wertpapieren. Zudem bleibe die eingeführte Währung „Euro“ unangetastet, weil auch die unbare Zahlung auf Euro lauten müsse.

Und dann kommt noch die Erkenntnis, dass unbeschränkt nicht bedeutet, dass etwas nicht beschärnkt ist, sondern nur, dass es nicht allzu sehr beschränkt ist:

Banknoten verlieren nicht ihre Eigenschaft als unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel. Lediglich für einen Teilbereich wird die Barzahlung ausgeschlossen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität.“

Die Revisionsbegründung

So richtig wasserdicht scheint mir diese Argumentation nicht. Hier einige der Kernargumente aus unserer Revisionsbegründung, die von Rechtsanwalt Carlos A. Gebauer verfasst wurde:

Wäre der Gesichtspunkt einer Vereinfachung von Verwaltungstätigkeit der einzige, entscheidende Gesichtspunkt, ob eine gesetzliche Regelung Geltung beanspruchen kann, ließen sich über diese Argumentationsfigur weite Teile des positiven Rechtes als unbeachtlich übergehen.

Das Berufungsurteil verkennt, daß eine Behörde nicht über dieselbe Rechtsmacht verfügt wie ein privatautonom handelnder Bürger, der im Rahmen seiner Vertragsfreiheit Abschluß- und Gestaltungsfreiheiten für das Tilgungsrecht genießt. Zwischen den hiesigen Streitparteien herrscht jedoch keinerlei Kontrahierungsfreiheit.

Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, § 14 I S. 2 BBankG könne prinzipiell auch gegen den Willen des Schuldners Einschränkungen erfahren, so bliebe nach wie vor offen, welche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage eine Behörde für ein solches Abweichen von förmlichem Bundesrecht (und – erst recht – von europäischem Primärrecht) heranziehen könnte. Daß der landesvertragliche Rundfunkstaatsvertrag schon aus normenhierarchischen Gründen dieses Erfordernis nicht erfüllt, ist dargelegt.“

Die Erwiderung des Hessischen Rundfunks

Der Hesssische Runfunk hat hierauf erwidert. Hier ein besonders schönes Zitat daraus:

Dass der Gesetzgeber mit §14 Abs.1 S.2 Bundesbankgesetz auch solche Regeln verhindern wollte, die der Verwaltungsvereinfachung von Massenverfahren insbesondere im Zusammenhang mit der Einziehung von Rundfunkbeiträgen dienen, muss auch und gerade im Hinblick auf die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkbeiträge für die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland verneint werden.“

Wenn ich meinen Rundfunkbeitrag bar bezahlen dürfte, wäre also die demokratische Grundordnung in Gefahr.

Urteilsfolgen

Würde das Bundesverwaltungsgericht den Status des unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittels so verstehen wie wir Kläger, dann hätte das wohl zur Konsequenz, dass auch andere staatliche Einrichtungen, wie zum Beispiel die Finanzämter und Einwohnermeldeämter die Annahme von Bargeld nicht mehr verweigern dürfen. Das würde die Kampagne zur Abschaffung des Bargelds erheblich behindern. Das Gegenteil wäre bei einem negativen Urteil der Fall. Dann würde ich auf die nächste Instanz hoffen.

Ich habe zwar keine Sorge, dass das Bundesverwaltungsgericht die übermäßig kreativen Begründungen der zweiten Instanz übernehmen und gutheißen wird. So wie auch die zweite Instanz die genauso kreativen Argumente der Erstinstanz-Richter nicht übernommen hat. Bisher hat noch jedes Verwaltungsgericht seine eigenen originellen Begründungen gefunden, warum das, was im Bundesbankgesetz steht, nicht so gemeint sein kann, wie es der Wortlaut sagt. Jedenfalls nicht, wenn das den öffentlich-rechtlichen Rundfunk irgendwie behindern würde.

Dabei hielte sich die Behinderung durchaus im Rahmen. Unter der Hand nehmen Beitragsservice-Stellen wie die in Köln schon lange und problemlos Bargeld an. Andere Gebühreneintreiber mit Massenverfahrer kommen auch ganz gut mit Bargeld zurecht. Das Ende des öffenltich-rechtlichen Rundfunks oder auch nur des Rundfunkbeitrags würde mit einem positiven Urteil keineswegs eingeläutet.

Zuerst erschienen bei www.norberthaering.de

Norbert Häring ist seit 1997 Wirtschaftsjournalist. Der promovierte Volkswirt arbeitete vorher einige Jahre für eine große deutsche Bank. 2002 wechselte er zum Handelsblatt, für das er seither schreibt. Er engagiert sich in der World Economics Association für eine weniger einseitige und dogmatische Ökonomik. Er ist Träger des Publizistik-Preises der Keynes-Gesellschaft und des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises von getAbstract (Ökonomie 2.0).

 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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