Der ewige Mahner

Karl Lauterbach ist Deutschlands Gesicht der Pandemie – in der Ministerriege um Neu-Kanzler Olaf Scholz polarisiert er wie kein anderer. Nun übernimmt er den Posten des derzeit wichtigsten Krisenmanagers.
Titelbild
Karl Lauterbach (M) ist neuer Bundesgesundheitsminister im Kabinett von Olaf Scholz (L). Rechts Hubertus Heil, Minister für Arbeit und Soziales.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 8. Dezember 2021
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Die Pandemie hat Karl zum Großen gemacht. Es gibt nur wenige Talkshows, die er nicht ausgelassen hat. Karl Lauterbach ist Corona-Erklärer der Nation, Perma-Warner in Personalunion. Selbst düstere Prognosen sind ihm bisweilen zu wenig. Seit nun fast zwei Jahren fordert er Lockdowns, Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren – und trifft so den Nerv vieler Bürger.

Dies dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum ihn Kanzler-Novize Olaf Scholz als Bundesgesundheitsminister in sein Kabinett hievte. 

„Bei seiner Umtriebigkeit kann er vermutlich sogar gleichzeitig in einer Talkshow und am Kabinettstisch sitzen und warnen“, glaubt „Welt“-Herausgeber Stefan Aust. „Er war in den vergangenen Monaten so etwas wie ein Ein-Mann-Panikorchester.“ Lässt man Google nach „Lauterbach warnt“ suchen, erscheinen 1.480.000 Ergebnisse – mehr als doppelt so viele wie vor sechs Monaten. Dabei geht es nicht nur um medizinische Themen. Im Juni 2018 etwa warnte der neue Gesundheitsminister mit Blick auf einen kurzen Autobahntunnel an der A1 in der Nähe von Leverkusen vor einer „bautechnischen Missgeburt“.

In der Bevölkerung und in den meinungsbildenden Medien gilt Lauterbach als Experte. „Ein Gesundheitsminister vom Fach“, lobte ihn vor wenigen Tagen die FAZ. „Es ist die richtige Entscheidung und eine Chance im Kampf gegen die Pandemie“, hieß es in der „Zeit“. Für die „Süddeutsche Zeitung“ wiederum ist er „ohne Übertreibung ein Allrounder. Arzt, Epidemiologe, Politiker, Vegetarier –
für die meisten Menschen wären das schon drei Herausforderungen zu viel.“ Sich selbst lobte Lauterbach einst so: „Ich kann Studien ganz gut interpretieren und eine Perspektive einbringen, die man gut brauchen kann.“

„Sinnentstellende Überzogenheit“

Trotz der medialen Streicheleinheiten muss er sich bisweilen herbe Kritik von Berufskollegen gefallen lassen. Im April etwa wandten sich 30 Allgemeinmediziner und Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, Notfallmedizin sowie für öffentliches Gesundheitswesen in einem offenen Brief an den 58 Jahre alten Vater von fünf Kindern.

Stein des Anstoßes war ein Tweet, in dem Lauterbach seine rund 700.000 Follower wissen ließ, dass „viele 40- bis 80-Jährige einen Moment der Unachtsamkeit mit dem Tod oder Invalidität bezahlen“ werden. „Junge Männer werden von Sportlern zu Lungenkranken mit Potenzproblemen“, schrieb er weiter. Das höre „niemand gerne, ist aber so“.

„Immer wieder treten Sie mit extremen Meinungsbekundungen im Zusammenhang mit SARS-CoV-2-Infektionen auf“, konterten die 30 Mediziner, „dabei nehmen Sie zumindest billigend in Kauf, in der Bevölkerung den Irrtum auszulösen, Ihre Äußerungen gründeten auf Ihrer ärztlichen Kompetenz oder auf ärztlicher Verpflichtung gegenüber dem Allgemeinwohl.“

Die Unterzeichner stellen klar, dass seine Äußerung im Tweet „wie eine überwältigende Vielzahl zuvor dem medizinischen Kenntnisstand sowie der ärztlichen Berufserfahrung widerspricht und sich in derartig sinnentstellender Überzogenheit als Warnung eines Arztes an ratsuchende Menschen kategorisch verbietet“.

  • Ohne valide Datenunterfütterung belegt blieben bis heute auch Prognosen wie diese: „Der Feinstaub der Silvesternacht bleibt leider für Monate im Körper. Leider lagert er sich auch im Gehirn ab.“ (Tweet vom 26. Dezember 2019)
  • „Diejenigen, die jetzt auf Intensivstationen behandelt werden, sind im Durchschnitt 47 bis 48 Jahre alt. Die Hälfte von denen stirbt. Viele Kinder verlieren ihre Eltern. Das ist eine Tragödie.“ (bei Maybrit Illner am 16. April 2021)
  • „Sieben Prozent der Kinder, das ist unstrittig, die sich infizieren, entwickeln Long-COVID-Symptome.“ (bei Maybrit Illner am 6. Mai 2021)
  • „Staubsaugerbeutel-Masken sind sehr gut.“ (Tweet am 6. April 2020)
  • „Immer häufiger wird dem illegal verkauften Straßen-Cannabis neuartiges Heroin beigemischt, das sich rauchen lässt. Damit werden Cannabis-Konsumenten schnell in eine Heroin-Abhängigkeit getrieben.“ (Oktober 2021)
  • „Bis zum Frühjahr sind die meisten Ungeimpften entweder geimpft, genesen oder leider verstorben.“ (Oktober 2021)
  • „Die Aerosole von der Toilettenspülung der Infizierten im Erdgeschoss und der tiefen Stockwerke landen im Bad der oberen Etagen.“ (Tweet im September 2020)
  • Entsetzt über den neuen Gesundheitsminister zeigte sich auch Markus Veit, Mitglied im Ausschuss Pharmazeutische Chemie der deutschen Arzneibuchkommission: „Mit Karl Lauterbachs Ernennung zum Gesundheitsminister ist meine letzte Hoffnung gestorben, dass es eine Chance gibt, einen Einfluss auf das zu nehmen, was diese Gesellschaft offensichtlich als ihre neuen ‚Werte‘ definiert. Ich blicke fassungslos auf ein Land, in dem Politiker und Medien (und leider auch Wissenschaftler) gezielt Menschen in Angst und Schrecken versetzen, anstatt ihrem Auftrag nachzukommen, sachgerecht Risiken und Chancen aufzuzeigen und Menschen zu beruhigen.“

Beliebt in der Bevölkerung

Viele kreiden dem SPD-Politiker an, dass er unter Rot-Grün mit seiner Implementierung der Fallpauschalen das Primat des Profits in den Krankenhäusern geführt hat. Fallpauschalen legen fest, wie viel eine Behandlung kostet – unabhängig davon, was die tatsächliche Leistung kostet.

Die Folge: Viele Patienten würden zu einem Zeitpunkt entlassen, zu dem sie noch nicht wieder gesund sind oder noch Schmerzen haben. Im November 2019 warnten Gesundheitsexperten im ARD-Magazin „Kontraste“ davor, dass der damalige Kurs in Sachen Fallpauschalen nicht nur zu einer Mangelversorgung schwerkranker Kinder führe –
sondern dass sie auch sterben könnten, weil ihnen nicht rechtzeitig geholfen würde.

Die Mehrzahl der Bundesbürger sieht in ihm dennoch den richtigen Gesundheitsminister. In einer aktuellen Civey-Umfrage für das Webportal GMX bewerteten mehr als zwei Drittel der 5.043 Befragten Lauterbachs Nominierung als sehr positiv oder eher positiv. Nur ein Viertel der Teilnehmer war eher oder sehr negativ gestimmt.

Der Aufgabe gewachsen?

Die Zweifel, ob der fünffache Vater Gesundheitsminister sein kann, sind groß: „Bleibt Lauterbach den Talkshows treu und bleibt er sich treu, sogar Katastrophen heraufzubeschwören, die dann nicht eintreten, wird auch er scheitern“, prognostiziert die „Welt“. Andere halten ihn für unberechenbar und hegen große Zweifel, dass sich Lauterbach im Bundeskabinett unterordnet. Wie er zu den Querdenkern steht, zeigte er zuletzt im TV-Talk bei Anne Will: „Das sind Menschen, die diese Achtung nicht verdienen“, lautete sein Urteil. Der Staat dürfe keine Rücksicht auf sie nehmen.

Im „Spiegel“ forderte Lauterbach im November ein härteres Durchgreifen im Kampf gegen die Pandemie. Dass ein Lockdown der ganzen Republik notwendig ist, um die Pandemie in den Griff zu bekommen, verneinte er indes zuletzt. Bleibt abzuwarten, wie lange er bei dieser Meinung bleibt. Bisweilen ändert er binnen kürzester Zeit seine Meinung. Hielt er beispielsweise am 30. Oktober eine Boosterimpfung „jetzt auf keinen Fall für sinnvoll“, stand am 18. November für ihn fest: „Es ist klar seit ein paar Monaten, dass wir jeden Erwachsenen boostern müssen.“

Als Gesundheitsminister wird sich Lauterbach nicht nur an seinen Worten, sondern vielmehr an Taten messen lassen müssen. Sein Vorgänger Jens Spahn hinterlässt leere Kassen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, eine lückenhafte Pflegereform sowie eine marode Kliniklandschaft. Viele Fragen sind offen – und sicher scheint nur: In Talkshows wird der neue Gesundheitsminister die Krise nicht lösen können. Doch bereits zur Amtseinführung versprach der Mediziner: „Wir werden es mit diesem Haus schaffen, diese Pandemie zu Ende zu bringen in den nächsten Monaten”. Er wolle insbesondere alles daran setzen, mit der neuen Omikron-Variante fertig zu werden. „Wir werden so lange boostern und impfen, bis wir die Pandemie zu Ende gebracht haben.“

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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