Keine S-400 für den Iran: Putin zeigt Teheran die kalte Schulter

Dem Nachrichtenservice „Bloomberg“ zufolge hat Russlands Präsident Wladimir Putin ein Angebot des Iran auf den Erwerb russischer Raketenabwehrsysteme des Typs S-400 zurückgewiesen. Dieser Schritt deutet darauf hin, dass die aggressive Außenpolitik Teherans in der Region auch in Moskau mittlerweile Befremden hervorruft.
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Der iranische Staatschef Hassan Rohani. Russland will dem Iran keine S-400 verkaufen.Foto: Office of the Iranian Presidency/AP/dpa
Von 4. Juni 2019

Wie der Finanznachrichtenservice Bloomberg berichtet, hat die Russische Föderation ein Angebot des iranischen Regimes zurückgewiesen, Raketenabwehrsysteme des Typs S-400 an Teheran zu liefern. Der Dienst beruft sich dabei auf zwei Personen, die über die Angelegenheit informiert seien – unter ihnen auch ein höherrangiger russischer Regierungsbeamter. Russland befürchtet, eine Lieferung dieser Art würde die Spannungen im Nahen Osten weiter erhöhen.

Der iranische Außenminister Mohammad Dschawad selbst soll das Ansinnen an den Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, herangetragen haben. Dschawad hatte am 7. Mai Moskau besucht. Der russische Präsident habe die Anfrage jedoch zurückgewiesen. Vonseiten des russischen Außenministeriums gab es keine Äußerung gegenüber Bloomberg, auch aus iranischen Kreisen war keine Stellungnahme zu erhalten.

Russland will labiles Gleichgewicht nicht gefährden

Die russischen Raketenabwehrsysteme hatten zuvor bereits für Unstimmigkeiten zwischen den NATO-Partnern Türkei und USA gesorgt. Die Regierung in Washington hatte Ankara mit Maßnahmen gedroht, sollte die Türkei an ihrem Vorhaben festhalten, S-400-Systeme aus Russland zum Zwecke der eigenen Luftraumverteidigung zu erwerben. Beim S-400 handelt es sich um ein technologisch weit fortgeschrittenes Luftraum- und Raketenabwehrsystem, das in der Lage ist, Ziele in einer Reichweite von bis zu 400 Kilometern zu neutralisieren.

Dass Moskau nun offenbar eine ähnliche Offerte des Regimes in Teheran zurückgewiesen hat, deutet darauf hin, dass die in jüngster Zeit immer aggressivere Politik des Iran zur Destabilisierung der Region auch im Kreml nicht mehr auf Unterstützung trifft – obwohl Teheran beispielsweise im Syrienkonflikt als Verbündeter der Russischen Föderation agiert.

Russland will offenbar das labile Gleichgewicht der Kräfte in der Region nicht zusätzlich belasten oder gar in eine Eskalation von Konflikten zwischen mit den USA verbündeten Golfstaaten und dem Iran hineingezogen werden. Gemeinsam hatten Moskau und Teheran daran gearbeitet, das anfänglich auch von westlichen Staaten gebilligte Ansinnen vor allem der Türkei und Saudi-Arabiens zu vereiteln, das syrische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad zu stürzen.

Zweierlei Islamismus

Moskau befürchtete, im Fall eines Gelingens der „Syrischen Revolution“ könnten radikale sunnitische Islamisten das Ruder übernehmen und das Land zu einer neuen Drehscheibe des internationalen Terrorismus machen. Teheran hatte allerdings auch andere Hintergedanken. Dort wollte man den Umstand, dass Assad als Präsident von Irans Gnaden im Amt bleiben würde, nutzen, um auf syrischem Territorium eigene militärische Präsenzen zu schaffen – für die von den USA als terroristisch eingestuften „Revolutionsgarden“, für diverse Proxys und für die libanesische Hisbollah.

Der Iran wollte in diesem Sinne nicht nur eine sunnitisch-islamistische Expansionspolitik in der Region unterbinden, wie sie unter anderem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und die Muslimbrüder mit dem Beginn des „Arabischen Frühlings“ angesteuert hatten. Vielmehr wollte er selbst eine eigene Form der Expansionspolitik betreiben – die sich vor allem gegen Verbündete der USA in der Region wie Saudi-Arabien oder Israel richtet.

Da Russland selbst seine Beziehungen zu Riad und Jerusalem nicht gefährden möchte, erst recht nicht, um als Steigbügelhalter für eine imperiale Politik des Iran zu enden, hat Putin sich offenbar dazu entschlossen, an den Iran ein Signal des „Bis hierher und nicht weiter“ zu richten. Ruslan Pukhow vom Think-Tank „Zentrum für strategische und technische Analysen“ in Moskau erklärt dazu:

„Jede reale oder auch nur imaginäre Stärkung des Iran kann eine Eskalation bewirken. Wenn Russland wirklich dem Iran eine solche Bitte abgeschlagen haben sollte, würde dies bedeuten, dass Russland weiter an seinen Beziehungen zu Saudi-Arabien und Israel arbeiten und die Möglichkeiten für Verhandlungen mit Trump aufrechterhalten will. Würde Russland sich dazu entschließen, dem Iran S-400 zu liefern, wäre das ein direkter Affront gegenüber Saudi-Arabien und Israel, und das würde Russlands nationalen Interessen zuwiderlaufen.“

Trumps Bedenken indirekt bestätigt

Russlands Schritt ist umso bemerkenswerter, als Moskau zu jenen Ländern gehört, die am Atomabkommen JCPOA mit dem Iran aus dem Jahr 2015 festhalten. Die USA waren 2018 aus diesem ausgestiegen, weil sie Anhaltspunkte dafür sahen, dass der Iran weiter an seinem Atomprogramm arbeite. Zudem würde das Abkommen dem Iran durch den Wegfall von Wirtschaftssanktionen zusätzliches Geld in den Staatshaushalt spülen, das umgehend in die Destabilisierung des Nahen Ostens und in die Unterstützung terroristischer Vereinigungen wie Hamas, Hisbollah oder der Revolutionsgarden fließe. Mit seinem nunmehrigen Signal hat Russland indirekt auch eingeräumt, dass die Bedenken des US-Präsidenten zu Recht bestanden.

Im Mai hatte Donald Trump der Entsendung zusätzlicher US-Einheiten und Gerätschaften in die Region zugestimmt, nachdem Pläne für mögliche Angriffe auf US-Einrichtungen bekannt geworden waren und es zu Angriffen auf saudische Ölanlagen und Schiffe gekommen war. Hinter diesen vermuten die USA das Regime in Teheran. Trump hat aber auch mehrfach seine Offenheit für direkte Gespräche unterstrichen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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