„Geschlechtergerechte Personenbezeichnung“: Deutscher Rechtschreibrat befasst sich erneut mit Gender-Neusprech

Die Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung hatte im Juni angeregt, eine „geschlechtergerechte“ Sprache im Duden aufzunehmen. Damals hatte sie damit keinen Erfolg, doch nun wird neu entschieden. Am Freitag schon könnten Empfehlungen präsentiert werden, die rechtlich nicht bindend sind, von denen aber zu erwarten ist, dass Behörden und bald auch Schulbuchverlage sich „deshalb daran halten“ werden.
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Der Duden - das Regelwerk der deutschen Sprache.Foto: istock
Von 14. November 2018

Der gewollte, ideologisch motivierte politische Eingriff in das über Jahrhunderte hinweg gewachsene System der Sprache spielte im gesamten Verlauf der Moderne eine tragende Rolle für alle Gesellschaftsentwürfe, die der Welt den „neuen Menschen“ bescheren wollten. Ob in der „Volksgemeinschaft“ des Nationalsozialismus oder in der „Diktatur des Proletariats“: Die Normung der Sprache war ein wesentliches Instrument, um das Bewusstsein der Massen zu optimieren.

Sowjetführer Josef Stalin, der schon die Schriftsteller als „Ingenieure der Seele“ bezeichnete, war auch im Zusammenhang mit einer Demokratisierung der Wissenschaft ein Pionier des emanzipatorischen Denkens. Er setzte mit dem Lyssenkoismus nicht nur einen Meilenstein, was den Primat der Parteilichkeit in der Forschung anbelangt. Er brachte, obgleich er kein gelernter Philologe war, sogar ein eigenes Werk zur Sprachwissenschaft heraus.

Dort skizzierte er, wie infolge der gezielten politischen Einwirkung auf die Sprachentwicklung am Ende aus Hunderten von Nationalsprachen die am meisten bereicherten Einzelsprachen in einer gemeinsamen internationalen Sprache verschmelzen würden, die „natürlich weder die deutsche noch die russische oder englische, sondern eine neue Sprache sein wird, die die besten Elemente der Einzelsprachen in sich aufgenommen haben wird“.

Wie man tagtäglich anhand diverser Schulreformen und Bildungspläne erkennt, ist die marxistische Strategie in der Erziehung darauf gerichtet, den anerzogenen und tradierten bürgerlichen Willen zu brechen, um auf dessen Trümmern den sozialistischen Willen neu aufzubauen. Entsprechend ist auch die ideologische Dekonstruktion der gewachsenen und überlieferten Sprache eine Voraussetzung dafür, eine neue, originäre Sprache entwickeln zu können, die den „neuen Menschen“ aus den bestehenden Zusammenhängen der Tradition herauszulösen vermag. Diese sind ja, wie man weiß, nur Ausdruck des „falschen Bewusstseins“, welches den ausbeuterischen und unterdrückerischen Strukturen des Patriarchats, der Nation, der Religion, des Kapitalismus, des Imperialismus und der Countrymusik zur Herrschaftslegitimation diente.

Kampf um die Sprache als Kampf um das Bewusstsein

Eine Strategie der Veränderung der Gesellschaft über die Veränderung des Bewusstseins muss, wie bereits Günter Rohrmoser aus den diesbezüglichen Vorarbeiten Friedrich Nietzsches herauslas, im Kern ein Kampf um die Sprache der Gesellschaft sein.

Bereits die Debatte um die Rechtschreibreform in den 1990er Jahren war aufseiten der Kritiker vom Argwohn dahingehend getragen, dass die dadurch vermeintliche bewirkte Vereinfachung nur ein Probelauf für weitergehende ideologische Experimente sein könnte, um die Sprache unter Kontrolle zu bringen. Am Ende erwies sich die Reform als Flop. Während einige sie widerwillig annahmen, um der Gefahr der Ausprägung von Separatsprachen entgegenzusteuern, gingen mehrere Verlage zu Hausorthografien über und Schüler waren eher verwirrt als dass ihnen die Neuerungen entgegengekommen wären. Am Ende mussten die Initiatoren zurückrudern und es kam Mitte der 2000er Jahre nur noch zu graduellen Anpassungen.

Andere Vorstöße an der Sprachfront erwiesen sich als zielgenauer. So geriet das generische Maskulinum erstmals 1989 durch die rot-grüne Koalition unter Walter Momper in Berlin erstmals unter politischen Beschuss. Diese verordnete das „Binnen-I“ in amtlichen Schriftstücken. Die Redaktion des Duden (oder der „DudenIn“) reagierte darauf „mit Schaudern“.

Erst im Vorjahr machte der Bundesgerichtshof dem Versuch einem bedauerlichen Opfer struktureller sexistischer Unterdrückung, der 80-jährigen Genoss*in Marlies Krämer einen Strich durch die Rechnung, das dem Sparkassenverband untersagen wollte, sie als „Kunde“ anzusprechen. Die wegweisenden Handreichungen von Fachmagazinen wie „bento“ halfen nicht: Durch die Instanzen hindurch beriefen die Gerichte sich in ihrer Klageabweisung darauf, dass das generische Maskulinum „bereits seit Jahr und Tag geschlechtsneutral verwendet“ werde. Es handele sich um nichts weiter als die „historisch gewachsene Übereinkunft über die Regeln der Kommunikation“. Mit einer Herabwürdigung oder Benachteiligung habe dies nichts zu tun.

Ein solcher Hinweis auf etwas, das der Common Sense auch ohne tiefgreifende Begründung zu erfassen vermag, muss jedoch auf taube Ohren stoßen in einem Land und einer Gesellschaft, in der es erst kürzlich im Teaser zu einem Zeitungsartikel heißt:

„In den USA soll das Geschlecht eines Kindes bald anhand der Genitalien bestimmt werden. Das ist rückwärtsgewandt und vor allem unsinnig.“

Es ist nicht nur die über allem stehende panische Angst der Stützen der deutschen Gesellschaft, als „rückwärtsgewandt“ oder „spießig“ zu gelten, die es verbietet, die in der Echokammer des eigenen Elfenbeinturms ersonnenen Weisheiten fortschrittlicher Intellektueller auf die Gebote eines Rests an Menschenverstandes abzuklopfen. Entsprechend untunlich ist deshalb der „Duck-Test“, der in den USA gerne bemüht wird, um zu zeigen, dass Dinge in den meisten Fällen durchaus das sind, was sie scheinen – Ausnahmen sind natürlich die Eulen von „Twin Peaks“, aber deshalb ist es ja auch nicht der Eulen-Test.

Emanzipation von den Zwängen der Denklogik

Die befreiende und emanzipatorische Botschaft, die mit der Vorstellung einer angeblich bloßen „sozialen Konstruktion“ von Gesetzlichkeiten der Natur und der Denklogik verbunden ist, nützt schlichtweg auch zu vielen, als dass es tunlich erscheint, sie infrage zu stellen.

Wenn die äußere Form der Genitalien nicht mehr relevant für die Geschlechtsidentität eines Kindes sein soll: Wer will dann den von der Adipositas geplagten Zeitgenossen noch dahingehend belehren, dass sein Körpergewicht anhand der Waage bestimmt werden soll? Wer will den Raser noch maßregeln, weil dessen Fahrgeschwindigkeit anhand seines Tachostandes eruiert werden könne? Und wer soll – und der bekannte niederländische Motivationstrainer Emile Ratelband will das nun auch auf dem Gerichtsweg klären lassen – einem im Herzen Junggebliebenen verdeutlichen, dass es das kalendarische Geburtsdatum wäre, das sein Alter bestimme?

Wie der „Focus“ berichtet, will auch der Rat für deutsche Rechtschreibung im Einsatz für den gesellschaftlichen Fortschritt nicht abseits stehen und will am Freitag im Rahmen einer Tagung in Passau darüber diskutieren, wie künftig „geschlechtergerechtes Schreiben“ vonstattengehen soll. Es werden sogar bereits erste Empfehlungen erwartet.

Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das im Geburtenregister neben „männlich“ und „weiblich“ auch noch eine dritte, „diverse“ Option zu schaffen vorschreibt, war Wind unter den Flügeln all jener, die es für eine dringliche und ernsthaft gebotene Angelegenheit halten, zu klären, ob es künftig verpflichtend sein soll, Wörter mit Asterisk („Lehrer*in“) oder Gendergap („Lehrer_in“ oder gar „Lehr_er_in“) zu schreiben. Eine klare Tendenz, so der „Focus“, zeichne sich noch nicht ab. Es bleibt also spannend wie kurz vor der Bekanntgabe der ersten Hochrechnung und die Buchmacher (oder „Buchmacher*innen“, „Buchmach_er_innen“ bzw., als Kompromiss, „Buchmach_er*innen“) können noch Quoten festsetzen.

„Studierende“ und „Lehrende“ als Ausweg für Helden?

Josef Lange, der Vorsitzende des in Mannheim beheimateten Rates, scheint sich allerdings der Tatsache bewusst zu sein, dass nicht alle Bürger so progressiv gesinnt sind wie ihre Eliten – und mahnt deshalb zu einem behutsameren Vorgehen.

In einem kapitulantenhaft anmutenden Statement meint er, man dürfe „nicht darüber hinwegsehen, dass sich die deutsche Sprache historisch entwickelt habe und weiter entwickeln werde“. Dass dies eine politische Aufgabe der Partei und der nationalen Front für das demokratische Deutschland sein muss, darüber scheint er sich nicht ausreichend im Klaren zu sein.  So verweist er darauf, dass verstärkt die Verwendung geschlechtsneutraler Begriffe wie „Studierende“ statt „Studenten und Studentinnen“ (Vorsicht, die umgekehrte Reihenfolge wäre eine ähnliche sexistische Mikroaggression wie einer biologischen Frau die Türe aufzuhalten!) oder „Lehrperson“ statt „Lehrer“ praktiziert werde.

Die Sprache lediglich in ihrem Klangbild zu misshandeln, um einer tiefgreifenden fortschrittlichen Umgestaltung zu entgehen – das klingt allerdings eher wie ein konterrevolutionärer Taschenspielertrick. Lange will bezüglich der anstehenden Sprachempfehlung auch unterscheiden, um welche Art Text es sich jeweils handele. Bei einem Gesetzes- oder Verwaltungstext, verrät er dem „Focus“ (bald der „Foca“?), gebe es andere Maßstäbe als bei einem journalistischen oder literarischen Text.

Etwas entschlossener ist da schon Henning Lobin, neuer Direktor – oder neue/r Direktor*in? – des Instituts für Deutsche Sprache und jetzt auch Ratsmitglied, sieht den Willen bestimmter Gruppen von Menschen, die „auch in sprachlicher Hinsicht deutlicher erkennbar werden wollen“. Er erkennt daher die Sprache als einen „wichtigen Bestandteil des Ausdrucks gesellschaftlicher Prozesse und Strukturen“.

Die Debatte sei durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts für öffentliche Einrichtungen hochrelevant geworden: „Die Binarität des Geschlechtes besteht rechtlich nicht mehr.“ In Stellenausschreibungen „Elektriker (m, w, d)“ zu suchen, sei Ausdruck davon.

„Zwang zur Gendersprache wäre Ende des freien Sprachgebrauchs“

Als Defätist (und bewusst nicht „Defätist*in“) tritt demgegenüber Linguist – oder besser: die sprachkundige Person? – Peter Eisenberg in Erscheinung. Dem/r Tiefstrich_in vermag er ebenso wenig abzugewinnen wie Asterisk (und Obelisk?). Letztgenannter sei ein „sprachfremdes Element“. Und auch wenn – oder weil – die Empfehlungen des Rechtschreibrates offenbar ähnlich unverbindlich sein sollen wie die Verpflichtungen aus dem UN-Migrationspakt, befürchtet er, über die Behördensprache würden diese grammatikalischen Konstrukte schon bald den Weg in die Schulbücher nehmen.

Er spricht von einer bedrohlichen Entwicklung, die von geschlossenen Zirkeln gewaltig vorangetrieben werde. Zudem sei die Schreibweise „Lehrer*in“ genau genommen auch nicht gerecht. Nicht nur, weil die männliche nach wie vor der weiblichen Form voranstehe, sondern weil sich sämtliche andere Geschlechtsidentitäten „hinter dem Sternchen verstecken“ müssten. Bei 63 – oder sind es mittlerweile bereits 327? – käme ja andernfalls auch einiges zusammen.

„Das Deutsche kann alles, was man von ihm verlangt“, meint Eisenberg und bricht gar eine Lanze für das generische Maskulinum. Zudem betont er, niemand dürfe zu Gendersprache gezwungen werden: „Das wäre das Ende des freien Sprachgebrauchs.“

Allerdings dürfte er mit dieser Mahnung auf taube Ohren stoßen. Immerhin ist genau das ja aus Sicht der Genderideolog*innen der Clou an der ganzen Sache.


Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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