Die „Welt“-Redakteure Olaf Gersemann und Holger Zschäpitz haben das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos
besucht und über einige Besonderheiten hinter den Kulissen berichtet. Insbesondere haben sie sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit die Teilnehmer, die sich mehrheitlich als potenzielle Wegweiser auf dem Weg in eine ökologisch bewusstere und nachhaltigere Welt identifizieren, diesem Anspruch selbst gerecht werden.
Dass mehrere hundert Teilnehmer aus aller Welt, von denen jeder ein fünf- oder sechsstelliges persönliches Budget für seine Reise veranschlagt hat, mit dem Privatjet angereist sind, lässt sich möglicherweise damit erklären, dass das Format derzeit noch zu groß sein dürfte für eine dezentralisierte Onlinekonferenz.
Sitten wie am Hausmeisterstrand
Immerhin ist das Willkommensgeschenk, glaubt man den „Welt“-Redakteuren, im Verlaufe der Jahre von einer Laptoptasche über einen Rucksack zu einer Jute- oder Leinen-Tasche abgespeckt worden. An der Kaffeetheke gab es kompostierbare Löffel und kompostierbar waren auch die Becher. Warum es dennoch Kaffee aus Plastikkapseln gab, wird ein Mysterium bleiben. Immerhin aber waren diese, so berichten die Journalisten, grün eingefärbt.
Ungeachtet des elitären Anspruchs ließen offenbar auch die Manieren vieler Gäste zu wünschen übrig. Aufgedreht gelassene Wasserhähne auf der Toilette, teilnahmslose Hinnahme umgekippter Getränkeflaschen, Schlangensprenger beim Anstellen vor dem Saal, in dem Donald Trump sprechen soll: Das gehörte ebenso dazu wie Teilnehmer, die während des Wasserlassens Mails beantworten und die Zeit fürs Händewaschen einsparen.
In der „Strategic Partners Lounge“, wo nur die Crème de la Crème Zutritt hatte, seien Tische nach dem „Mallorca-Prinzip“ besetzt worden. Teilnehmer, die Bücher verfasst hatten, von George Soros bis Stephen Schwarzman (Blackstone) nutzten das Forum zum Verschenken von Autorenexemplaren oder mehr oder minder aufdringliche Werbung.
Klassengesellschaft unter Kämpfern wider die Ungleichheit
Die Gespräche der Reichen und Schönen drehten sich unterdessen nicht nur um eine „bessere Welt“, die zu schaffen das WEF sich auf die Fahnen geschrieben hatten. Ein Podium befasste sich mit dem Schicksal der Abtrünnigen aus der britischen Königsfamilie, Harry und Meghan.
Demgegenüber präsentierten sich die US-Digitalkonzerne wie Facebook, Google und Palantir immerhin in unprätentiösen Pop-up-Pavillons aus Holz. Hingegen setzten Länder wie Kasachstan, Indien, Saudi-Arabien oder die Russische Föderation auf Aufmerksamkeitswerbung. Die Saudis sollen in besonders auffälliger Mannschaftsstärke angereist sein.
„Gerne beklagt WEF-Gründer Klaus Schwab die soziale Ungleichheit“, schreibt die „Welt“. „Da entbehrt es nicht der Ironie, dass das WEF ein ausgefeiltes Kastenwesen unterhält: Wer man ist und was man darf in Davos, das hängt davon ab, wie der Badge aussieht, den jeder Teilnehmer von morgens bis abends um den Hals trägt.“
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.