Eurozone in Rezession – Pandemie nicht das größte Problem

Die Wirtschaft der Eurozone befand sich bereits vor der Pandemie und den EU-weiten Lockdowns in einer Rezession. Eine Erholung der Eurozone könne deshalb nur bedeuten, zu einer schwachen Lage zurückzukehren, findet der Ökonom Daniel Lacalle. Warum das so ist, hat mehrere Gründe.
Titelbild
Die Europäische Zentralbank startete vor und während der Pandemie massive Konjunkturprogramme. Doch viele Experten sind sich einig: Langfristig werden diese Programme nur die EU-Wirtschaft zermürben.Foto: YANN SCHREIBER/AFP via Getty Images
Von 3. April 2021

Die meisten Investmentbanken waren bei ihren Prognosen für das Jahr 2021 fest davon überzeugt: Die Eurozone wird sich schnell und robust erholen. Da lagen sie falsch.

In der vergangenen Woche stufte „Capital Economics“ genauso wie andere Analysten das Wachstum der Eurozone herab. Die auf Wirtschaftsforschung spezialisierte Beratungsfirma betonte dabei: „Wir glauben nun, dass sich die Wirtschaft der Eurozone langsamer erholen wird als wir bisher angenommen haben, mit einem Wachstum von etwa 3 Prozent in diesem Jahr und 4,5 Prozent im Jahr 2022. In der Zwischenzeit ist es unwahrscheinlich, dass die Renditen von Staatsanleihen der Eurozone noch viel weiter sinken werden; und da die Renditen des US-Finanzministeriums deutlich steigen werden, erwarten wir, dass durch den immer größer werdenden Rendite-Abstand der Euro gegenüber dem US-Dollar an Wert verlieren wird.“

Diese Welle von Herabstufungen kommt mit der immer gleichen und überdrüssigen Anhebung der Erwartungen für das nächste Jahr, die im weiteren Verlauf wahrscheinlich wieder herabgestuft werden. Dazu gehören auch die Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der Europäischen Zentralbank.

Massive Bürokratie lähmt Eurozone 

Die meisten Politiker führen die Schwäche der Eurozone auf die Pandemie und die langsame Einführung des Impfstoffs zurück. Das ist teilweise richtig. Beide Faktoren stehen jedoch nicht losgelöst von einem der wichtigsten Merkmale, weshalb die Eurozone sowohl in Wachstums- als auch in Krisenzeiten immer wieder enttäuscht: die massive Bürokratie.

Die langsame Einführung des Impfstoffs in der Eurozone schlägt sich auf die COVID-19-Rangliste von „Bloomberg Economics“ nieder. Außerdem liegt die Zahl der verabreichten Impfstoffe pro 100 Personen deutlich unter der von Israel, Chile, den USA oder Großbritannien – und das, obwohl die Volkswirtschaften der Eurozone weltweit am meisten für die öffentliche Gesundheitsfürsorge ausgeben. 

Der Grund, warum die Eurozone bei den Impfungen hinterherhinkt, liegt an einem bürokratischen und langsamen Prozess bei der Zulassung und dem Kauf von Impfstoffen.

Die Europäische Union verzögerte unnötigerweise die Zulassung von Impfstoffen, die bereits von den amerikanischen und britischen Gesundheitsbehörden getestet und bestätigt worden waren. Die EU wandte außerdem einen starren, komplizierten und langwierigen Prozess beim Abschluss von Handelsvereinbarungen mit den Impfstofflieferanten an. 

Anstatt die gemachten Fehler anzuerkennen, wiesen die Politiker leider die Schuld von sich und beschuldigten „AstraZeneca“ und andere Unternehmen, Verträge nicht erfüllt zu haben, was mehrfach widerlegt wurde. Das verzögert jedoch die Impfbemühungen weiter.

EU hinkt bei Impfbemühungen hinterher

Laut der „Financial Times“ wurde „die stockende Impfkampagne der EU durch einen stümperhaften zentralisierten Beschaffungsprozess, Lieferengpässe, logistische Hürden und eine übermäßige Risikoversion einiger nationaler medizinischer Aufsichtsbehörden gelähmt.“ 

Die europäische politische Elite war so stolz auf ihr Gesundheitssystem und den zentralisierten Beschaffungsprozess, dass sie die Bedeutung von Zeit und Effizienz in dieser Pandemie nicht verstand. Während Großbritannien inzwischen 48,6 und die USA 41,9 Impfdosen pro 100 Menschen verabreichten, schaffte die EU laut „Our World in Data“ nur 15,1.

Aggressiver Lockdown wirkungslos gegen COVID – schwächt nur Wirtschaft

Die wirtschaftlichen Probleme der Eurozone kommen nicht nur von einer langsamen Einführung des Impfstoffs, sondern auch von zu aggressiven Lockdowns. Zwischen Oktober und November beschlossen die führenden europäischen Volkswirtschaften, die Wirtschaft aggressiv stillzulegen, um einen Anstieg der Ansteckungen zu verhindern.

Trotz des extrem strengen Lockdowns in Frankreich – einer der aggressivsten der Welt – stiegen die täglich neu bestätigten Infektionen pro 1 Million Menschen von 250 Infektionen Mitte Oktober (7-Tage-Durchschnitt) auf 522 bis zum 26. März. Die täglich neu bestätigten Infektionen stiegen schnell an und fielen im Monat November, steigen aber seit Januar stetig. 

In Italien stiegen die täglich neu bestätigten Infektionen von 75 im Oktober auf 369 bis zum 26. März. In Deutschland stieg die Zahl der Ansteckungen im gleichen Zeitraum von 48 auf 188 täglich.

In allen Ländern stiegen die täglichen Neuinfektionen seit dem niedrigsten Wert Mitte Februar stetig, auch wenn die Wirtschaft für längere Zeit stilllag. 

Wenn die Wirtschaft für eine längere Zeit stillgelegt wird, hat dies langfristige Folgen, was die Arbeitsplätze und das Wachstum anbelangt. Sie werden wahrscheinlich die Erholung beeinträchtigen und erhebliche soziale Probleme schaffen. 

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Eurozone Ende Februar immer noch eine Arbeitslosenquote von 8,3 Prozent hatte und sich mehr als 7 Millionen Mitarbeiter im unbezahlten Urlaub befanden.

Massive Konjunkturprogramme zermürben EU-Wirtschaft

Es wurden massive Konjunkturprogramme gestartet, wobei die Europäische Zentralbank ihre Bilanz auf 71 Prozent des BIP der Eurozone erhöhte – die Bilanz der US-Notenbank lag währenddessen bei 36 Prozent. Zudem wächst die Geldmenge in der Eurozone jährlich um 12 Prozent. 

Der finanzielle Anreiz ist ebenfalls enorm, mit Konjunkturimpulsen und Liquiditätsmaßnahmen, die zwischen 10 Prozent (Spanien) und 50 Prozent (Deutschland) des BIP in den wichtigsten Volkswirtschaften liegen.

Es ist wichtig zu beachten, dass es nicht nur darum geht, wie viel ausgegeben wird, sondern auch wo und wann. Ein erheblicher Teil der finanziellen Anreize in Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland zielte darauf ab, die laufenden Staatsausgaben zu decken. 

Außerdem waren die Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen nur in Deutschland und Frankreich ausschlaggebend. Große und entschiedene Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen können jedoch scheitern, da längere Lockdowns zu einer Insolvenzkrise führen. 

Unweigerlich wird ein relevanter Teil dieser Unterstützungsmechanismen die Wirtschaft zermürben, zumal dies laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich bereits vor COVID-19 ein wesentliches Risiko in der Eurozone darstellte.

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Erholung der Eurozone nur bedeuten könnte, zu einer schwachen Lage zurückkehren, die schon vor COVID-19 zu beobachten war. 

Deutschland befand sich Ende 2019 am Rande einer Rezession, und Frankreich und Italien lieferten im letzten Quartal des Jahres ein Nullwachstum.

Der Abschwung der Eurozone war in der Tat eine weit verbreitete Sorge für 2020 – trotz aller durchgeführten Liquiditäts- und Fiskalmaßnahmen, negativer Zinssätze, massiver Rückkäufe von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank und eines inzwischen in Vergessenheit geratenen Juncker-Plans. Dieser wurde ein paar Jahre vor der Pandemie als wichtigstes Investitionsprogramm in der EU eingeführt; seine Ergebnisse waren gelinde gesagt enttäuschend.

Die Eurozone hat ein enormes Potenzial und könnte weltweit führend bei der Überwindung der Krise und der Investitionsförderung werden. Um dies zu erreichen, muss sie dringend Maßnahmen ergreifen, um Bürokratie abzubauen, das Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Unternehmen freizusetzen und schädliche Steuern zu reduzieren. Die Zeit dafür ist genau jetzt.

Dr. Daniel Lacalle ist Chefökonom beim Hedgefonds „Tressis“ und Autor von „Freedom or Equality“, „Escape from the Central Bank Trap“ und „Life in the Financial Markets“.

Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: Eurozone Weakness: Much More Than COVID (deutsche Bearbeitung von as)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Unsere Buchempfehlung

Alle Völker der Welt kennen den Teufel aus ihren Geschichten und Legenden, Traditionen und Religionen. Auch in der modernen Zeit führt er – verborgen oder offen – auf jedem erdenklichen Gebiet seinen Kampf gegen die Menschheit: Religion, Familie, Politik, Wirtschaft, Finanzen, Militär, Bildung, Kunst, Kultur, Medien, Unterhaltung, soziale Angelegenheiten und internationale Beziehungen.

Er verdirbt die Jugend und formt sich eine neue, noch leichter beeinflussbare Generation. Er fördert Massenbewegungen, Aufstände und Revolutionen, destabilisiert Länder und führt sie in Krisen. Er heftet sich - einer zehrenden Krankheit gleich - an die staatlichen Organe und die Gesellschaft und verschwendet ihre Ressourcen für seine Zwecke.

In ihrer Verzweiflung greifen die Menschen dann zum erstbesten „Retter“, der im Mantel bestimmter Ideologien erscheint, wie Kommunismus und Sozialismus, Liberalismus und Feminismus, bis hin zur Globalisierungsbewegung. Grenzenloses Glück und Freiheit für alle werden versprochen. Der Köder ist allzu verlockend. Doch der Weg führt in die Dunkelheit und die Falle ist bereits aufgestellt. Hier mehr zum Buch.

Jetzt bestellen - Das dreibändige Buch ist sofort erhältlich zum Sonderpreis von 50,50 Euro im Epoch Times Online Shop

Das dreibändige Buch „Wie der Teufel die Welt beherrscht“ untersucht auf insgesamt 1008 Seiten historische Trends und die Entwicklung von Jahrhunderten aus einer neuen Perspektive. Es analysiert, wie der Teufel unsere Welt in verschiedenen Masken und mit raffinierten Mitteln besetzt und manipuliert hat.

Gebundenes Buch: Alle 3 Bände für 50,50 Euro (kostenloser Versand innerhalb Deutschlands); Hörbuch und E-Book: 43,- Euro.

Weitere Bestellmöglichkeiten: Bei Amazon oder direkt beim Verlag der Epoch Times – Tel.: +49 (0)30 26395312, E-Mail: [email protected]

Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion